„Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ 1929 – Weltwirtschaftskrise. Im Jahr zuvor wurde Brechts Dreigroschenoper zum Welterfolg, weil er das Elend sinnlich machte. Dann las er Gorkis Roman „Die Mutter“ und entwarf 1930 das gleichnamige Drama. Ein Lied daraus wurde als Gedicht sehr bekannt: Lob des Kommunismus. In Gorkis/Brechts Mutter geht es um die beispielhafte Entwicklung einer einfachen Frau zu einer bewussten Revolutionärin. Am 7. Oktober 1949 wurde ein Staat gegründet, in dem alle Bürger diese Entwicklung des Bewusstseins lernen sollten. Das taten sie 40 Jahre lang, bis am 9. November 1989 die Mauer geöffnet wurde. Gelehrt wurde von nun an das Lob des Kapitalismus. 2009 – Weltwirtschaftskrise.
1881 schrieb Ibsen mit einer gewissen Vorahnung der Dinge, die da kommen sollten, an Hegel: „Die Gespenster werden wahrscheinlich in einigen Kreisen Alarm schlagen, aber das mag geschehen. Würden sie es nicht tun, dann wäre es unnötig gewesen, das Stück zu schreiben." Dies entfachte einen Sturm des Abscheus und des Zornes, wie ihn Ibsen in diesem Ausmaß nie zuvor erlebt hatte. Man warf ihm Nihilismus vor, einen Angriff auf die grundlegenden Werte der Kirche, die Verteidigung der freien Liebe und die Verletzung von Tabus wie Inzest und Syphilis. Ibsen hat in Gespenster die Wahrheit über die totenähnliche Erstarrung der Gesellschaft und die bigotte Pflichtfrömmelei vor allem der Kirche schonungslos ausgesprochen und jegliche Illusion bürgerlicher Wohlanständigkeit und Konvention vernichtet. Die Wahrheit ist unerträglich, weil hinter ihr die Erkenntnis steht, das ganze Leben falsch gelebt zu haben. Wer sie schließlich ausspricht, erkauft sich die Freiheit der eigenen Person mit der Vernichtung seiner Umgebung.
Fast haben wir uns schon gewöhnt an die allsommerlichen Katastrophenmeldungen von riesigen, tage- und wochenlang wütenden Waldbränden mit Toten, Verletzten und Schäden in Milliardenhöhe. Meist werden sie verursacht durch anhaltende Dürre- und Hitzeperioden, häufig noch angefacht durch heftige Winde, oft aber überhaupt erst entzündet durch fahrlässiges oder gar vorsätzliches menschliches Verhalten.
Solch eine Zeitungsnotiz von den Bränden in der spanischen Provinz Gaudalajara 2006, damals ausgelöst von jungen Ausflüglern aus Madrid, bei der elf Feuerwehrleute umkamen und große Waldflächen vernichtet wurden, regte die junge Dramatikerin Anja Hilling (33) zu ihrem Stück „Schwarzes Tier Traurigkeit“ an. Herausgekommen ist, so „Der Spiegel“, „eine moderne Tragödie“, ein Stück Bühnenpoesie von archaischer Wucht, das all unser gefährdetes Hier und Jetzt zur Sprache bringt. Bewegend rekonstruieren darin sechs Großstädter – vom sorglosen Picknick bis zum vernichtenden Inferno und zurück in den beschädigten Alltag – fassungslos die dramatischen Ereignisse, die ihr Leben in Schutt und Asche legten.
„Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt.“ Was der junge Handlungsreisende Samsa nach jener Nacht nur ungläubig zur Kenntnis nimmt, wird schnell zur quälenden Gewissheit und körperlichen Realität. Er, der unter seinem Beruf und der Lieblosigkeit seiner Umwelt leidet, kann nun als riesiges Insekt weder zur Arbeit zu gehen, noch macht es in seinem Zustand Sinn, sich der Familie und dem Prokuristen zu zeigen, der eine Erklärung für Gregors Fernbleiben vom Dienst verlangt. Die Tür bleibt zu. Gregor entschuldigt sich. Die angewiderte Familie behält ihn zu Haus. Er vertiert immer mehr, bis die Katastrophe passiert...
Ex - Radiostimme Walter Gellert verzichtet auf kabarettistische Überzeichnung und überrascht das Publikum mit einer sehr witzigen, eigenständigen Interpretation, die das Publikum bereits bei der Premiere im Herbst 2007 überzeugt hat.
Georg, Siggi, Enrico und Klaus arbeiten als Paketboten beim finanziell angeschlagenen Zentralen Kurierdienst in Mittelstädten, einer Stadt in Deutschland, die so ist, wie ihr Name klingt. Sie sind Männer, sie schwitzen, sie arbeiten hart, sie sind ganze Kerle! Mit Travestie haben die vier Kollegen gar nichts am Hut. Ihr Chef, der Filialleiter Frank Köhler, leidet unter der Last seiner beruflichen und privaten Probleme. Die Geschäftsleitung zwingt ihn zum Personalabbau und er muss Georg entlassen.
Köhlers Tochter Lilly ist nach einem Unfall im Wachkoma. Die Ärzte sind hilflos. Einzige Hoffnung bleibt eine kostspielige Delfin-Therapie, die mit Unterstützung des Dolphin-Aid e. V. möglich wäre, aber 12.000 Euro kostet – eine Summe, die er nicht aufbringen kann. Seine Angestellten erfahren durch einen Zufall vom Schicksal der kleinen Lilly und wollen helfen. Doch das Problem ist: Wie?! Ihre Ersparnisse sind eher schmal! Ein Zeitungsartikel über die ausverkauften Gastspiele einer Pariser Travestie-Show bringt ihnen die rettende Idee und sie beschließen spontan: Männer in Frauenklamotten?! Das können wir auch!
