Der in Japan stationierte Leutnant Pinkerton heiratet in einer japanischen Hochzeitszeremonie „Madame Butterfly“, die Geisha Cio-Cio-San. Im sicheren Wissen, dass diese Heirat in seiner amerikanischen Heimat keinerlei Rechtsverbindlichkeit hat, verlässt Pinkerton Cio-Cio-San nach der ersten und einzigen Liebesnacht. Doch für Cio-Cio-San, die wegen Pinkerton ihren Glauben aufgegeben hat und deswegen von ihrer Familie verstoßen wurde, ist die Ehe noch immer aufrecht, dies umso mehr, als sie Pinkertons Sohn geboren hat. Drei lange Jahre wartet sie auf Pinkertons Rückkehr, drei lange Jahre weigert sie sich, von Pinkerton abzulassen und den Heiratsantrag eines wohlhabenden Fürsten anzunehmen. Und Cio-Cio-San scheint recht zu haben, denn Pinkerton kehrt tatsächlich zurück. Als sie jedoch erkennen muss, dass er sie nicht einmal mehr sehen will und nur gekommen ist, um das gemeinsame Kind mitzunehmen, setzt sie ihrem Leben ein Ende.
Ursprüngliche Intention Richard Wagners ist es, seinem im Jahr 1845 uraufgeführten »Tannhäuser« ein Satyrspiel folgen zu lassen, in welchem die bürgerlich-biederen Meistersinger als Parodie auf die aristokratisch-verfeinerten Minnesänger gedacht sind. Erst in den sechziger Jahren wendet er sich wieder diesem Stoff zu, macht sich vielerlei historische und literarische Quellen zu Eigen und präsentiert bei der Münchner Uraufführung 1868 eine der köstlichsten Komödien des Musiktheaters. Walther von Stolzing kommt nach Nürnberg, um Eva, die Tochter des Goldschmieds Pogner, zu ehelichen. Doch Pogner hat sich in den Kopf gesetzt, dass nur der sie vor den Altar führen darf, der sich als bester Meistersinger erweist. Walther macht sich mit dem völlig fremden Regelwerk vertraut und verleiht ihm derart überzeugend eine individuelle Note, dass er siegreich aus dem Wettbewerb hervorgeht.
Von 1612 bis 1627 hat Johannes Kepler in Linz gelebt und gearbeitet. Die Opern-Uraufführung widmet sich jedoch weniger der Biografie dieses großen Mannes als den Fragen, die ihn ein Leben lang beschäftigt haben. Umbruch und Gegenreformation prägen den Weg des 1571 geborenen Astronomen und Mathematikers. Umgeben von Krieg und religiösen Kämpfen forscht Kepler „im Buche der Natur“ nach der göttlichen Ordnung, sucht mit Hilfe der Wissenschaften Antworten im festen Glauben, dass das Unbegreifbare greifbar sei. „Gott hat alles aus Zahlen geschaffen“ – nach dieser Theorie entwirft er eine neue Ordnung für das Universum.
Philip Glass, einer der wichtigsten Komponisten unserer Zeit, ergründet in seiner Oper das Credo Keplers: „Ohne echtes Wissen ist das Leben tot.“ Das Libretto stammt von der österreichischen Theatermacherin Martina Winkel. Regisseur, Bühnenbildner und Videokünstler Peter Missotten entwirft den theatralen Kosmos, in dem die Künstler des Landestheaters Linz und das Bruckner Orchester Linz das Werk interpretieren.
Der ursprünglich vorgesehene Titel "La maledizione" wurde von der Zensur verboten, die "Rigoletto" auch sonst zusetzte. Doch Verdi kämpfte erfolgreich darum, die Freizügigkeit eines Herrschers darzustellen und einen Behinderten zur Hauptfigur zu machen.
Inszenierung: Vera Nemirova
Bühnenbild: Johannes Leiacker
Kostüme: Marie-Luise Strandt
Bühnenbildassistenz: Aida Guardia
Kostümassistenz: Stephanie Freyschlag
Erster Akt:
Kinderfrauen sind mit der Beaufsichtigung der ihnen anvertrauten Kinder beschäftigt. Graf Tomski und die Offiziere Tschekalinski und Surin besprechen das Verhalten des verschlossenen Außenseiters Hermann: er sitzt stets brütend im Kasino, ohne am Kartenspiel teilzunehmen. Dem Grafen Tomski gesteht dieser die Ursache seines Leides. Er ist in eine Unbekannte verliebt, kann sie aber wegen ihrer vornehmen Herkunft niemals heiraten. Als Fürst Jeletzki den Freunden seine Verlobte Lisa vorstellt, erkennt Hermann in ihr die namenlose Geliebte. Tomski erzählt den Umstehenden, dass die Alte Gräfin in ihrer Jugend als exquisite Schönheit bekannt war. Nach einer verlorenen Kartenpartie wurde ihr das Geheimnis verraten, mit drei gewinnbringenden Karten ihr Vermögen zurückzugewinnen. Es wurde ihr allerdings vorausgesagt, dass einer kommen werde, der ihr das Geheimnis der drei Karten entreißen und den Tod bringen werde. Hermann ist von der Erzählung fasziniert und beschließt, das Rätsel zu lösen, seine Geliebte und ein Vermögen zu gewinnen. In der Nacht gesteht sich Lisa die Liebe zu Hermann ein. Als er in ihr Zimmer eindringt, offenbaren die Liebenden einander ihre Leidenschaft.
Zweiter Akt:
Eine Feier im Palais der Gräfin. Lisa übergibt Hermann den Schlüssel zu einer geheimen Pforte: er soll in der Nacht in ihr Schlafgemach kommen. Der Weg dorthin führt allerdings durch das Zimmer der Gräfin. Dort versteckt sich Hermann, um von ihr das Mysterium der drei glücksbringenden Karten zu erfahren. Doch während der Begegnung mit ihm stirbt die Gräfin.
