Mit einem außerordentlich hohen Niveau und mit Programmen, die sich stets abseits künstlerischer Alltagskost bewegen, konnte das erlesene Festival am idyllischen Ossiacher See seine treue Fangemeinde immer wieder aufs Neue überraschen – wobei in der Fülle des Gebotenen die Kirchenopern als markante Leuchttürme hervorragen. 2009 baut der Carinthische Sommer ganz besonders auf sein Publikum. Die Besucher sollen im Jubiläumsjahr nicht bloß Zeugen großer musikalischer Momente sein, sondern dürfen sich in der Kirchenoper Passion & Auferstehung des britischen Avantgardestars Jonathan Harvey selbst gesanglich einbringen. Die musikalische Verantwortung für die gesamte Produktion obliegt Erwin Ortner. Es musizieren der Arnold Schoenberg Chor und die Camerata Salzburg.
Vielversprechend ist auch der weitere Veranstaltungsreigen. Dem Festival seit vielen Jahren verbundene Künstler wie Rudolf Buchbinder, Heinrich Schiff, Oleg Maisenberg und Robert Holl werden mit attraktiven Werken des klassisch-romantischen Repertoires nach Ossiach kommen, Barbara Bonney ist der Star einer luxuriösen Schöpfung im Haydn-Jahr. Erinnert wird auch an einen weiteren, allerdings weitgehend verkannten Komponisten aus Österreich: Josef Matthias Hauer, der eigentliche Erfinder der Dodekafonie, starb vor 50 Jahren. Spannende Abende im Wechselspiel von Wort und Musik versprechen wiederum Starschauspieler wie Bruno Ganz, Anne Bennent und Karl Markovics.
10. Juli bis 28. August 2009
Bereits zum dritten Mal gastiert Sir Roger Moore beim Festival „Rachlin Presents“ – seine Mission ist alles andere als geheim: Am 9. Juni kann man ihn und seine Musikerfreunde wie Julian Rachlin samt jüngsten Geigenvirtuosen beim Konzert „Violins of the World“ in Pernegg live erleben.
Als ehemaligen Bond-Darsteller kennt ihn wohl jeder. Dass sich Moore seit 1991 als Botschafter für das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen engagiert, ist für ihn Ehrensache. Ein guter Anlass, zu einem Galadinner einzuladen, dessen Erlös UNICEF zugutekommt. Gourmets werden von Starkoch Jörg Wörther verwöhnt!
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Das Klassik-Highlight des Winters.
Idomeneo steht im Mittelpunkt der Mozartwoche 2010. Marc Minkowski dirigiert die Musiciens du Louvre Grenoble; Regisseur Olivier Py lässt eine innovative Opernaufführung erwarten. Bei den Konzerten liegt ein Schwerpunkt auf Werken Mozarts, die im zeitlichen Umfeld des Idomeneo entstanden sind.
Dirigenten wie Nikolaus Harnoncourt, René Jacobs, Sir Roger Norrington oder Christoph Eschenbach sowie Solist(inn)en wie Alexander Lonquich, Gidon Kremer, Andreas Scholl, Angelika Kirchschlager, Jörg Widmann, Annette Dasch oder Christian Tetzlaff werden zu erleben sein. Bei den Orchestern sind mit dem Concentus Musicus Wien oder dem Freiburger Barockorchester einige Originalklangensembles eingeladen; zu Gast sind neben anderen Orchestern außerdem die Wiener Philharmoniker. Artist-in-Residence ist der Pianist Lars Vogt.
22. bis 31. Januar 2010
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Hermann Nitsch, einer der führenden Protagonisten des Wiener Aktionismus sowie international einer der renommiertesten und meistdiskutierten Künstler der Gegenwart, ist heute mit seinen Werken in den bedeutendsten Sammlungen und Museen der Welt vertreten. Mit der Entwicklung seines Orgien Mysterien Theaters provozierte er nicht nur weltweit handfeste Skandale, vielmehr gelang es ihm mit seiner sich auf archaische Strukturen rückbesinnenden Kunst, ein tiefes Interesse an religiösen, rituellen und mythologischen Fragen neu zu entfachen.
Dass der international umworbene Aktionskünstler Nitsch sich nicht nur als ein Meister der Farben, sondern in gleicher Weise auch als Meister der Klänge virtuos zu artikulieren weiß, dafür legt auch sein neuestes musikalisches Opus ein beredtes Zeugnis ab.
