2003 reiste Henning Mankell für einige Wochen nach Uganda, um mit Aidskranken und deren Angehörigen zu sprechen. Entwicklungshelfer unterstützen die mit ihrem vorzeitigen Tod konfrontierten Eltern dabei, Erinnerungsbücher für ihre Kinder zu verfassen, in denen sie die wichtigsten Ereignisse ihres Lebens festhalten.
Wenn die Kinder noch sehr jung beim Tod ihrer Eltern sind, fehlt ihnen jegliche Erinnerung und sie wachsen ohne eigene Identität auf. Das Erinnerungsbuch ist oft der einzige Lebensbegleiter. Mankell schreibt in seinem sehr persönlichen Text über dieses Projekt und ruft zum Kampf gegen Aids in der Dritten Welt auf.
Wie weiterleben, wenn man von einem Moment auf den anderen aus der Lebensbahn geworfen wird. Wenn der Tod plötzlich nahe rückt? Christoph Schlingensiefs Protokoll einer Selbstbefragung ist ein Geschenk an uns alle, an Kranke wie Gesunde, denen allzu oft die Worte fehlen, wenn Krankheit und Tod in das Leben einbrechen. Eine Kur der Worte gegen das Verstummen – und nicht zuletzt eine Liebeserklärung an diese Welt.
Christoph Schlingensief, geboren 1960, debütierte als Theaterregisseur 1993 an der Berliner Volksbühne mit dem Projekt "100 Jahre CDU-Spiel ohne Grenzen". Schlingensief sorgte mit Filmen, Theaterinszenierungen und Polit-Aktionskunst für Aufsehen. Am Burgtheater inszenierte er zuletzt „Mea Culpa“. Er wurde u.a. mit dem Prix Futura und dem Prix Europa ausgezeichnet.
Als Kommissarin „Klara Blum“ klärt Eva Mattes im Tatort Verbrechen auf. Bei ihrer Lesung aus den berühmten Märchen versucht sie in der Rolle der Schahrasad, Morde zu verhindern. Denn König Schahriyar lässt nach der Hochzeitsnacht seine aktuelle Frischangetraute töten. Schahrasad meldet sich freiwillig zur Ehe. Im Schlafgemach beginnt sie dem Herrscher Geschichten zu erzählen, die vor Phantasie und Spannung nur so strotzen.
Mit Fassbinders Verfilmung Wildwechsel gelang Eva Mattes 1972 der Durchbruch zur preisgekrönten Kultfigur des deutschen Films (Bundesfilmpreise in Gold, Goldene Palme von Cannes). Gleichermaßen gefeiert wurde sie für ihre Hauptrollen in Zadek-Inszenierungen und ihre zahlreichen Filmarbeiten u.a. mit Werner Herzog.
Mithilfe dieses mitreißenden Rhythmus wird keine durchgehende Geschichte erzählt, sondern ein Ausdruck fürs chaotische Ausufern der Welt und der Lust, sich darin zu verirren, gefunden, ohne Zwang eines starren Systems. Die Performance bedeutet Ausuferung – ehrlich, gegenwärtig, kompromisslos - ein Feuerwerk, ein Schwebezustand.
Blasse Gestalten, Särge, Käuzchenrufe: H.C. Artmann spielt mit abgegriffenen Genres und wohlbekannten Sujets und treibt das Klischee mit dem Klischee selber aus. So lässt Artmann den jungen Sir Johann Adderley Bancroft sich mit seiner Verlobten Edwarda Cornwallis auf den Weg zum Grafen Dracula machen. Wenig später werden Bancroft und Edwarda Zeugen allerseltsamster Hochzeitsbräuche. So wird die Tochter des Bürgermeisters im Fledermaussalon des Dracula-Schlosses auf ein Streckbett geschnallt, ein junger Jäger wird tot und blutleer im Wald aufgefunden, neben ihm ein Postbote. Ebenfalls blutleer. Und was mit Edwarda, Bancrofts scheuer Verlobten, geschieht - man muss es hören, um es zu glauben.
»Dracula, Dracula«, erstmals erschienen 1966, wird vorgetragen von Erwin Steinhauer. Die von Georg Graf und Peter Rosmanith komponierte, und auf zahlreichen Perkussions- und Blasinstrumenten interpretierte Musik, bezieht ihre Einflüsse aus osteuropäischer Volksmusik, dem Jazz, Ambient- und der Minimalmusic.
Musik und Literatur ergänzen sich zu einem akustischen Film. Die Musik verdichtet, interpretiert und erweitert den Text, schafft neue Hör-Räume. Aus Sprache und Musik entsteht eine »Symphonie des Grauens«.