Dritter Akt:
Hermann liest einen Brief Lisas, in dem sie ihn um eine Aussprache bittet. Da erscheint ihm die Tote und nennt die drei Karten: Drei - Sieben - As. Lisa erwartet Hermann an der Uferpromenade. Als er erscheint, ist er - zu ihrer großen Verzweiflung - nur noch von der Spielleidenschaft besessen. Im Kasino, wo sich Jeletzki wegen Lisa an Hermann rächen will, versucht er sein Glück. Mit den ersten beiden Karten gewinnt er eine große Summe. Beim dritten und letzten Spiel setzt er sein gesamtes Vermögen, doch seine dritte Karte ist nicht das erwartete As, sondern die Pique Dame. Er verliert Spiel und Leben - und erkennt noch im Sterben Lisa als wahres Glück.
Almira, Händels Opernerstling
Für die musikalische Umsetzung dieses „Anfangs der deutschen Oper“ sorgt erstmals das Barockorchester der Internationalen Opernakademie Grein unter der musikalischen Leitung von Intendantin Michi Gaigg (Regie: Ches Themann).
Georg Friedrich Händel komponierte seine erste Oper, Almira, während eines dreijährigen Aufenthalts in Hamburg, wo er 1703 als 18-Jähriger an der Oper am Gänsemarkt sein erstes festes Engagement außerhalb seiner Geburtsstadt Halle antrat. Reinhard Keiser prägte in dieser Zeit das Bühnenleben der Hansestadt und machte Hamburg zum Zentrum der frühen deutschen Opernkultur. Händel war hier zunächst als Geiger verpflichtet. Wenig später bewies er seine Fähigkeiten auch als Cembalist, und schließlich komponierte er vier Opern. Einziges erhaltenes Bühnenwerk aus jenen Jahren ist Almira, Königin von Kastilien. 1705 am Gänsemarkt uraufgeführt, erzielte Händels Opernerstling mit 20 Wiederholungen einen durchschlagenden Erfolg. Die Vorboten einer noch fernen Stilepoche kündigen sich an und lugen zwischen den Zeilen der Partitur hervor: Sturm und Drang am Vorabend der Klassik!
Schauen Sie einem der ganz Großen der Musikgeschichte über die Schulter, als er den Grundstein zu seinem genialen Œuvre in einem Werk legte, das bereits den großen Europäer in nuce ahnen lässt, der hier schon als junges Genie von noch kaum 20 Jahren italienische, französische und deutsche Stilmittel in einem Werk vereint und zu einer Symbiose führt. Die herrschaftliche Kulisse von Schloss Greinburg bietet den kongenialen Rahmen für das Spiel der Protagonisten, aufgespannt und zerrissen von Sehnsucht, Zwang und Verzicht. Solist(inn)en: Barbara Kraus, Elfi Burger, Maximilian Kiener, Christian Zenker, Michael Wagner und Tiberius Binder.
Spieltage: 8., 9., 14., 15. und 16. August 2009, jeweils 18 Uhr, Schloss Greinburg,
Grein an der Donau
Unerhörtes aus Barock, Wiener Klassik und dem 20. Jahrhundert in der Konzertreihe (Intendanz: Michi Gaigg).
Eröffnung mit Haydn und Elfriede Czurda
Roberto Sensi und sein Piccolo Concer-to Wien eröffnen die donauFESTWOCHEN 2009 mit entdeckenswerter frühklassischer Kammermusik aus dem Umfeld Joseph Haydns. Die Brücke von der Musik zum gesprochenen Wort schlägt beim Auftakt traditionell der Festredner beziehungsweise die Festrednerin. Mit Elfriede Czurda übernimmt 2009 nach Anna Mitgutsch und Kathrin Röggla erneut eine wichtige Vertreterin der österreichischen Gegenwartsliteratur diese Rolle.
31. Juli 2009, Schloss Greinburg,
Grein an der Donau
Lieder von Wind, Wasser und Gezeiten aus Renaissance und Barock
Mit seinem neuen Programm ist das Quadriga Consort Gast in der Stiftskirche Ardagger: Ships ahoy! verspricht eine emotionale Begegnung mit populärer Musik von den Britischen Inseln aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Das österreichische Originalklangensemble überrascht stets aufs Neue mit kompromisslosen Interpretationen und ungekannter Frische fernab aller Kategorisierungen.
1. August 2009, Stiftskirche Ardagger
Händel in Rom und London
Das Orchesterkonzert mit dem Harmony of Nations Baroque Orchestra unter der musikalischen Leitung von Nicholas Robinson steht im Zeichen von „Händels Begegnungen in Rom und London mit Corelli und seinen Schülern“. Georg Muffats Vorstellung von „Derer Völcker erwünschte[n] Zusammenstimmung“, in der englischen Übersetzung „harmony of nations“, prägte von Anfang an den Geist dieses jungen, aufstrebenden Kammerorchesters, das 14 Nationalitäten vereint.
2. August 2009, Stiftskirche Waldhausen
Orgelrezital mit Elisabeth Ullmann
Die renommierte, vielfach ausgezeichne-te Organistin Elisabeth Ullmann präsentiert ein speziell für die Barockorgel des „Machlanddoms“ konzipiertes Programm mit Werken von Johann Sebastian Bach und Komponisten aus Österreich und dem süddeutschen Raum.
6. August 2009, Stiftskirche Baumgartenberg
Inspirationsquell Italien
In Musik gesetzten menschlichen Leidenschaften gilt es, mit Annegret Siedel (Barockvioline) und Brett Leighton (Cembalo) nachzuspüren. Von tiefer Verzweiflung zum höchsten Jubel erzählen Werke von Händel, Jean-Marie Leclair, Francesco Maria Veracini und Bach.