Hermann Nitsch: „Musik ist bekanntlich ein wesentlicher Bestandteil meines Orgien Mysterien Theaters. Aber als ich damit begonnen habe, gab es dafür keine adäquate Musik. Also musste ich sie selbst schaffen. Ich begann zunächst einmal, für die orgiastischen Szenen mit Lärm und Geschrei als einer Art archaischer ‚Urmusik‘ zu experimentieren. Später habe ich dann die tibetischen und asiatischen Klangtraditionen schätzen gelernt. Den Weg zu meiner ureigenen Musik habe ich dann über die Begegnung mit John Cage gefunden. Seither weiß ich, worauf es ankommt: dass man nämlich davon ausgeht, einen Klang entstehen, leben und atmen zu lassen. Wenn man die Musik so anlegt, passieren bei den Zuhörern wahre Wunder. Selbstverständlich ist meine intensive Beschäftigung mit dem Giganten Anton Bruckner nicht ohne Folgen geblieben. So war es dann eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, bis ich über meine Orgien Mysterien Theater-Musik zur Symphonie kam.“
Anton Bruckner war es auch, der Hermann Nitsch mit dem exzentrischen Bruckner-Dirigenten und Celibidache-Schüler Peter Jan Marthé zusammenführte. Peter Jan Marthé, der mit seiner Vollendung von Bruckners unvollendeter IX. Symphonie die Musikwelt gespalten hat („Sakrileg oder Geniestreich?“, fragte Die Welt), wird für die Uraufführung der Ägyptischen das 1996 von Yehudi Menuhin gegründete European Philharmonic Orchestra dirigieren.
Es ist vor allem auch ein gemeinsames Element, das Nitsch und Marthé, die zwei radikalen Neudenker der Kunst, verbindet: die Neufindung der Bedingungen, „wann Klänge zu atmen beginnen“.
Während Hermann Nitsch sich sein gigantisches Klanguniversum durch unentwegtes Experimentieren erschloss, erhielt Peter Jan Marthé seine Initiation in die Geheimnisse der Musik in Indien, zu Füßen eines großen Meisters, Ustad Ameer Mohamad Khan. „Sich in Indien der Musik zu verschreiben heißt, täglich um vier Uhr früh damit zu beginnen, einen einzigen Ton eine Dreiviertelstunde zu singen. Monatelang. Entweder du wirst dabei verrückt, oder du machst einen gewaltigen inneren Quantensprung. Seitdem kann ich nicht mehr das Geringste mit dem westlichen Musikbetrieb anfangen, der großteils nur noch ‚Salonkunst‘ hervorzubringen vermag. In der Musik von Hermann Nitsch sehe ich einen Horizont für die zeitgenössische Musik aufleuchten. Begonnen hatte unsere aufregende Zusammenarbeit ja schon 2007 im Bruckner-Stift Sankt Florian, die zu einem wahrhaft außerordentlichen musikalischen Resultat geführt hat (CD Preiserrecords: PR 90746). Es sollte nicht lange dauern, bis mich Hermann Nitsch mit der Ankündigung überraschte, bereits an einer neuen, ‚gewaltigen‘ Symphonie zu arbeiten. Von Anfang an hat mich an Nitsch etwas fasziniert, das er mit Bruckner gemein hat: dass nämlich Musik nicht für ein unverbindliches L’art-pour-l’art-Geplänkel herzuhalten, sondern uns mit unseren ureigensten spirituellen Wurzeln in Verbindung zu bringen hat. Und so freue ich mich ungemein über unsere Zusammenarbeit, da Nitsch für mich zu jenen heute eher raren Kunstschaffenden zählt, die wieder zu den ursprünglichen Wurzeln der Kunst zurückgekehrt sind. So versteht Hermann Nitsch die Kunst als orgiastischen Akt, um über alle Sinne Seinsfindung zu betreiben. Ich bin mir sicher, dass gerade in dieser seiner neuen Symphonie das ganze Weltall in seiner kosmischen Weite, seiner erdigen Tiefe und seiner serafischen Höhe zu tönen anhebt“, meint Peter Jan Marthé. In seinen Gedanken ist er schon längst wieder bei der Erkundung der Klangwelten der Ägyptischen, die alle Zuhörer in außerordentliche Zustände der Seinsfindung versetzen wird.
