Eine irische Familiengeschichte: Drei Schwestern, ihr Vater und ihre Großmutter leben zusammen in einer kleinen Provinzstadt. Die Mutter ist vor fünfzehn Jahren weggegangen und noch immer ist die Lücke, die sie hinterlassen hat, groß und für alle schmerzlich. Lily, die Großmutter, sieht mit Vorliebe Filmklassiker im Fernsehen an, stellt dabei aber den Ton aus. Und sie träumt davon, noch einmal einen Liebhaber zu haben. Nach Liebe sehnen sich auch die anderen Familienmitglieder, nach Liebe und nach Anerkennung.
In diesen Haushalt kommt John, ein Schauspieler, der den irischen Schriftsteller William Butler Yeats in einem romantisierenden Film verkörpern soll. Auch John hat seine Mutter verloren und sowohl Lily als auch Rose, die mittlere Schwester, fühlen sich zu dem attraktiven Schauspieler hingezogen. Judith, die älteste und ernsthafteste Tochter, fährt nach London, um ihre Mutter zu besuchen und kehrt bitter enttäuscht zurück. Und Patrick, der Vater, zeigt in seinen Whiskeyräuschen oft überraschend zynischen Scharfsinn.
Die junge britische Schauspielerin und Autorin Rebecca Lenkiewicz hat mit Gezeiten der Nacht ein bezauberndes Stück über das Trauma einer Familie geschrieben, von der Mutter verlassen worden zu sein. Wie sich die unterschiedlichen Gefühlswelten ihrer Figuren, die sich der uneingeschränkten Sympathie des Zuschauers sicher sein können, in ihrer Sprache spiegeln und sich zu einem sensibel portraitierten und fein arrangierten Drama über Abschied, Liebe und Aufbruch verdichten, zeugt vom großen Talent der jungen Autorin, deren erst zweites Stück bereits am Londoner National Theatre uraufgeführt wurde. Das Vorarlberger Landestheater zeigt Gezeiten der Nacht als Österreichische Erstaufführung.