7. August 2009, Filialkirche Altenburg, Windhaag bei Perg
Im Ton der Liebe musizieren
Als „in Liebe zerflossenes Gefühl“ bezeichnete Christian Friedrich Daniel Schubart um 1785 die Klarinette. Das Andrassy-Trio auf historischen Klarinetten und Bassetthörnern stellt dieses Zitat mit Wolfgang Amadeus Mozart, Christoph Grauper und historischen Bearbeitungen berühmter Opernmelodien aus dem 18. Jahrhundert auf die Probe.
15. August 2009, Gießenbachmühle, Sankt Nikola
Kontrapunkt
Der Kontrapunkt aus der Moderne ist in drei Konzerten prominent vertreten: das traweegensemble lässt zeitgenössische Komponisten aus Oberösterreich – Alois Wimmer, Balduin Sulzer, Rudolf Jungwirth und NebojsŠa Krulanovic´ – in Jahreszeiten denken (13. August, Pfarrkirche Bad Kreuzen). Das oberösterreichische David-Trio und der Klarinettist Ernst Reiter führen den Oberösterreichbezug mit dem Klarinettenquartett des 1969 geborenen Helmut Schmidinger fort und stellen diesem Tonschöpfungen der Vorgängergeneration, unter anderem von Johann Nepomuk David, gegenüber (16. August, Strindbergmuseum Saxen). Das „königliche Instrument des Jazz“, die Trompete, steht im Mittelpunkt der donauFESTWOCHEN Jazz-line: Komponist und Gitarrist Klaus Wienerroither hat legendären Trompetern wie Louis Armstrong, Dizzy Gillespie oder Miles Davis Kompositionen gewidmet und stellt sie deren Meisterwerken gegenüber. Unterstützung findet er dabei bei Lorenz Raab (Trompete) und dem Bassisten Raphael Preuschl (9. August, Ardagger). Zeitgenössische bildende Kunst trifft erneut auf das landschaftliche Idyll im Naturpark Mühlviertel (Rechberg): Willibald Katteneder setzt sich in seinem Land-Art-Projekt Schlicht mit dem landschaftsprägenden und -strukturierenden Element des Scheiterstoßes auseinander.
Kulturlandschaft Strudengau
Man kennt den Strudengau. Oder man muss ihn suchen. Dort, wo das östliche Mühlviertel (Oberösterreich) in die Donau fällt (Niederösterreich). Vom grünen Hügelrand zum blauen Donaustrand. Großraum Kulturhauptstadt Linz 2009.
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Intendant Wolfgang Werner kündigt für die Festspielsaison 2009 eine der beliebtesten und bekanntesten Opern Giuseppe Verdis an: Ab 8. Juli steht im Römersteinbruch Sankt Margarethen eine erstklassige Inszenierung von Rigoletto auf dem Spielplan. Regie führt der Italiener Renzo Giacchieri.
„Mit Giacchieri haben wir für die Saison 2009 einen großartigen Regisseur nach Sankt Margarethen geholt, der auf zahlreichen Open-Air-Bühnen der Welt, unter anderem in der Arena di Verona, mit seinen Inszenierungen große Erfolge feierte. Unser Publikum darf sich auf unvergessliche Stunden und ein grandioses Opernerlebnis freuen“, so Intendant Werner.
Nach der Uraufführung 1851 am Teatro La Fenice in Venedig eroberte die Oper Rigoletto die Bühnen dieser Welt im Sturm. Verdi selbst zählte sie zu seinen besten Arbeiten. Es steht außer Zweifel, dass er damit seinen Weltruhm begründete, und mit dieser Oper wurde auch die bekannte Canzone „La donna è mobile“ zum Hit. Vom 8. Juli bis 23. August 2009 erklingt die wunderschöne Oper Rigoletto an 29 Abenden im Römersteinbruch Sankt Margarethen. Im Mittelpunkt der Geschichte steht das Schicksal des buckligen Hofnarren Rigoletto, dessen böse List auf tragische Weise den Tod seiner Tochter Gilda herbeiführt. Ort des Geschehens ist der Hof des Herzogs von Mantua, ein Schauplatz, den Manfred Waba mit prächtigen Bühnenbauten nachempfindet. Als musikalischer Leiter steht in dieser Saison der Niederländer Koen Schoots in Sankt Margarethen am Pult. So wird Europas größte Naturbühne auch diesen Sommer durch meisterliche Musik, hochkarätige Künstler, prunkvolle Kulissen und fantastische Effekte zum Leben erweckt.
Im bizarren Römersteinbruch werden seit einem Jahrzehnt großartige Inszenierungen bekannter Opernwerke gezeigt. Zuletzt feierten die Opernfestspiele Sankt Margarethen mit einer viel gepriesenen Inszenierung von La Traviata in Sankt Margarethen große Erfolge. Mit Verdis Rigoletto setzen die Festspiele ihre Geschichte fort und präsentieren für diese Saison ein einzigartiges „Opernereignis für jedermann“.
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Ein Motto, das allerlei Assoziationen weckt, beispielsweise an das neoliberal beschworene „freie Spiel der Kräfte“ (des Markts). Der Mensch als Spielball unberechenbarer Mächte: Dieses antike Bild für die existenzielle Unsicherheit ist angesichts der Wirtschaftskrise unserem Empfinden auf einmal wieder nahegerückt. Dazu befragt Salzburg eine Reihe beachtenswerter, teils selten aufgeführter Werke.
Was für Mächte sind es überhaupt, die da mit uns spielen? Zu verschiedenen Zeiten haben sich Menschen die über ihnen waltenden Schicksalsmächte unterschiedlich vorgestellt: die „ananke“ der griechischen Antike, eine Macht zwischen Notwendigkeit und Verhängnis; oder der unerbittliche Ruf nach Gehorsam des alttestamentarischen Gottes; die Gefolgschaft Jesu in der Frühzeit des Christentums mit heilsgewiss selbstloser Opferbereitschaft, die im milden Licht der Legende tröstliche Zuversicht verströmt – alles Schicksalskonzepte oder Weltdeutungen, die uns Heutigen auf den ersten Blick fremd erscheinen. Von ganz unmittelbarer Aktualität dagegen der Alleinvertretungsanspruch, den konkurrierende Religionen auf Moral, Heil und ewige Wahrheit erheben und der zuletzt doch materiellen und politischen Machterhalt oder -gewinn zum Ziel hat. Zuletzt gibt es da noch eine Macht, die kaum je mit den Mächtigen im Bunde steht: die anarchische, systemsprengende Macht der Liebe, die zwar selten siegt, doch immer Antrieb für Auflehnung und Aufstand ist, ein zündender Funke für Veränderung und Umsturz, aber auch die Flamme der Selbstzerstörung.