Nicht zufällig trägt Hermann Nitschs Monumentalkomposition den Titel Die Ägyptische. Inhaltlich wird sie von „dionysischer“ Ekstase ebenso geprägt wie von ruhigeren Passagen als „apollinische“ Resonanz. Sich wellenförmig steigernde Klangfarben und die Ruhe unendlicher Weiten des Klangraums lassen im Zuhörer den tiefen Eindruck der Fülle eines imaginären, ägyptisch-mythologischen Abenteuers expressiv entstehen.
4. und 5. Juli 2009
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Im vergangenen Jahr rief die Videoplattform YouTube ihre Mitglieder auf, an einem Casting für ein eigenes Symphonieorchester teilzunehmen. Jene Glücklichen, die schließlich unter 3000 Bewerber(inne)n ausgewählt wurden, gaben im April 2009 in der New Yorker Carnegie Hall unter der Leitung von Stardirigent Michael Tilson Thomas ein weltweit beachtetes und von Stars wie Lang Lang unterstütztes Konzert. Wiewohl die Kritiken eher mau waren, feierten viele diesen Event als Öffnung der klassischen Musikszene in Richtung breites Publikum. Ähnliche Hoffnungen hegt man bekanntlich auch, was Gustavo Dudamel und sein Simón Bolívar Youth Orchestra betrifft.
Ist die klassische Musik tatsächlich ein „elitäres Programm“? Die Wiener Festwochen und die Wiener Konzerthausgesellschaft widmen sich im Frühjahr 2009 ebenfalls dieser Frage. Das 34. Internationale Musikfest lädt zur intensiven Auseinandersetzung mit dem ambivalenten Begriff der „Elite“ ein. Im Mittelpunkt des Festivals steht natürlich der Jahresregent Joseph Haydn (1732–1809), der sich vor allem dank dem Fürstenhaus Esterházy ungehindert auf sein Schaffen konzentrieren konnte. Und noch lange nach Haydns Zeit war es ein Privileg der Aristokratie und des Bürgertums, klassische Musik zu hören.
Fraglos zur Elite zählen jedenfalls 2009 die im Rahmen des Festivals auftretenden Künstlerinnen und Künstler – sie sind die spannendsten und besten ihres jeweiligen Fachs, wie schon das im Zeichen von Haydn stehende Eröffnungskonzert mit den Wiener Philharmonikern unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt und mit dem Solisten Clemens Hagen beweist. Der weltberühmte Klangkörper wird in der Folge zudem unter den Maestri Daniele Gatti (unter anderem Igor Strawinsky), Pierre Boulez (unter anderem Karol Szymanowski, Alexander Skrjabin; mit dem Violinisten Christian Tetzlaff) und Seiji Ozawa (unter anderem Frank Martin, Felix Mendelssohn Bartholdy) zu erleben sein. Weitere Konzerthöhepunkte sind von den Wiener Symphonikern zu erwarten, die unter Fabio Luisi und Sakari Oramo Werke unter anderem von Jean Sibelius intonieren, oder auch vom phänomenalen Radio-Symphonieorchester Wien unter Bertrand de Billy (unter anderem Arnold Schönberg, Olivier Messiaen, Richard Strauss). Ebenfalls zu erleben sind die Bamberger Symphoniker (unter anderem Schönberg; mit Pierre-Laurent Aimard), das Orchester Les Musiciens du Louvre unter Marc Minkovski, das Freiburger Barockorchester und die Österreichisch-Ungarische Haydn-Philharmonie. Unter den Solist(inn)en finden sich Stars wie Rudolf Buchbinder, Mitsuko Uchida und Maurizio Pollini. Die Neue Musik ist mit Ensembles wie dem Klangforum und dem Ensemble Die Reihe vertreten. Ebenso zu Gast im Konzerthaus sind überdies Stars aus Jazz und World Music wie der Pianist Abdullah Ibrahim und das Michel-Camilo-Trio.
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Durch neue Sichtweisen und unkonventionelle Aktionen ein neues Publikum für Richard Wagner in seiner Geburtsstadt erschließen – so lautet das Credo der im Jahr 2002 gegründeten Richard-Wagner-Gesellschaft Leipzig 2013 e. V. Darum gibt es jährlich im Frühling die Leipziger Richard Wagner Festtage, um den 22. Mai herum, den Geburtstag des Komponisten. Das Programm gibt sich facettenreich.
