Für Prinz Leonce besitzt das Leben keinen Sinn, Langeweile grassiert und jede menschliche Tätigkeitsform ist ihm verdrießlich. In Valerio findet Leonce einen Gleichgesinnten, der ebenfalls noch Jungfrau in der Arbeit ist und eine ungeheure Ausdauer in der Faulheit besitzt. Während Leonce und Valerio sich weigern, nützliche Mitglieder der menschlichen Gesellschaft zu werden, ist König Peter vom Willen beherrscht, durch Denken der Welt beizukommen: „Der Mensch muss denken und ich muss für meine Untertanen denken, denn sie denken nicht, sie denken nicht“.
Leonce, Prinz des Reiches „Popo“, ist mit Lena, Prinzessin des Reiches „Pipi“, verlobt, ohne sie zu kennen. Unabhängig voneinander beschließen sie, vor der Hochzeit zu fliehen. Auf der Flucht voreinander treffen und verlieben sie sich, lassen sich am Hofe Popo trauen, um sich danach als Prinz und Prinzessin voreinander und dem Hof zu erkennen zu geben.
Mit: Philipp Brammer, Pippa Galli, Klaus Haberl, Antje Hochholdinger, Christine Jirku, Thomas Richter, Oliver Rosskopf, Julia Schranz, Othmar Schratt, Helmut Wiesinger, Hendrik Winkler, Katharina von Harsdorf
Regie: Lisa-Maria Cerha
Eine Politikerin ist am Ende, weil ihre Tochter ihre zwei kleinen Kinder zu Tode gebracht hat. Ob es Mord war oder plötzlicher Kindstod soll das Gericht entscheiden. Ein Wissenschaftler behauptet, dass ihr Fehlverhalten das Symptom einer noch zu erforschenden Krankheit sei. Ein Reporter will mit der Offenlegung der Story Karriere machen. Ein Autor möchte durch ein komplexes System von Fragen die Wahrheit aufdecken. Ein verzweifelter Ehemann und Vater will mit aller Kraft verhindern, dass Einzelheiten des Familienlebens bekannt werden. Montiert aus scheinbar realem Material, Interviews und Schriftwechseln, „alles im Originalwortlaut der Betroffenen belassen“, ist Kindersorgen eine bissige Dekonstruktion des sogenannten Dokumentartheaters, ein Anschlag auf unseren Begriff von „Authentizität“ und eine bohrende Hinterfragung jedweder Form von öffentlicher Darstellung, ob auf der Bühne oder in den Nachrichten.
Dennis Kelly, 1970 in London geboren, studierte Drama und Theater am Londoner Goldsmiths College. Zurzeit schreibt Kelly an Auftragswerken für die Royal Shakespeare Company und das National Theatre London. Im deutschen Sprachraum wurden bisher Schutt am Burgtheater, After the End am Deutschen Theater Berlin und Liebe und Geld am Theater Basel aufgeführt.
Österreichische Erstaufführung.
Mit: Antje Hochholdinger, Christine Jirku, Julia Schranz / Philipp Brammer, Klaus Haberl, Thomas Richter, Oliver Rosskopf, Hendrik Winkler
Regie: Johannes Maile
Chicago Ende der 20er Jahre: rivalisierende Gangsterbanden terrorisieren die Stadt und haben die Bezirke unter sich aufgeteilt. Den östlichen Teil „regiert“ die Dame in Grau, auch Die Fliege (Angela Winkler) genannt. In ihrer Gang: der legendäre Bill Cracker (Peter Lohmeyer), ein mächtiger und brutaler Killer. Doch Bill hat einen weichen Kern. Sein Herz entflammt für Lilian Holiday (Anneke Schwabe), Leutnant der Heilsarmee, auch Halleluja Lilian genannt. Großen Swing bringen auch die beiden musikalischen Hauptattraktionen, der Bilbao-Song und Surabaya-Johnny und: wie der Name des Stücks verrät, gibt es am Schluss natürlich ein Happy End.