Seit Menschengedenken werden Machtspiele – Statuskonflikte, Verteilungskämpfe, Ringen um Vorrechte und Privilegien – auf Kosten derer ausgetragen, die beherrscht werden: versklavt oder unterworfen, besetzt, belagert oder manchmal auch nur regiert. Dabei geht es stets auch um die Herrschaft über Köpfe, über Geist und Glauben. Und allzu oft erliegen die Mächtigen dem Sog der Macht, missbrauchen sie, überschreiten Grenzen und üben Herrschaft auf dem Rücken der Beherrschten aus.
Vielleicht im Widerspruch zur historischen Wahrheit erzählt das Theater die Geschichte von Auflehnung als Geschichten Einzelner, die sich, von Liebe getrieben, unmenschlichen Geboten widersetzen – um den Preis der eigenen Unversehrtheit, um den Preis des Lebens. Das Scheitern nimmt dem Versuch nichts von seiner Würde und Schönheit – das „trotzdem“ war und ist ein Leitmotiv des Widerstands.
Das Märtyrertum treibt das Spannungsverhältnis von Idealismus und Humanismus auf die Spitze, ein labiles Konstrukt höheren Sinns: Nur wenige Gedankenschritte führen vom demütigen Selbstopfer zur demonstrativen Selbstgerechtigkeit zum Fanal des Fanatismus. Wenn die Revolution ihre Kinder frisst, der Umsturz die Verhältnisse verkehrt und neu Ermächtigte das Spielfeld dominieren, gelten von Neuem die alten Regeln der Macht.
Der Mensch in der Revolte
Dazu gehören auch Fragen wie „Ist Recht auf Widerstand ein Menschenrecht?“, „Welche Unterdrückung rechtfertigt welche Mittel der Auflehnung?“, „Rechtfertigt die Befreiung einer Stadt, eines Landes Hinterhalt und Tyrannenmord?“ und „Gibt es Verantwortung ohne Schuld?“.
Im Programmbuch der Salzburger Festspiele stellt Wolf Lepenies den Essay „L’homme révolté“ von Albert Camus vor, der als Beitrag zu dem Diskurs über Macht und Widerstand unbedingt beachtenswert und – 1951 geschrieben – von ungebrochener Aktualität ist; wie er das Verhältnis von Macht (Politik) und Kunst beleuchtet, mag programmatisch zur diesjährigen Dramaturgie angestiftet haben. Der Text ist als rororo-Taschenbuch erhältlich.
Den Bühnenwerken, anhand deren die Salzburger Festspiele dem Spiel der Mächtigen nachspüren, liegen historische Begebenheiten oder für das Geschichtsverständnis konstitutive mythische Stoffe zugrunde: Von alttestamentarischer Überlieferung über die griechische Antike, die Anfänge des Christentums und die Kreuzzüge des Mittelalters bis zu revolutionären Aufbrüchen des 19. und 20. Jahrhunderts reichen die Vorlagen; von der Entstehungszeit der Werke trennt sie jeweils eine ordentliche Zeitspanne. Diese Distanz ermöglicht erst jene Reflexion des Gegenwärtigen im Vergangenen, die all diese – von Epoche zu Epoche mit unterschiedlicher Intention – Vergegenwärtigungen beflügelt. Als dritte Zeitebene wird unsere Gegenwart in diesem multiplen Prozess der Widerspiegelungen wirksam – durch die theatralische Umsetzung wie durch unsere Augen und Ohren: Was uns aufhorchen lässt und was nicht, was wir befremdlich finden oder bemerkenswert, welche Assoziationen sich uns eröffnen und welche Querverbindungen wir herstellen – Rezeption ist immer ein produktiver Teil des Kunstgeschehens, doch besonders sinnfällig in einem solchen Projekt.
Ein Gott, der verlockt und rächt
Der älteste Text, Die Bakchen des Euripides aus dem 5. Jahrhundert vor Christus, exponiert alle Facetten des Themas: In die scheinbar gefestigte, wohl gesetzte Ordnung des siebentorigen Theben bricht – eine Provokation! – der junge Gott Dionysos ein; viele folgen ihm und seinem Ruf, allen voran die Frauen, doch Pentheus, der Herrscher Thebens, verweigert ihm die Ehre und verfolgt seine Anhänger. Doch er selbst erliegt der Lockung des verhängnisvollen Fremden, von ihm selbst angestachelt übertritt er die Gesetze des Kults und wird von den Mänaden, darunter seine eigene Mutter, zerrissen: Schuldiger und Opfer eines rachsüchtigen Gottes, besiegelt sein Schicksal den Untergang eines Herrscherhauses, das nicht mit anderen Mächten gerechnet hat, einer Menschenordnung, die das Un- oder Übermenschliche aus ihrer Mitte fernzuhalten versuchte …
Der Tod verwehrte Jürgen Gosch diese Inszenierung und uns die Einsichten und Abgründe, die er Euripides abgewonnen hätte; seine Lesart des Texts bringen die Schauspieler der Produktion zu Gehör, und eine Filmaufführung von Goschs Inszenierung des Ödipus von Sophokles wird einen Eindruck davon vermitteln, mit welcher Radikalität der Regisseur nach dem Kern des Theaters (und der menschlichen Existenz) schürfte.