Als Geburtstagsständchen für Richard Wagner am 22. Mai – ein Höhepunkt der Festtage – erklingen selten gespielte Orchesterwerke von ihm, unter anderem die Polonia-Ouvertüre; dazu Musik von Zeitgenossen wie Felix Mendelssohn Bartholdy, Carl Maria von Weber, Heinrich Marschner, Robert Schumann und Albert Lortzing.
Die „Wagner-Lounge: Late Night“, die am 20. Mai zum dritten Mal stattfindet, bringt mit Universitätsmusikdirektor David Timm am Klavier und Axel Thielmann am Rednerpult sowie Überraschungsgästen Improvisationen und Anekdoten zu Gehör – natürlich auch zum Thema Wagner.
Das Kellertheater der Oper Leipzig zeigt am 22. Mai mit Schauspieler Friedhelm Eberle das Stück Wegen wesentlicher Theilnahme – gemeint ist Wagners Revolutionsteilnahme im Jahr 1848. Und es geht um den wohl berühmtesten Steckbrief der Musikgeschichte, wonach der „Königliche Capellmeister“ Richard Wagner in Dresden amtlich gesucht wird.
Minna Wagner, geborene Planer, war die erste Ehefrau des Komponisten. Im September diesen Jahres ist ihr 200. Geburtstag. Sybille Zehle wird ihre Biografie Minna Wagner – Eine Spurensuche vorstellen. Wer war diese Frau, an deren Seite Wagner alle Werke, von Rienzi bis Parsifal, komponiert oder zumindest konzipiert hat? Die Veranstaltung am 19. Mai ist eine Kooperation mit dem Schauspiel Leipzig.
Zur Eröffnung der 4. Richard Wagner Festtage 2009 am 17. Mai wird auf dem Fockeberg der Grundstein für den Bau eines Festspielhauses gelegt; natürlich mit einem bunten Reigen aus Gesang und Spiel. Bereits 2006 war der Schuttberg im Süden Leipzigs auf den Namen „Grüner Hügel“ getauft worden. Meisterköche des Internationalen Kochkunstvereins 1884 kredenzen dabei auch die „Wagner-Brühe“. Außerdem: Lehmanns Buchhandlung präsentiert eine neue Veranstaltungsreihe unter dem Titel „Wagner bei Lehmanns“ (bei der unter anderen Nike Wagner zu Gast sein wird).
Nicht minder große Pläne hat die Richard-Wagner-Gesellschaft für die nächsten Jahre bis zum 200. Geburtstag im Jahr 2013. Konzertante Aufführungen Wagner’scher Werke stehen dabei im Vordergrund. Begonnen wurde mit dem Fliegenden Holländer und den Meistersingern von Nürnberg – Fortsetzung folgt. Außerdem wollen die Richard Wagner Festtage einen lebendigen Diskurs über Leben und Werk des Komponisten, wenn nicht gar Universalgenies befördern.
PS: Richard Wagner ist Leipziger! Der Komponist, Theaterautor, Theaterregisseur, Dirigent und Welterklärer wurde am 22. Mai 1813 in Leipzig geboren und hat in Sachsen entscheidende Impulse für sein Lebenskunstwerk erhalten. Er wollte die Welt revolutionieren (nicht nur die Musik, wo er es ganz offenkundig erreicht hat). Dazu hat er 1876 Bayreuth geschaffen. (Die Nachgeborenen schufen dann den Mythos dazu.) Richard Wagner starb am 13. Februar 1883 in Venedig. Seine letzten notierten Zeilen in der Betrachtung über das Weibliche im Menschen lauten: „Gleichwohl geht der Prozess der Emanzipation des Weibes nur unter ekstatischen Zuckungen vor sich. Liebe – Tragik.“
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Mit der Ausgabe 2009 soll ein weiterer Schritt in diese Richtung unternommen werden. Die Thüringer Bachwochen finden vom 3. bis 26. April 2009 statt und werden über 30 Veranstaltungen anbieten. In keinem anderen Bundesland gibt es ein so einzigartiges Potenzial an historischen Bezügen zum Leben des Komponisten: Mit Bach-Haus und Taufkirche in Eisenach, der Traukirche in Dornheim, den frühen Wirkungsstätten in Mühlhausen, Arnstadt und Weimar sowie den Häusern der Vorfahren in Erfurt und Wechmar verfügt Thüringen über die Mehrzahl authentischer Bach-Orte. Diese Schauplätze mit Kunst und Kultur zu erfüllen ist eine wesentliche Aufgabe der Thüringer Bachwochen. Traditionell beginnt das Festival mit einem doppelten Paukenschlag: Den Auftakt stellt die beliebte „Lange Nacht der Hausmusik“ dar, in deren Rahmen über 60 Familien im ganzen Land zu Hauskonzerten in ihre Wohnungen einladen. Als Eröffnungskonzert wird die Aufführung von Bachs Matthäus-Passion in der Bach-Kirche Arnstadt präsentiert. Mit dem belgischen Ensemble La Petite Bande unter der Leitung von Sigiswald Kuijken gastiert ein international hoch geschätztes renommiertes Ensemble im Bach-Land Thüringen.
