Die Königskinder Leonce und Lena wurden miteinander verlobt, ohne sich zu kennen. Beide beschließen, der Hochzeit zu entfliehen. Leonce will mit dem arbeitsscheuen Bonvivant Valerio nach Italien gehen und dort als Faulpelz leben; Lena lässt sich von ihrer Gouvernante zur Flucht verleiten. Unterwegs begegnen sich die beiden – und verlieben sich in einander. In Unkenntnis der Identität des jeweils anderen erscheinen sie maskiert am Hofe von Leonces Vater und lassen sich dort verheiraten. Doch statt ihren Eltern einen Streich zu spielen, erfüllen sie so die Bestimmung, der sie hatten entgehen wollen. Gemäß dieser Determiniertheit treten sie auf der Hochzeitsfeier als „Automaten“ auf: „Nichts als Kunst und Mechanismus, nichts als Pappendeckel und Uhrfedern.“ König Peter verkündet nach der Hochzeit seinen Rücktritt, Leonce muss hinnehmen, dass nun er – wie es ihm vorherbestimmt war – Herrscher eines bis zur Stumpfsinnigkeit hörigen Volkes ist. Dennoch verkündet er zuletzt die Revolutionierung des Lebens, einen geradezu utopischen Zustand: „Wir lassen alle Uhren zerschlagen, alle Kalender verbieten und zählen Stunden und Monden nur nach der Blumenuhr, nur nach Blüte und Frucht …“
Regie: Bernadette Sonnenbichler
Bühnenbild: Sabine Freude
Kostüme: Tanja Kramberger
Musik: Martina Eisenreich
Dramaturgie: Andreas Karlaganis
König Peter vom Reiche Popo: Markus Schneider
Prinz Leonce: Sebastian Reiß
Prinzessin Lena: Katharina Klar
Valerio: Claudius Körber
Rosetta; Die Gouvernante: Susanne Weber
Der Hofmeister: Franz Josef Strohmeier
Alle Menschen sind sterblich; doch was sie verbindet, trennt sie zugleich. Denn der Tod ist zwar gewiss, aber sein Eintreten unbestimmt; nur dass wir sterben werden, ist sicher, nicht wie, wo oder wann. Denn wir sterben nicht gemeinsam, sondern allein, in verschiedenen Augenblicken. Die mögliche Solidarität der Lebenden gegen den Tod wird also von vornherein durchkreuzt: in der fatalen Evidenz des Überlebens.
Eine Kooperation von Schauspielhaus Graz, Akademie Graz, Karl-Franzens-Universität Graz.
Rotkäppchen geht in den Wald, um seine kranke Großmutter zu besuchen. Ein Teenager genießt es, von einem Fremden verfolgt zu werden. Ein kleines Mädchen ist sich nicht sicher, ob ihr Freund sie wirklich mag, oder sie nur wegen ihres süßen Hundebabys besucht. Ein Mann sinniert über verschiedenste Trennungsmöglichkeiten von einer Geliebten, ein anderer fühlt verstörte Wut über das bittere Ende einer Affäre. Ein Mädchen will nicht an Monster glauben. Eine Frau trifft zufällig ihren Ex-Geliebten und meint einen Augenblick lang, wahre Liebe gespürt zu haben. Ein Schulkind vermutet einen tieferen Sinn hinter den Fragen seiner Lehrerin. Rotkäppchen legt sich nackt zu ihrer wölfischen ‚Großmutter‘. Eine Lehrerin mit gebrochenem Herzen öffnet eine Wunde immer wieder – um sich an eine vergangene Liebe zu erinnern. Ein Monster philosophiert unter der Erde.
Regie: Anna-Sophie Mahler
Bühne und Kostüme: Sophie Krayer
Musik: Gerriet K. Sharma
Dramaturgie: Regula Schröter
mit: Martina Stilp, Gerriet K. Sharma
Binnen kürzester Zeit steht das blasphemische Werk im Zentrum des medialen Interesses, und Dave beginnt mehr und mehr, sich für das Bild und seine Künstlerin stark zu machen.