Von Gott geleitet, der die Ungehorsamen bestraft
Wird ein Gott den Thebanern zum Verhängnis, so ist Gott der Befreier des biblischen Volks aus ägyptischer Sklaverei. Auch dieser Gott kann grausam sein, das bekommen die Ägypter zu spüren, die das auserwählte Volk verfolgen, bis das Rote Meer sie verschlingt. Jürgen Flimm inszeniert Gioacchino Rossinis vieraktige Grand opéra Moïse et Pharaon ou Le passage de la Mer Rouge, die 1827 in Paris uraufgeführt wurde. Sie gilt als zukunftsweisendes Werk des zu Unrecht gern auf seine Opere buffe reduzierten Rossini (Dirigent: Riccardo Muti). Die musikalische Hauptrolle hat der Chor; mit einem farbig und facettenreich ausgestalteten Orchesterpart, dem neuartigen Einsatz musikalischer Motive zur Herstellung inhaltlicher Bezüge, mit über weite Strecken durchkomponierten Formen und packend gestalteten Aktfinali nimmt Rossini Gestaltungslösungen vorweg, die im Lauf des 19. Jahrhunderts weiterentwickelt wurden. Wie es in der Oper die Regel ist, wird der Konflikt zwischen den Ägyptern und den Israeliten durch deren Repräsentanten ausgetragen, Moses und den Pharao. Der Einzelne und die Gemeinschaft ist stets ein konfliktträchtiges Thema, nicht nur im Verhältnis von Herrscher und Volk oder Herrscher und aufbegehrenden Sklaven. Es gibt Partikularinteressen und widerstreitende Triebkräfte, etwa die Liebe zwischen dem Pharaonensohn Aménophis und Anaï, der Nichte des Moses. Ihr Schwanken zwischen dieser Neigung und der Verbundenheit mit ihrem Volk, die von Enttäuschung genährte Anmaßung des Herrschersohns schärfen den immanenten Konflikt. Ein unterdrücktes Volk unter fremder Herrschaft, der Appell an die religiöse Toleranz der herrschenden Mächte, die Sehnsucht nach Befreiung – dazu hat jede Zeit ihre Anschauungsbeispiele. Das Gebet der Israeliten vor dem Durchzug durch das Rote Meer wurde in Italien ähnlich dem Gefangenenchor aus Nabucco zu einem patriotischen Leitmotiv.
Im Zwiespalt von Liebeszauber und Christenpflicht
In der Oper des 19. Jahrhunderts vollzieht sich Geschichte in der Regel im Konflikt zwischen Volk und Einzelnem, zwischen dessen politischer Mission und persönlicher Existenz: Im Widerstreit von Staatsräson (oder Machtbegehr) und Liebe zerbricht meist der Mensch. Geradezu vorweggenommen erscheint dies in Haydns letzter Opera seria, Armida, mit 54 Vorstellungen in fünf Jahren im Theater zu Eszterháza selbst und Aufführungen bis Prag und Dresden die zu seinen Lebzeiten erfolgreichste von Haydns Opern. Der Stoff ist eine viel vertonte Episode aus Torquato Tassos Gerusalemme liberata, die sich im Barock – etwa in Händels Rinaldo – großer Beliebtheit erfreute, dann gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine verblüffende neue Blüte erlebte. Haydns Libretto, man muss es sagen, ist kein Meisterwerk: lose Fäden allenthalben. Doch bezwingt die Oper durch ihre Konzentration auf die Hauptfiguren und den Kernkonflikt: die heidnische Zauberin, die den christlichen Ritter eigentlich nur unschädlich machen sollte, sich jedoch in ihn verliebt – und der Kreuzfahrer, der Armida verfällt und gegen die eigenen Gefährten in den Kampf ziehen will … Für ihre Not und Zweifel schrieb Haydn Musik, die – auf die begrenzten Möglichkeiten von Eszterháza abgestimmt und wenig theatralisch – durch ihre seelische Intensität bezwingt und nicht zuletzt durch den außerordentlich farbenreichen Orchesterpart bezaubert, der Armidas Zauberwald als paradiesischen Zufluchtsort erklingen lässt. Der Zauberwald wird abgeholzt, der Ritter genügt seiner Pflicht, die verlassene Zauberin bleibt zurück – die „scena ultima“ versagt die glückliche Lösung, der Konflikt bleibt ungelöst, die Liebe zerbricht am Clash of Civilizations: ein geradezu modern anmutendes Ende (Regie: Christof Loy, Dirigent: Ivor Bolton, Mozarteumorchester Salzburg).
Femme fatale in biblischem Auftrag
Weibliche Waffen im Kampf der Kulturen – Beispiele dafür liefert die Bibel mehrfach. Ähnlich beliebt wie der Armida-Stoff ist die Geschichte von Judith und Holofernes, die einem Apokryphen des Alten Testaments entstammt und unzählige künstlerische Gestaltungen inspiriert hat. Darunter das Oratorium Juditha triumphans von Antonio Vivaldi, komponiert 1716 für eine Festaufführung anlässlich des mit Unterstützung Habsburgs eben errungenen militärischen Siegs Venedigs über die Türken: Hier bildet der Jubel über die Befreiung der Stadt Bethulia von der Belagerung durch die Assyrer die Folie für den Triumph der (historisch schon im Niedergang befindlichen) Seemacht Venedig. Später bekommt die Geschichte von der schönen Witwe, die heimlich ins Lager der Feinde schlüpft, den assyrischen Feldherrn Holofernes betört und ihm dann den Kopf abschlägt, noch andere Nuancen: Nicht nur er, auch sie verliebt sich in den Feind; Friedrich Hebbel lotete wohl als Erster das selbstdestruktive Potenzial dieser Lesart aus. Eine Kombination gerade dieser beiden Extremdeutungen setzt der Regisseur Sebastian Nübling als Schauspiel mit Musik mit seinem Komponistenpartner Lars Wittershagen, dem Stuttgarter Ensemble sowie der capella triumphans (Leitung: Annelie Gahl) in Szene.