Auch 2009 werden wieder große Pianist(inn)en auftreten: So stellt Martin Stadtfeld seine Interpretation des Wohltemperierten Klaviers vor. Ihm folgt wenige Tage später die venezolanische Pianistin Gabriela Montero. Mit Konzerten etwa der kanadischen Sopranistin Stefanie True und des Ensembles Musica Infinita aus Den Haag, mit dem Leipziger Calmus-Ensemble und dem Cembalisten Vital Julian Frey lässt sich zudem ein guter Eindruck der internationalen Musikszene und ihrer jüngsten Vertreter(innen) gewinnen. Mit einer Neuerung will das Festival seinen Anspruch geltend machen, den Nachwuchs für klassische Musik zu begeistern. Aus diesem Grund soll 2009 erstmals die Reihe „generation bach@ school“ Solist(inn)en mit internationalem Ruf an Schulen führen, um dort Schüler(inne)n Klassik näherzubringen.
Neben genreübergreifenden Veranstaltungen wie Tanz, Jazz oder Kino werden auch die Jubiläen von Felix Mendelssohn Bartholdy und Georg Friedrich Händel gewürdigt. Nur einen Tag nach dem 250. Todestag Händels werden sich in Weimar die Berliner Barock-Solisten und Albrecht Mayer den Werken des Bach-Zeitgenossen widmen. Auch das Mendelssohn-Jahr wird mit zwei Kammerkonzerten gewürdigt: In Erfurt wird das Minguet-Quartett eine Brücke von Bach zu Mendelssohn schlagen, in der Residenzstadt Gotha spielen die Pianistin Liese Klahn und das Iturriaga-Quartett Mendelssohns Klavierquartett h-Moll op. 3.
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Zur Eröffnung durch die Kremerata Baltica steht erstmals und einmalig die neueste Werkhalle des Kristallkonzerns als Konzertsaal zur Verfügung.
Klaviermusik in der ganzen Bandbreite des künstlerischen Ausdrucks prägt das diesjährige Programm von „Musik im Riesen“. Acht internationale Pianistinnen und Pianisten führen dabei durch die Klavierliteratur von der Klassik bis in die heutige Zeit: Der russische Ausnahmepianist Grigorij Sokolov (24. Mai) und die junge rumänische Virtuosin Mihaela Ursuleasa (21. Mai) geben Solokonzerte; Musik für zwei Klaviere beziehungsweise zu vier Händen spielen Dennis Russell Davies und Maki Namekawa am 20. Mai sowie Ferhan und Ferzan Önder am 22. Mai. Darüber hinaus tritt das Klavier in Beziehung zur Stimme und zu anderen Instrumenten: mit Robert Schumanns Liederzyklus Dichterliebe (20. Mai), beim gemeinsamen Auftritt des Baritons Roderick Williams, des Pianisten Till Fellner und des Cellisten Adrian Brendel (23. Mai) und nicht zuletzt im musikalischen Zwiegespräch des Jazzduos Stefano Bollani (Klavier) und Enrico Rava (Trompete) am 22. Mai.
Klassische Werke, Jazz und eine Uraufführung
Inhaltlich reicht die Bandbreite des Festivals, das erstmals auf sechs Tage verlängert wurde, von den großen Werken der Klassik und Romantik über klassische Musik des 20. Jahrhunderts aus ganz Europa bis hin zu Jazzmusik und zu neuesten Werken: Neben der Uraufführung eines neuen Stücks des jungen deutschen Komponisten Tommy Ballestrem, das dieser im Auftrag der Swarovski Kristallwelten komponierte (Fünf Stücke für zwei Klaviere, 22. Mai) stehen auch zwei österreichische Erstaufführungen von Philip Glass (Four Movements for Two Pianos, 20. Mai) und Harrison Birtwistle (When the Bow Strikes, 23. Mai) auf dem Programm.