Bei ihren geheimen Proben bekommen sie unerwartete Unterstützung von einer rätselhaften Nachbarin. Und schon wenige Tage später sieht man die ganzen Kerle bei ihren ersten Gehversuchen in hochhackigen Pumps und rosa Glitzerfummel bei der schweißtreibenden Tanzprobe. Nach und nach offenbaren sich aber ungeahnte Fähigkeiten und bisher Verborgenes kommt ans Licht.
Einige Verwirrungen und abgebrochene Absätze später kann die Show beginnen, der Vorhang hebt sich – das Scheinwerferlicht erstrahlt und die Pailletten glitzern: Auch als „Ladies“ sind sie ganze Kerle!
Vier Frauen und ein Mann in einem Haus inmitten von Erdbeerfeldern mit Klavier, vielen Blumen und defekten Rohren, voller Nähe und Fremdheit: Ein Leben gegeneinander, miteinander, aneinander vorbei: Andrea wartet, wenn sie nicht zum Spargelstechen oder Erdbeerernten aufs Feld muss, auf ihren Mann. Louise, die alte Frau aus dem Haus, hat Andrea durch die Wasserrohre belauscht und will das Gehörte loswerden. Louise wird gepflegt von einer Rumänin, die sich nach ihrer Heimat sehnt. Allerdings braucht die Rumänin Geld für ihre eigene Familie und muss sich deshalb immer wieder Erikas Vertrauen erkämpfen. Erika ist Louises Tochter, eine erfolgreiche junge Frau. Gefangen zwischen ihrem anstrengendem Beruf mit Karrierechancen und dem Wunsch, für ihre Mutter da zu sein, hat Erika nur noch ein Ziel: Sie will ihren Chef töten.
Es gibt aber ein Geheimnis: Die alte Louise lebt unserer Zeit drei Tage voraus. Sie weiß um die Gefahren, die die anderen in ihrem Haus ereilen werden. Mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln versucht sie, die zukünftigen Geschehnisse abzuwenden. Ein Kampf gegen die Zeit beginnt...
Am 18.11.1978 starben 918 Menschen im Dschungel von Guyana in einem Akt von „revolutionärem Selbstmord“. Die Mitglieder des „Peoples Temple“ tranken vergiftete Limonade und setzten so den Schlusspunkt unter die unfassbare Geschichte der Bewegung um den charismatischen Anführer Jim Jones.
„Ich kann nicht sagen, dass ich glücklich war, weißt du, weil ich nicht dabei war, um glücklich zu sein. Ich war nicht dabei, um auf die schlechten Dinge zu achten. Ich war dabei, um etwas zu geben, weißt du.“
Unter ausschließlicher Verwendung von Originaldokumenten entwirft das Ensemble die vielstimmige Atmosphäre einer anfangs idealen gleichberechtigten Gesellschaft, die zunehmend in Repression und kollektiven Wahn kippt und ihre Mitglieder in den Tod treibt.
Eine Familie in Amerikas tiefster Provinz, im Osage County, Oklahoma, wo die Prärie nicht nur eine Landschaft ist, sondern auch ein seelisches Leiden, ein Bewusstseinszustand wie der Blues. Beverly Weston, Alkoholiker, ehemaliger Schriftsteller und pensionierter Professor der Tulsa University, verschwindet und bringt sich um.
Die erwachsenen Töchter kommen mit und ohne Männer auf den Westonschen Familiensitz, um ihrer krebskranken und tablettensüchtigen Mutter Violet beizustehen. Doch aus dem traurigen Anlass wird eine Schlammschlacht familiärer Konflikte, mit Tränen und Versöhnungen, loderndem Hass, Schreikrämpfen, physischer und psychischer Gewalt, Lügen und Wahrheiten, die keiner hören will. Violet rechnet mit ihren Töchtern ab und diese mit ihrer Mutter. Schritt um Schritt werden in dem Hauen und Stechen alte Geheimnisse gelüftet und Lebenslügen entlarvt. Ein Familienclan zerstört sich selbst. Ganz am Ende bleibt nur Johnna, das schweigsame indianische Hausmädchen, das den amerikanischen Alptraum überlebt.
Doch der Kellner stolpert, das Essen landet auf Axels weißem Anzug, und damit ist das Ritual zerstört – doch von dieser Schrecksekunde an beginnt sein gesamtes Leben in einer großen, wilden Danse Macabre noch einmal an ihm vorbeizuziehen.
„Dieses Stück wurde in einsamen Hotelzimmern geschrieben, bei laufendem Fernseher. Zynischer Realismus und romantische Sentimentalität, die zunehmend den Tonfall unserer Konversation bestimmen, sind auch ein unumgänglicher Bestandteil dieses Stückes. Ich habe mich mit Vergnügen darin gesuhlt und hoffe aufrichtig, dass das Ende der Menschheit nicht schon hinter der nächsten Ecke lauert.“ Jan Lauwers
Eine Produktion der Needcompany. Koproduziert von Festival d’Avignon, Théâtre de la Ville (Paris), Théâtre Garonne (Toulouse), PACT Zollverein (Essen), Cankarjev Dom (Ljubljana), La Rose des Vents (Villeneuve d’Ascq), Automne en Normandie, La Filature (Mulhouse), Kaaitheater (Brüssel), deSingel (Antwerpen).
Mit Unterstützung der flämischen Behörden und dem Kultur 2000 Programm der Europäischen Union.