Im Vertrauen auf das ewige Leben
Der Zwiespalt zwischen der Verpflichtung und Verbundenheit mit Volk oder Religion und der unmöglichen Liebe zu einem Feind bringt Frauengestalten wie Judith, Armida oder Anaï ins Wanken. Doch auch ohne Zweifel oder Anfechtung dieser Art ist das Schicksal einer Abtrünnigen von der Staatsreligion, der Vertreterin einer religiösen Minderheit schwer und bitter. Theodora in Antiochia weigert sich, dem römischen Gott Jupiter zu huldigen, denn sie ist Christin. Sie wird ins Gefängnis geworfen, doch der zum christlichen Glauben konvertierte römische Offizier Didymus befreit sie, indem er ihren Platz einnimmt. Als sie erfährt, dass er zum Tod verurteilt ist, appelliert sie um Gnade – und geht, als diese verweigert wird, mit ihm in den Tod. Einer Novelle von Robert Boyle von 1687 folgend, verarbeitete Thomas Morell, Händels Librettist auch bei Judas Maccabäus, diese Geschichte für ein Oratorium, das Händel in kaum mehr als einem Monat komponierte und das er selbst für sein bestes hielt. Es wurde 1750 in London uraufgeführt. Unruhe und mit Pauken und Trompeten auftrumpfende Musik charakterisieren die Römer und ihren Anführer, die noch nicht zum Heil gefunden haben. Die christlichen Märtyrer aber kennzeichnen weniger dramatische Eruptionen und innere Kämpfe als getragene Tempi und leise Töne; die erste Kerkerarie der Theodora ist eine tief berührende Auseinandersetzung mit dem Tod, und auch die Chöre erscheinen leise, in sich gekehrt. Eine „schwebende Melancholie“ (Silke Leopold) prägt das eindrucksvolle Oratorium, das im Jahr 2000 unter William Christie bei den Pfingstfestspielen in Salzburg zu hören war. Christof Loy unternimmt nun das Wagnis, das Oratorium szenisch auf die Bühne zu bringen (Dirigent: Ivor Bolton, Freiburger Barockorchester, Salzburger Bachchor) – während die Befreiungsoper schlechthin, Beethovens Fidelio, vom West-Eastern Divan Orchestra unter Daniel Barenboim konzertant aufgeführt wird.
Unter der großen Sonne, von Liebe beladen
Die modernste und vielleicht komplexeste Auseinandersetzung mit Macht, mit Repression und Auflehnung ist Luigi Nonos Musiktheaterwerk Al gran sole carico d’amore. Als „azione scenica in due tempi“ – szenische Handlung in zwei Zeiten – bezeichnete der Komponist, für den Kunst und politische Stellungnahme untrennbar miteinander verbunden waren, seine theatralische Reflexion revolutionärer Situationen: Er erzählt keine durchgehende Handlung, sondern montiert Situationen und Bilder aus verschiedenen historischen Kontexten zu einem Kaleidoskop, durch das Grundthemen – etwa Befreiungskämpfe und ihre geschichtliche Bedeutung, der Beitrag der Frauen dazu, die Rolle des Einzelnen im revolutionären Geschehen – in vielerlei Facetten Gestalt annehmen. Die Pariser Kommune von 1871 mit der Protagonistin Louise Michel, die russische Revolution 1905 und Maxim Gorkis Gestalt der Mutter, der Guerillakampf in Bolivien und die Aktivistin Tania Bunke sowie die Turiner Arbeiterunruhen der 50er-Jahre mit der ursprünglich von Cesare Pavese inspirierten Gestalt der Deola bilden die einander überlagernden historischen Folien mit ihren jeweiligen Protagonistinnen. Das Werk entstand Anfang der 70er-Jahre in Zusammenarbeit mit dem Regisseur und damaligen Leiter des Moskauer Taganka-Theaters, Juri Ljubimow, dem Bühnenbildner Dawid Borowski und Claudio Abbado; eine Fülle von Texten – Sachtexte, Bekenntnisse, literarische Texte aus allen möglichen Quellen – floss in das Werk ein, das 1975 in Mailand uraufgeführt wurde. Eine zweite, stärker szenisch orientierte Fassung brachte Jürgen Flimm 1978 an der Frankfurter Oper heraus. Für die neue Inszenierung verpflichtete er die britische Regisseurin Katie Mitchell, die damit ihr Salzburg-Debüt gibt, die musikalische Leitung übernimmt Ingo Metzmacher.
Wer möchte, kann diese Dramaturgie durchaus als Manifest verstehen: Jürgen Flimm bekennt sich programmatisch zur politischen Dimension von (Musik-)Theater. Man wird sehen, ob und wie sein Nachfolger Alexander Pereira – von kritischen Stimmen vorderhand unter den Vorverdacht eines rein kulinarischen, spitzensänger-zentrierten Opernbetriebs gestellt – diesen Anspruch aufrechterhält. Einstweilen gilt es, sich einzulassen – gerade auf die ungewöhnlichen und vielversprechenden Programmpunkte dieser ambitionierten Dramaturgie.
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Hänsel und Gretel, Märchenoper von Engelbert Humperdinck
Martin Haselböck, Michael Sturminger, ein Team von hervorragenden Sängern und die Capella Istropolitana holen den Wald auf die Bühne, schaffen jene zauberhafte Atmosphäre, für welche die Opernaufführungen in Reinsberg bekannt sind.
„Vor einem großen Wald wohnte ein armer Holzhacker mit seiner Frau und seinen zwei Kindern“: So beginnt das altbekannte Märchen der Brüder Grimm, das Engelbert Humperdincks beliebter Märchenoper Hänsel und Gretel zugrunde liegt. 1890 komponiert und von Richard Strauss uraufgeführt, ging die Oper binnen kürzester Zeit über mehr als 50 deutsche Bühnen und danach – in mehr als 70 Sprachen übersetzt – in einem Siegeszug ohnegleichen um die ganze Welt. Dazu beigetragen haben dürften auch so bekannte Melodien wie „Suse, liebe Suse, was raschelt im Stroh?“, „Brüderchen, komm tanz mit mir“ oder „Ein Männlein steht im Walde“, die rasch zu musikalischem Allgemeingut wurden.