Eröffnung des Festivals an einem besonderen Ort
Für das Eröffnungskonzert mit der Kremerata Baltica, mit dem „Musik im Riesen“ an den Klarinettenschwerpunkt im vergangenen Jahr anknüpft, wurde ein besonderer Veranstaltungsraum gewählt: erstmals und einmalig eine Werkhalle von Swarovski. Für diesen einen Abend wird die neu errichtete Werkhalle Ost zum einzigartigen Aufführungsort, bevor sie anschließend ihrer geplanten Nutzung übergeben wird. Sie bildet den außergewöhnlichen Rahmen für ein Konzert mit Wolfgang Amadeus Mozarts Klarinettenkonzert A-Dur, Arnold Schönbergs Sextett Verklärte Nacht und Joseph Haydns Symphonie Nr. 83 „La Poule“, mit deren Aufführung die Kremerata dem großen Komponisten im Haydn-Jahr ihre Reverenz erweist.
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Programm-Highlights 2009
Porgy, Bess und Nikolaus
Mit der Produktion der Meisteroper George Gershwins erfüllt sich Nikolaus Harnoncourt einen ganz großen Herzenswunsch. Was kaum jemand wusste: Gleich nachdem die Oper Porgy and Bess 1935 in New York herauskam, lag der vom Onkel postversendete Klavierauszug im Harnoncourt’schen Musikzimmer in Graz. Schon als kleines Kind lernte Nikolaus Harnoncourt so die geniale Musik Gershwins kennen und lieben, wenn sein Vater am Klavier die unsterblichen Nummern von „Summertime“ bis „I Got Plenty O’ Nuttin’“ anstimmte. Jetzt will er in der styriarte darauf zurückkommen, und er hat sich dafür spannendste Partner gesichert.
Eine durchweg schwarze, vorwiegend afroamerikanische Sängerbesetzung, darunter der Neuseeländer Jonathan Lemalu (Porgy) und die Kanadierin Measha Brueggergosman (Bess), das Chamber Orchestra of Europe und der Arnold Schoenberg Chor bilden das musikalische Fundament für fünf konzertante Vorstellungen. Die Premiere am 29. Juni und vier weitere Abende (1., 3., 5. und 7. Juli) werden als exklusive Produktion der styriarte in der Helmut-List-Halle zu sehen sein.
Blickt man zum zweiten Projekt, das Nikolaus Harnoncourt in der styriarte 2009 erarbeiten wird, so landet man bei der Frage nach dem Wert des menschlichen Lebens vor Gott. Mit dem Händel-Oratorium Jephtha (im Stefaniensaal am 18. und 19. Juli) zeigt Harnoncourt, wie Georg Friedrich Händel das unerbittliche alttestamentarische Finale der Geschich-te in einem Akt aufklärerischer Gnade menschlich umdeutet.
Concentus Musicus Wien und Arnold Schoenberg Chor werden dabei ebenso wenig fehlen wie in Harnoncourts dritter styriarte-Arbeit 2009, dem Dettinger Te Deum und dem Dixit Dominus von Händel in Stainz am 11. und 12. Juli. Hier ganz neu bei der styriarte: Emma Bell, Bibiana Nwobilo und Kenneth Tarver.
Jahresregenten
Georg Friedrich Händel starb 1759. Ihm wird im Stefaniensaal ein Fest gewidmet, das die grandiose Academy of Ancient Music unter Paul Goodwin gemeinsam mit den wunderbaren Stimmen von Nuria Rial und Sonia Prina ausrichtet („Ein Fest für Händel“, 4. Juli).
Henry Purcells Geburtstag jährt sich 2009 zum 350. Mal. Seiner gedenkt die styriarte mit mehreren Programmpunkten: Thomas Höft hat dessen Antikriegsstück King Arthur (am 28. und 30. Juni in der Remise Mariatrost) neu übersetzt. In einer konzertanten Fassung werden Schauspieler die gesprochenen Texte auf Deutsch vortragen, die Musiknummern erklingen im englischen Original. Hermann Max und seine Ensembles musizieren. Die blinde Sopranistin Gerlinde Sämann gibt die ebenfalls blinde Figur der Emmeline, in der wie in Porgy die Achtung vor dem gehandicapten Menschen thematisiert wird.