Manfred Lukas-Luderer liest Kärntner Mundart von Günther Steyrer, Arnold Ronacher und Wilhelm Rudnigger, eingebettet in jazzige „Kärntner Ansichten“ der beiden Musiker Thomas und Ernst Wallisch und Auszüge aus der gemeinsamen CD „Koschat Balladen“.
Als scharfzüngiger Globalisierungskritiker, als „Stimme der Armen
und Schrecken der Mächtigen" ist Jean Ziegler einer der letzten zornigen
Linken, der unermüdlich Elend, Unterdrückung, Menschenverachtung
und die Arroganz der Reichen als Resultat eines global agierenden
Kapitalismus und einer „mörderischen Weltordnung" anprangert.
In seinem neuen Buch, für das er mit dem Literaturpreis für Menschenrechte ausgezeichnet wurde, diagnostiziert er wachsenden
Hass der Armen und Entrechteten auf den Westen.
Jean Ziegler ist Soziologe, Autor, UN-Sonderberichterstatter, Vorsitzender des UN-Menschenrechtsrats.
Michael Köhlmeiers Erzählungen beginnen oft mit einem schlichten Satz, und doch ist man sofort mittendrin: „Ich habe einen Fehler begangen, einen empfindlichen.“ Es geht in diesen Geschichten nicht um die großen Themen, nicht um die letzten Dinge, es geht um das, was nebenbei und zwischendurch passiert.
„Ein freier Nachmittag“, „Unterhaltungen in der Küche“ – davon erzählt Michael Köhlmeier meisterhaft, und irgendwann kommt dem Leser der Verdacht, dass es vielleicht doch das ganze Leben ist, von dem hier erzählt wird, unser Leben, das nebenbei und zwischendurch passiert.
Der Autor, 1949 in Hard am Bodensee geboren, lebt als freier Schriftsteller in Hohenems (Vorarlberg) und Wien. Sein Roman „Abendland“ hat Kritiker wie Leser begeistert; mit dem nun im Verlag Deuticke erschienenen Erzählband können Sie sich überzeugen, dass Michael Köhlmeier immer schon eines war: der Meister der kleinen Form.
Luc Bondy hat mit seinem ersten Roman (Paul Zsolnay Verlag) ein ungeheuer charmantes Capriccio geschrieben. Kunstvoll changiert es zwischen der Gegenwart des Erzählers und den unterschiedlichen Vergangenheiten, wobei der Autor keine Zweifel off en lässt, wo es sich besser lebt.
Nach einem Sanatoriumsaufenthalt ist Donatey in seine Zürcher Wohnung zurückgekehrt. Es quält ihn nicht nur die Stange im Rückgrat, die seine Wirbelsäule stabilisieren soll, sondern auch die Befürchtung, von Seraphine, seiner jüngeren Freundin, verlassen zu werden. Er trinkt Kaffee, raucht, blickt aus dem Fenster und erinnert sich: an die Jahrzehnte, die er als Assistent eines berühmten Regisseurs im Theater verbrachte; an die Großeltern, Offenbacher Juden, denen im letzten Moment die Emigration gelang; an Mathild, seine Mutter, die sich bis zu ihrem Tod weigerte, über die genauen Umstände der Flucht zu berichten; an Freunde wie den für seine zierlichen Gegenstände berühmten Bildhauer Ingo Licht oder an Piotr, den Pariser Anwalt kaukasischer Herkunft.
Luc Bondy, einer der führenden Bühnenregisseure der Welt und Intendant der Wiener Festwochen, wurde 1948 in Zürich geboren und hat bereits mehrere Werke veröffentlicht.
Bonhoeffer wurde nur 39 Jahre alt. Und doch hat kaum ein evangelischer Theologe des 20. Jahrhunderts so tief in Kirche und Gesellschaft hinein gewirkt wie er. Sein leidenschaftlicher Protest gegen die Nationalsozialisten, seine aktive Rolle im Widerstand gegen Hitler, seine Bücher und sein Märtyrertod finden weit über die deutschen Grenzen hinaus Beachtung.
Straßen und Schulen, Kirchen und Gemeindehäuser tragen heute seinen Namen. Ein Kino-Film erzählt seine Geschichte.
Mit den in der Haft entstandenen Texten und Briefen Bonhoeffers liest Klaus Maria Brandauer Dokumente der Standhaftigkeit, Weisheit und Zuversicht unter drückendsten Verhältnissen. Musikalisch begleitet wird er dabei von einem großen Virtuosen der Gegenwart, dem vielfach ausgezeichneten britischen Geiger Daniel Hope.