Österreich-Premiere | Ruhrfestspiele Recklinghausen, La Boîte à Rêves / Compagnie Jérôme Savary und St. Pauli Theater.
Mit: Christian Bayer, Kristin Bencke, Peter Franke, Niels Hansen, Evelyn Hock, Lisa Huk, Timo Klein, Peter Lohmeyer, Kai Maertens, Günter Märtens, Rossen Prangov-Rossi, Mario Ramos, Sandra Maren Schneider, Anneke Schwabe, Katrin Wasow, Angela Winkler, Nicki von Tempelhoff
Regie: Jérôme Savary, Ulrich Waller.
Frank Castorf gelingt es, das historische Ereignis des Jahres 1928 in all seiner Widersprüchlichkeit und Absurdität lebendig werden zu lassen. Er verlagert es in eine politische Situation, die wieder kurz vor einer Wende zu stehen scheint und arbeitet mit einem durchwegs tollen Ensemble, das auf Hochtouren läuft, angeführt von Marc Hosemann, Georg Friedrich und Anne Ratte-Polle. Es gibt auch ein Wiedersehen mit Volker Spengler, der in der Spielzeit 07/08 mit René Pollesch im Landestheater Niederösterreich gastierte.
Februar 1928, Berlin: Die Monarchie in Deutschland ist noch keine zehn Jahre abgeschafft, da kommt der erste ausländische Staatschef zu Besuch: Amanullah Khan aus Afghanistan. Wehmut darüber, dass der Kaiser im Exil lebt und der amtierende Reichspräsident, Paul von Hindenburg, eben doch keinen vollwertigen „Ersatz“ darstellt, liegt in der Luft. Salutschüsse fallen, man singt den schnell geschriebenen Schlager Amanullah, Amanullah, Berlin ist außer Rand und Band. Wenige Monate später kehrt Amanullah nach Hause und wird weg-geputscht, Deutschland steht ebenfalls kurz vor dem politischen Desaster, doch wen interessiert das gerade jetzt?
Österreich-Premiere | Gastspiel - Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin.
Mit: Rosalind Baffoe, Georg Friedrich, Franziska Hayner, Sir Henry, Marc Hosemann, Anne Ratte-Polle, Jorres Risse, Volker Spengler, Axel Wandtke
Regie: Frank Castorf
Gertrud, vor ihrer Ehe eine gefeierte Sängerin, verlässt ihren Ehemann auf der Suche nach sich selbst. Nach dem Scheitern ihrer Beziehung zu einem jüngeren Mann ist sie schließlich auf sich selbst verwiesen.
In der Rolle der Gertrud kommt die Theater-, Film- und Fernsehschauspielerin Andrea Eckert an das Landestheater Niederösterreich, die sich auch mit zahlreichen Dokumentationen als Filmemacherin einen Namen gemacht hat. Regie führt Johannes Gleim, der nach Woyzeck, Das Käthchen von Heilbronn und Was ihr wollt nun zum vierten Mal am Landestheater inszeniert.
„Gertrud ist das Drama einer Liebeskatastrophe in einer faszinierend radikalen Umkehrung - es ist nicht das Drama eines betrogenen, zerstörten, gar rachsüchtigen Mannes, sondern ein Plädoyer für die Frau, die sich ohne Umschweife und ängstliche Rücksichten zu ihrem Gefühl bekennt, zu ihrer Spontaneität, zu ihrer Liebe.“ Der Spiegel
Mit: Andrea Eckert, Patrick O. Beck, Paul Matic, Michael Rastl
Regie: Johannes Gleim, Bühne und Kostüme: Daniela Juckel
Ein kleiner Hügel. Mitten in diesem Hügel - Winnie - eingegraben bis zur Taille. Eine gut erhaltene Fünfzigjährige, ein munteres Hütchen auf dem Kopf. Der Alltag ist hart unter der glühenden Sonne, eine Zeit lang schützt ein Sonnenschirm, aber auch der geht in Flammen auf. Winnie, die tapferste Frau des Welttheaters, richtet sich an ihren Mann, der hinter diesem Hügel lebt. Nur selten gibt er Antwort. Man müsste um Winnie bangen, könnte sie nicht etwas, das keine andere Figur von Beckett kann: lächeln.