In ganz neuem Klanggewand ertönt eine Suite aus Purcells Fairy Queen, nämlich in einer Fassung für Saxofondoppelsextett, gespielt neben einigen Hits von Gershwin und Dmitri Schostakowitsch von der Selmer Saxharmonic unter Milan Turkovic („The Saxy Queen“, 13. Juli, Helmut-List-Halle). Noch einmal Purcell, diesmal im Originalton: Lorenz Duftschmid packt einige von dessen schönsten Fantasias, Airs und Grounds aus und spielt sie mit seinen Kollegen von Armonico Tributo Austria im akustisch großartigen Minoritensaal („Golden Age“, 17. Juli).
Das Haydn-Jahr 2009 (200. Todestag) wird niemand überhören können. Auch die styriarte feiert im Schloss Eggenberg ein Fest für Haydn (27. Juni) und hat sich dafür Christophe Coins Ensemble Baroque de Limoges eingeladen. Diesem gesellt sich der steirische Drehleiervirtuose Matthias Loibner zu und lässt uns nach 200 Jahren Haydn-Stücke für die Lira organizzata wiederhören. Tags darauf schon kann man den styriarte-Dauerbrenner, das beliebte Quatuor Mosaïques, drei Haydn-Quartette gleich zweimal spielen hören – sicher auch jedes Mal ein Fest („Kaiserquartett“, 28. Juni). Beim Alte-Musik-Festival in Brügge hat sie im letzten Jahr den Fortepiano-Wettbewerb souverän für sich entschieden, 2009 kommt sie nach Graz: Stefania Neonato spielt mit sprühendem italienischem Temperament Werke von Muzio Clementi und Haydn, die dieser der hochtalentierten jungen Pianistin Theresa Jansen auf den Leib geschrieben hatte („Haydn in London“, 5. Juli).
Fehlt noch der Vierte im Bunde: Das zwischenzeitlich aus rassistischer Verblendung auch verschmähte Wunderkind Felix Mendelssohn Bartholdy erblickte vor 200 Jahren das Licht der Welt. Auch ihm zu Ehren feiert die styriarte ein Fest, bei dem dessen Deutung des Schiller’schen Gedichts „An die Künstler“ das Herzstück bilden wird. Das Orchester recreation spielt unter Roy Goodman, Lara St. John überbringt das berühmte Violinkonzert als Geschenk („Ein Fest für Mendelssohn“, 10. Juli). Pierre-Laurent Aimard kommt wieder und bringt seine Schwester mit. Sein Klavier und ihr Cello werden Mendelssohn- und Beethoven-Werke gegenüberstellen („Family Affairs“, 7. Juli).
Orgelwerke aller Jahresregenten 2009 kombiniert Michael Kapsner in einem spannenden Programm, das er an der barocken Sankt Veiter Kirchenorgel am Vogau in gewohnt grandioser Manier exekutieren wird („Halleluja“, 28. Juni).
Black Power
Schon erstaunlich früh gelang es Farbigen, mit ihren außergewöhnlichen Begabungen auf dem europäischen Parkett Fuß zu fassen: Dem gefeierten Violinvirtuosen George Bridgetower verehrte Beethoven ursprünglich seine Kreutzersonate. Das Multitalent Joseph de Boulogne, genannt der Chevalier de Saint-Georges, beeindruckte mit seinen Künsten auf Florett und Geigenbogen und komponier-
te spannende Violinmusik. Anton Steck spielt das furiose Programm am 14. Juli („Black Power 1800“). Der schwarze Angelo Soliman kam im Wien Josephs II.
zu großen Ehren. Erst dessen Nachfahr Franz I. trat die tolerante Aufklärung mit Füßen und ließ Soliman ausgestopft ausstellen. Musik der Freigeister Ludwig van Beethoven und Wolfgang Amadeus Mozart, gespielt vom London Fortepiano Trio, umschließt eine Lesung über das Leben des Mohren aus Wien am 19. Juli.