Mit außerordentlich feinen instrumentalen Zeichnungen gelingt es Humperdinck meisterhaft, die Poesie des Märchens und die Geheimnisse des Walds einzufangen, sodass sich die Oper ideal in die Naturkulisse der Burgarena Reinsberg einfügt.
Premiere: 30. Juli 2009, 19.30 Uhr
Folgetermine: 1., 6., 8., 11. und 13. August 2009, 19.30 Uhr; 4. August 2009, 18 Uhr
Kinderfest mit Hänsel und Gretel
Mit Chor und Solisten der Produktion und István Mátyás am Klavier. Das Ambiente der Burgarena ist gerade auch für junge Besucher besonders attraktiv, denn hier wird es möglich, Musik sehr unmittelbar zu erleben.
15. August 2009, ab 15 Uhr (ab 15 Uhr: Kinderfest; 17 Uhr: Beginn der Vorstellung)
Faszination Burgarena und Bioburgkuchl
Besuchen Sie die Burgarena, und lassen Sie sich von der einzigartigen Atmosphäre verzaubern. Nicht nur ritterliche Tafelrunden, Geburtstagsfeiern, Hochzeiten oder Firmenfeiern werden in dem besonderen Ambiente in Erinnerung bleiben. Die Bioburgkuchl bietet auch Galadiners oder Candle-Light-Dinners gegen Vorbestellung an. Wenden Sie sich mit Ihren Wünschen oder Anregungen an unser Team. Vor der Oper können Sie gern einen Tisch reservieren.
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Eine Oper der Superlative
Die unglückliche Liebesgeschichte zwischen der äthiopischen Prinzessin Aida – einst als Sklavin an den Nil verschleppt – und dem ägyptischen Feldherrn Radames begeisterte schon bei der Premiere 1871 in Kairo das Publikum. Seitdem ist sie zu einem der beliebtesten und meistgespielten Werke der Opernliteratur avanciert.
Verdi hatte Aida von Anfang an als eine Oper der Superlative konzipiert, die alle Elemente der Gattung perfekt in sich vereint: Prunkvolle Chorszenen und mitreißende Marschrhythmen, lyrische Naturschilderungen, prächtige Arien und romantische Duette stehen harmonisch nebeneinander, in ihrer Wirkung noch vertieft durch das exotische Kolorit der Musik. Der bekannte „Triumphmarsch“ mit seinen schmetternden Fanfaren und prächtigen Chören markiert musikalisch wie szenisch einen der Höhepunkte der „großen italienischen Oper“.
Liebe bis in den Tod
Lebendig eingemauert als Strafe für ihre Liebe und seinen Verrat – so enden die schöne Aida und der stolze Radames. Ein Tod, wie er erbarmungsloser nicht sein könnte, und doch ein Ende erfüllt von Klängen, die das grausame Schicksal, das die beiden erwartet, nicht ahnen lassen. Denn genau in diesem Moment erhebt sich der Schlussgesang „O terra addio, addio valle di pianti“ – „Leb wohl, o Erde, o du Tal der Tränen“ – so zart, so rein, so lichterfüllt und strahlend, als könne nichts und niemand dieser Liebe etwas anhaben. Der gemeinsame Tod trägt Aida und Radames hinfort, ein letztes Mal vereint in ewiger Umarmung.
Große Leidenschaften, tragische Konflikte
Dass er auf Puccini wieder Verdi folgen lasse, habe triftige Gründe, erklärt Intendant David Pountney: „Es kommt natürlich nicht von ungefähr, dass ich mich entschlossen habe, nach Tosca wieder eine Oper von Giuseppe Verdi auf die Seebühne zu bringen. Denn sie ist einfach ein grandioser Ort für all das, was dieser Komponist am besten beherrschte: große Leidenschaften und tragische Konflikte in mitreißende Musik zu verwandeln. Aber Aida ist auch eine sehr moderne Parabel über Nationalismus, Kriegslust und Feindeshass und ein Stück, das zeigt, dass es in einem Krieg nur Verlierer geben kann.“
Einzigartige Verdi-Serie
David Pountney selbst hat mit seiner packenden, begeistert aufgenommenen Inszenierung von Verdis Nabucco in den Sommern 1993 und 1994 die einzigartige Serie von Aufführungen dieses Komponisten auf der Seebühne begründet. Spätestens seit das Bild des Maskenballs mit seinem im Buch des Lebens blätternden Skelett 1999 um die Welt ging, war klar, dass die Bregenzer Seebühne und Giuseppe Verdi perfekt zueinanderpassen: Die Atmosphäre und Umgebung des Spiels auf dem See scheint wie geschaffen für die Werke des berühmten Italieners, die mit ihren großen Chören, feierlichen Massenszenen und dramatischen Duetten schon immer dieser großen Bühne mit ihren imposanten Bühnenskulpturen zugedacht gewesen zu sein scheinen.
Dass die Bühne am Wasser und nicht in der Wüste steht, stört Pountney nicht im Geringsten: „Es ist das erste Mal in der Festspielgeschichte, dass diese großartige ‚Wüstenoper‘ ans Bodenseeufer versetzt wird, und natürlich ist das eine große Herausforderung. Wir denken aber, dass wir eine äußerst spannende Umsetzung gefunden haben.“
Ein Italiener, drei Briten – und ein erfahrener Seebühnenprofi
Die musikalische Leitung von Aida liegt beim italienischen Dirigenten Carlo Rizzi, es inszeniert der bekannte britische Regisseur Graham Vick, die Ausstattung stammt von seinem Landsmann Paul Brown. Für die Choreografie zeichnet Ron Howell verantwortlich und für das Licht der bereits mehrfach „seebühnenerprobte“ Wolfgang Göbbel.