„Adriana Asti spielt die Winnie in Becketts Oh les beaux jours unter Robert Wilsons Regie. Eine heiße Kombination. Strenge Artifizialität der Bühnenlandschaft und elektronische Geräusche treffen auf eine italienische Schnattertante, welche der geballten Kunst ihr natürliches Temperament aufpfropft. Majestätisch, zeremoniell und mit lustvollem Sinn für die Pose faltet sie ihre Hände zum Gebet, den Madonnenblick gen Himmel gerichtet. Auf solche Allüren verzichtet sie handkehrum, sobald sie ein Taschentuch unter den Ausschnitt wurstelt – die Diva als Hausfrau. Und als italienische Commedia-Figur: Adriana Asti, bei uns bekannt aus Filmen (Viscontis Rocco e i suoi fratelli, Pasolinis Accattone, Bertoluccis Prima della rivoluzione), in ihrer Heimat jedoch eine große Bühnenschauspielerin, zieht die drolligsten Register, wenn ihre Winnie einen ‚glücklichen Tag‘ heraufbeschwört.“ Barbara Villiger Heilig, Neue Zürcher Zeitung
Österreich-Premiere | Gastspiel
Mit: Adriana Asti, Yann de Graval
Regie, Bühnenbild und Lichtkonzept: Robert Wilson
„Die Callas“ macht Schule: Sie hat, ihren Weltruhm im Rücken, Gesangsstudenten auszubilden und das vor einer großen Zuschauerschar. Natürlich kann die bühnenbewährte Diva angesichts dieser Grundszene nicht umhin, eine Rolle zu spielen - und sei es die der einzig ihrer Kunst ergebenen Darstellerin, die das anwesende Publikum zu ignorieren scheint und ihren SchülerInnen mit Zucht und Tadel den Ernst des Lebens beizubringen versucht.
Die Situation hat der amerikanische Autor McNally der Lebensgeschichte von Maria Callas entnommen: Nach ihrer beispiellosen Karriere hatte sie in den frühen siebziger Jahren begonnen, in der New Yorker Juilliard School öffentliche Meisterklassen abzuhalten. Auf amüsante und zugleich bestürzende Weise wird in Meisterklasse das Phänomen eines außerordentlichen Karrierefalls der fünfziger und sechziger Jahre deutlich.
Hinter der Ikone der „Primadonna assoluta“, die die Callas so vollumfänglich ausfüllte, werden nach und nach die lebensbestimmenden wie auch die lebensvernichtenden Zwänge und Opfer sichtbar. So ist Meisterklasse auch ein Drama: über Größe und Grausamkeit der Kunst, die nichts weniger als das Leben kostet.
Ein Gastspiel - mit freundlicher Genehmigung des Volkstheaters Wien.
Mit: Claudia Emà Camie, Abdul Candao, Andrea Eckert, Ottokar Prochazka, Eva Steinsky
Regie: Arie Zinger
Auf dem Münchner Oktoberfest kracht die Beziehung des arbeitslosen Chauffeurs Kasimir und seiner Karoline, die sich amüsieren möchte, auseinander. Karoline gerät an den Zuschneider Schürzinger, trudelt weiter in die Arme des Kommerzienrats Rauch, „hat halt so eine Sehnsucht in sich“ und „kehrt zurück mit gebrochenen Flügeln“. Kasimir schließt sich dem Kleinkriminellen Merkel Franz und seiner Erna an und bleibt nach dessen Festnahme an Ernas Seite. Karolines Suche nach einem besseren Leben in schwierigen Zeiten endet bei Schürzinger.