Jordi Savall
Wunderbar in das Thema der styriarte 2009 fügt sich Jordi Savalls Monumentalprojekt Jerusalem. Verschiedenste musikalische Stränge eint der charismatische Katalane und versucht auf musikalischem Weg, wieder einen Weg der Verständigung zwischen den in Jerusalem bis heute aufeinanderprallenden Kulturen. Er bringt dafür neben seinen eigenen Ensembles auch eine Truppe von Schofarbläsern (Widderhorn) mit nach Graz („Jerusalem“, 25. Juli). An den keltischen Wurzeln Europas gräbt Jordi Savall in seinem Konzert „Zeitreisen“ am 23. Juli, mit schottischen und irischen Jigs, Hornpipes und Reels. Der Ausnahmekönner an der Harfe Andrew Lawrence-King und Pedro Estevan, der zärtlichste Trommler der Welt, graben mit.
Auswärts
Es geht auch wieder aufs Land! Neben Stainz (Konzerte mit Nikolaus Harnoncourt) sucht die styriarte 2009 auch das Freilichtmuseum Stübing wieder auf und trifft dort auf Leute aus vielen Völkern: beim Folk Fest Stübing am Sonntag, dem 5. Juli. Bei der Landpartie im Benediktinerstift Sankt Lambrecht werden wir sehen und hören, unter welchen Umständen Benediktiner den Menschen würdig halten für Gottes Heil. Weit gespannt ist das musikalische Angebot, das wieder für einen Tag und eine Nacht zur Teilhabe am klösterlichen Leben einlädt („Ordo virtutum“, 18. Juli).
Eröffnung
Zum Schluss noch zurück an den Start: Mit Verve werfen sich recreation unter dem Dirigat ihres Nochchefs Andrés Orozco-Estrada an die Gestade Amerikas und erblicken dort Miss Liberty, welche die Fackel der freien amerikanischen Gesellschaft hochhält. Die Musik zu dieser Reise liefern Aaron Copland, Leonard Bernstein, Samuel Barber und George Gershwin. Der Stefaniensaal wird am 26. Juni bei freiem Eintritt beben (Zählkarten à 4 Euro).
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Das Neue ist diesmal ein Kompositionsauftrag für das Monodrama Proserpina an einen der führenden deutschen Komponisten der Gegenwart, den in Karlsruhe beheimateten Wolfgang Rihm. Das Alte ist sehr alt, exakt 277 Jahre, selten auf Opernbühnen zu erleben und somit im Händel-Jahr 2009 ebenfalls ein Muss für alle Opernfreunde: Ezio, die prächtige barocke Anverwandlung römischen Sieges-willens.
Altbekanntes und Neues in kontrastierendem Diskurs findet man nicht nur bei der Opernauswahl. Wie ein roter Faden ist der konstruktive Dialog im gesamten Programm mit seinen verschiedenen Schwerpunkten immer vertreten. So spielen in den Matineen Rising Stars Musik von Felix Mendelssohn Bartholdy und Johann Sebastian Bach, in der Reihe Haydn-Kontraste setzen sich weltbekannte Klaviertrios mit Werken Joseph Haydns und der nachfolgenden Komponistengenerationen auseinander. Das berühmte Emerson String Quartet hat bei seinem Besuch in Schwetzingen ein Programm mit Wiener Klassik und klassischer Moderne im Gepäck. Zwischen den Welten von Klassik, Jazz und Weltmusik kann man bei den „Grenzgängen“ wandeln – mit Percussionsmusik einerseits und einem der bekanntesten Bandoneonsolisten, Juan José Mosalini, andererseits.
Das diesjährige Komponistenporträt ist Jörg Widmann gewidmet: Das Artemis-Quartett spielt Streichquartette Widmanns wie auch Franz Schuberts; Widmann selbst ist an zwei weiteren Abenden auch als Klarinettist zu hören. Mit „Klavierissimo“ geben sich hochkarätige Pianisten wie Radu Lupu, Grigory Sokolov, Arcadi Volodos oder András Schiff in Schwetzingen quasi die Tasten in die Hand. „Schwetzingen Vokal“ lässt mit seinem abwechslungsreichen Programm zwischen Liederabenden und Ensemblekonzerten die Herzen aller Vokalmusik-liebhaber höher schlagen, und Geigenfans kommen bei Konzerten von Baiba Skride oder Leila Josefowicz voll auf ihre Kosten. Den Jubilaren dieses Jahres wird nicht nur in der Reihe „Orchestermusik der Jahrhunderte“ gehuldigt. Last, but not least bestreiten The King’s Singers den krönenden Abschluss der Schwetzinger Festspiele im Rahmen des „Cena Ultima“.
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