Regie: Katharina Schmidt
Bühne und Kostüme: Tanja Kramberger
Dramaturgie: Regina Guhl
Dave: Gustav Koenigs
Nach ihrer Entlassung aus der psychiatrischen Anstalt wird den beiden Freunden Elling und Kjell Bjarne vom norwegischen Staat zwecks Wiedereingliederung in die Gesellschaft eine Wohnung zur Verfügung gestellt. Nun gilt es, sich vor dem Sozialarbeiter Frank zu beweisen und nicht an der neu gewonnen Freiheit zu scheitern. Es sind schon die kleinen Dinge des Alltags, die ernormen Mut verlangen: Ein Restaurant zu besuchen, einzukaufen, mit fremden Menschen (gar Frauen!) zu sprechen oder einfach nur ans Telefon zu gehen. So versuchen sie sich an die Welt „da draußen“ zu gewöhnen, bis diese in Gestalt einer sturzbetrunkenen Frau eines Tages unvermittelt in ihr Leben fällt und sie vor eine neue Herausforderung stellt. Die beiden Neurotiker haben nun nicht nur die Probleme des Alltags zu lösen, sondern eine durchaus existentielle Krise zu bewältigen. Aber lapidar gefragt: Was ist schon „normal“?
Regie: Bernadette Sonnenbichler
Bühnenbild: Sabine Freude, Raimund Orfeo Voigt
Kostüme: Tanja Kramberger
Musik: Martina Eisenreich
Dramaturgie: Elisabeth Tropper
Elling: Claudius Körber
Kjell Bjarne: Franz Solar
Frank: Thomas Frank
Gunn/Kellnerin/Reidun: Andrea Wenzl
Malina ist der einzige vollendete Roman der großen österreichischen Lyrikerin Ingeborg Bachmann. Geplant als Auftakt zum nie fertig gestellten Todesarten-Zyklus, beschreibt Malina die Zerstörung des weiblichen Ichs durch das männliche Prinzip. Die namenlose Protagonistin, eine in der Ungargasse im 3. Wiener Bezirk wohnhafte Schriftstellerin, findet sich – zumindest auf den ersten Blick – in einer Dreiecksgeschichte zwischen Ivan und Malina wieder. Malina, „Staatsbeamter der Klasse A“, ist ihr Lebensgefährte, er verkörpert das Realitätsprinzip, die Vernunft des täglichen Zusammenlebens. Ist er eine Person im Außen? Ist er ein Teil ihrer Persönlichkeit? Ihre sich verzehrende Sehnsucht gilt dem etwas jüngeren Ivan, der in unmittelbarer Nachbarschaft lebt. Ihre Hingabe an Ivan ist so bedingungs- wie hoffnungslos: Er behandelt sie nachlässig, verstärkt ihre Ängste und Selbstzweifel.
Eine Pension in Wien 1923, ein Zirkel von Medizinstudenten. Desiree versucht, sich Marie zärtlich anzunähern. Maries Freund, der verwöhnte Literat Petrell, steigt der überambitionierten Irene nach, in der Hoffnung, seine Karrierechancen zu verbessern. Desirees Ex-Geliebter Freder verführt das Dienstmädchen Lucy und stiftet es zum Diebstahl an. Die Studenten experimentieren mit zerstörerischen Spielen um Macht und Abhängigkeiten, treiben sich gegenseitig in menschliche Abgründe. Ihre Sehnsucht nach Nähe und Beziehung wird zu einer verzweifelten, aber erfolglosen Suche.
Ferdinand Bruckner beschreibt die Jugend als Seismograf, reagierend auf die Erschütterung des gesellschaftlichen Gefüges. Wegen der offenen Behandlung der Sexualität erregte das Stück die Gemüter der Zeitgenossen. In den post-68-er Jahren erlebte Krankheit der Jugend eine starke Renaissance. Mittlerweile zählt Bruckners „Jugendstück“ zu den Klassikern der Moderne, denn die Szenen in der Wiener Pension zeugen von überraschender, gar erschreckender Aktualität.