Auch in dieser Spielzeit ist der Kabarettist und Schauspieler Roland Düringer, der in "Was ihr wollt" den Sir Tobias Rülp gab, am Landestheater Niederösterreich zu sehen. Als Kasimir trifft er auf den Merkel Franz, dargestellt von Dietrich Siegl, bekannt aus zahlreichen TV- und Filmproduktionen wie Soko Donau, Um Himmels Willen.
„Ich habe nur zwei Dinge gegen die ich schreibe, das ist die Dummheit und die Lüge. Und zwei wofür ich eintrete, das ist die Vernunft und die Aufrichtigkeit.“ Ödön von Horváth
Mit: Anna Maria Eder, Antje Hochholdinger, Christine Jirku, Julia Schranz, Katharina von Harsdorf / Roland Düringer, Hannes Gastinger, Klaus Haberl, Oliver Rosskopf, Dietrich Siegl, Jürgen Weisert, Helmut Wiesinger
Regie: Thomas Richter
Es geht um einen älteren Mann, umgeben von Bergen von Holzstämmen. Er zerlegt sie fachmännisch und sorgfältig, und der Rhythmus seiner Arbeit bringt ihn zum Reden. Darüber, was er getan hat, bevor er anfing, Holz zu hacken. Arbeit ist Arbeit. Und wenn er sie macht, will er sie gut machen. Ein verstörender Monolog über die Routine der grausamen Vernichtungsmaschinerie des Nationalsozialismus und über den Umgang mit der Vergangenheit und der Schuld.
Hans Münch (1911–2001) arbeitete von 1943 bis 1945 als Arzt im KZ Auschwitz. 1947 erhielt er als einziger von 40 Angeklagten im Krakauer Auschwitz-Prozess einen Freispruch. Bis Ende der 80er Jahre praktizierte er als Landarzt im Allgäu. Der Ausgang des Prozesses begründete Münchs Legende vom „guten Mensch von Auschwitz“. Er trat als Zeuge der Anklage auf, in nachfolgenden Verfahren sogar als Sachverständiger. Münchs Darstellung, er habe als einziger SS-Arzt die Beteiligung an den Selektionen auf der Rampe von Auschwitz-Birkenau verweigert, fand Eingang in die Literatur. Noch als fast Neunzigjähriger schwärmte er von den großartigen Arbeitsbedingungen in Auschwitz: „Ich konnte an Menschen Versuche machen, das war wichtig für die Wissenschaft.“
Josef Bierbichler spielte u.a. an den Münchner Kammerspielen, am Burgtheater und an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. In der Schaubühne am Lehniner Platz wirkte er jüngst in den Produktionen Die Katze auf dem heißen Blechdach, John Gabriel Borkmann, Augenlicht und Die Kopien mit. Dreimal wurde er von Theater heute als Schauspieler des Jahres ausgezeichnet.
2007 erhielt er den Europäischen Filmpreis, 2008 den renommierten Berliner Theaterpreis.
Österreich-Premiere | Gastspiel – Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin.
Martin und Maria, beide gebrannte Kinder in Sachen Beziehungen und Ehen, lernen einander bei einer Vernissage kennen. Im Gegensatz zu Andreas, Martins bestem Freund, der sich ebenfalls in einer frauenabstinenten Phase seines Lebens befindet, wirft Martin all seine Bedenken und Vorsätze über Bord und wagt den Schritt aus der „Sicherheitszone” hinaus in den freien Fall der Liebe. Auch Maria, die von ihrer besten Freundin Clarabella nachdrücklich an vergangene „Beziehungsschlachten” erinnert wird, will es noch einmal wissen. Warum soll es nicht möglich sein, einmal in diesem Leben eine Beziehung von Anfang an auf gleichberechtigter, partnerschaftlicher Ebene zu führen?