Polnisches Meisterwerk im Festspielhaus: König Roger
Karol Szymanowskis 1926 uraufgeführte und auf Sizilien angesiedelte Oper zählt zu den Meisterwerken der polnischen Musikliteratur. „Sinn und Sinnlichkeit“, das Motto der Bregenzer Festspiele 2009, wird hier durch den Konflikt zwischen frühchristlicher Askese und spätantiker Lebensbejahung verhandelt. Die in König Roger angelegte Begegnung von christlicher, arabischer und antiker Welt erweckte der vom Mittelmeerraum faszinierte Szymanowski mit byzantinischem Kirchengesang, impressionistischem Klangkolorit, arabisch anmutender Melismatik, spätromantischem Pathos und expressivem Gesang zum Leben. Musikalische Leitung: Sir Mark Elder, Inszenierung: David Pountney, Premiere: 23. Juli 2009.
Hochaktuell: musikalische Satiren von Schostakowitsch, Gershwin und Sawer
Angesichts von Präsidentenwahlen, Bankenkrisen und Rezessionsängsten widmet sich die Operettenreihe dieses Jahr ganz der Gesellschaftssatire: Mit Dmitri Schostakowitschs Paradies Moskau, George Gershwins Für dich Baby! – Of Thee I Sing und David Sawers Hautnah – Skin Deep stehen statt einer Operette am Kornmarkt gleich drei unterhaltsame Werke im Festspielhaus auf dem Spielplan. Ermöglicht wird dieses fulminante Dreigespann durch ein Gastspiel der englischen Opera North, Leeds. Zu sehen ist Paradies Moskau am 15., Für dich Baby! am 16. und Hautnah am 17. August.
Orchesterkonzerte und Matineen 2009
Nicht nur die hochemotionale Musik des polnischen Komponisten Karol Szymanowski steht 2009 im Mittelpunkt der Orchesterkonzerte: „Lauschen Sie, und geben Sie sich hin“ lautet das Motto, denn mit dem zweiten Akt aus Richard Wagners Tristan und Isolde, Alexander Skrjabins Poème de l’extase und Wolfgang Amadeus Mozarts Klarinettenkonzert werden in den Orchesterkonzerten verschiedenste musikalische Formen von Sinnlichkeit hör- und fühlbar.
Schauspiel: Theater in der Josefstadt und Schauspiel Köln
Ein Bildungsbürger zwischen Eros und Moral und eine Affäre mit Geistern: Das erwartet die Besucher im Rahmen der Gastspiele des Wiener Theaters in der Josefstadt und des Schauspiels Köln. Die Josefstadt bringt mit Lola die Neudramatisierung von Heinrich Manns Roman Professor Unrat auf die Bühne des Theaters am Kornmarkt. Premiere ist am 19. August. Erstmals wird das Schauspiel Köln in Bregenz zu sehen sein, das unter seiner neuen Intendantin, Karin Beier, im vergangenen Jahr für Furore gesorgt hat. Zu sehen ist ab 20. August Affäre mit Geistern des lettischen Autors und Regisseurs Alvis Hermanis.
KAZ – Kunst aus der Zeit mit spannenden Ur- und Erstaufführungen
Die Reihe Kunst aus der Zeit steht seit Anbeginn für Kunst, die Augen und Ohren, Mund und Nase, Hände und Füße anspricht: 2009 soll die Sinnlichkeit in all ihren Formen untersucht und genossen werden. Für „My Musig“ wurden drei Künstler, darunter der bekannte britische Komponist Benedict Mason, beauftragt, sich mit Vorarlberger Klängen zu beschäftigen. Das Musiktheater bringt mit Semper Dowland & The Corridor zwei neue Werke von Sir Harrison Birtwistle sowie Anaesthesia, die neueste Zusammenarbeit von Nico And The Navigators und Franui. Im Rahmen von Schauspiel und Performances gastiert unter dem Titel „brut@Bregenz“ erstmals das Wiener Produktionshaus brut am Bodensee.
Ein feuriges Revolutionsdrama von atemberaubender Geschwindigkeit: Andrea Chénier als Spiel auf dem See 2011 und 2012
Während die Vorbereitungen für den kommenden Festspielsommer am Bodensee auf Hochtouren laufen, steht bereits die Programmplanung für die Folgejahre fest. Andrea Chénier, das berühmteste Werk des italienischen Komponisten Umberto Giordano, wird in den Sommern 2011 und 2012 erstmals als Spiel auf dem See zu sehen sein. Die Oper, uraufgeführt 1896 an der Mailänder Scala und gezeichnet vor dem Hintergrund der Französischen Revolution, ist ein historisches Drama von brillanter Schärfe und eine menschliche Tragödie von erschütternder Intensität; packend gleichzeitig als leidenschaftliches Liebesdrama und als historischer Krimi.
Im Zentrum von Andrea Chénier steht der gleichnamige französische Dichter, eine historische Figur, die in den Wirren der Französischen Revolution vom glühenden Anhänger zum erbarmungslos Verfolgten wird und am Ende selbst auf der Guillotine endet.
„Ein Meisterwerk – und wie für die Seebühne komponiert!“
„Andrea Chénier ist nicht nur Umberto Giordanos Meisterwerk. Es ist, als sei dieses Werk nur für die Bregenzer Seebühne komponiert worden!“, schwärmt der Bregenzer Intendant David Pountney. „Denn diese Oper bietet einfach die perfekte Mischung für diesen Ort: eine packende Handlung und starke Charaktere, gefangen zwischen den Exzessen des Ancien Régime und dem Terror der Französischen Revolution. Giordanos Musik ist Verismo allererster Güte und treibt den hochspannenden Plot mit atemberaubender Geschwindigkeit voran.“
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