Regie: Henner Kallmeyer
Bühne und Kostüme: Franziska Gebhardt
Dramaturgie: Regula Schröter
Marie: Elena Schwarz
Desiree: Ingrid Noemi Stein
Irene: Michaela Klamminger
Freder: Paul Maresch
Petrell: Mathias Spaan
Alt: Jürgen Heigl
Lucy: Anna Kathrin Rausch
Für Gregor, Bischof im Frankenland zur Zeit der Merowinger, ist die Lüge das schlimmste Übel der menschlichen Natur. Dies trichtert er auch seinem Küchenjungen Leon ein, der sich anbietet, Gregors Neffen Attalus aus der germanischen Kriegsgefangenschaft zu befreien. Leon bezweifelt, dass er Gregors „Weh dem, der lügt!“ in seiner Unbedingtheit entsprechen kann; dennoch versucht er, Atalus unter strikter Einhaltung der Wahrheit zu befreien. Er lässt sich als Koch beim Grafen Kattwald, der Attalus gefangen hält, anstellen, und macht keinen Hehl aus seinem Plan, den Franken zu befreien. Doch gerade diese dreiste Ehrlichkeit führt dazu, dass niemand seine Worte ernst nimmt. Kattwalds Tochter Edrita, die gegen ihren Willen mit dem dummen Galomir verheiratet werden soll, wird zu seiner Verbündeten; sie hilft ihm, Attalus zu befreien, und schließt sich den beiden Männern auf ihrer Flucht von Kattwalds Hof an. Unterwegs stoßen die drei auf eine Reihe von Hindernissen, die es ihnen schwer machen, das bischöfliche Wahrheitsgebot nicht zu verletzen. Schließlich wird Leon eine letzte Prüfung der Wahrhaftigkeit abverlangt: das Geständnis seiner Liebe zu Edrita.
Der junge Regisseur Tobias Kratzer, Preisträger in sämtlichen Kategorien beim Grazer Ring Award 2008, führt mit Grillparzers komödiantisch-philosophischem Märchenspiel zum ersten Mal Regie am Schauspielhaus Graz.
Besetzung:
Bischof Gregor, Graf Kattwald: Franz Xaver Zach
Atalus, sein Neffe: Jan Thümer
Leon, ein Küchenjunge: Florian Köhler
Edrita: Sophie Hottinger
Galomir, ihr Bräutigam: Thomas Frank
Hausverwalter, Schaffer: Franz Solar
Pilger, Fährmann: Dominik Warta
Ein falsch adressiertes E-Mail stiftet den Auftakt für eine "Net-Beziehung", die allmählich außer Kontrolle gerät. Bei Leo Leike landen irrtümlich E-Mails einer ihm unbekannten Emmi Rothner. Aus Höflichkeit antwortet er ihr. Und weil sich Emmi von ihm verbal angezogen fühlt, schreibt sie zurück.
In Milli Bitterlis Performance geht ihr tanzender Körper immer neue Verbindungen mit den verschiedensten Erzählungen ein: Der
einsame Besucher des Mondes räsoniert über den leeren Raum, verwandelt sich in eine kleine Wolke, verschwindet, erscheint in einem neuen Kleid und vollführt einen expressiven Tanz; der gedopte Marathonläufer lässt sich nach Tausenden von Metern entspannt und als Frau auf einem Bett nieder – in größter und blinder Liebe, schwärmend von einem abwesenden Mann.
Es ist der Theaterraum eines Magiers, der jede Chronologie von Ereignissen möglich macht, und es ist der imaginierende Körper einer tanzenden Erzählerin, der jede Behausung zulässt. Die Performerin bietet keine dauerhafte Orientierung an, sie ignoriert vertraute
Erzählstrukturen und gewöhnliche Hierarchien: Es ist ein „Haufen”, die Akkumulation von Fantastischem und Alltäglichem, von dem, was man erlebt, was man liest, was man weiß und fantasiert.
Choreografie/Tanz: Milli Bitterli
Eine Koproduktion von artificial horizon und brut Wien. Mit Unterstützung der Kulturabteilung der Stadt Wien und des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur.
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