Im Christlichen steht der Tod des Menschensohns im Zentrum. Heute kann man es auch als emotional bedrängendes, nicht nur religiös erlebbares Bild der Zerstörung unserer Kultur in beliebig verblödendem Spaß einer Massengesellschaft sehen, in der sich jeder als König fühlt - trotz des terrorisierenden Stresses, im Lebenskampf um Wachstum und Mehrwert. Weiter noch: Wir sehen heute in dieser Klage auch den möglichen Verlust der Welt insgesamt. "Jerusalem, convertere ... kehre um zu deinem Gott", klingt es in den alten lateinischen Liturgien am Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag immer wieder. COUPERINs und LAMBERTs "Lesungen im Finsteren" (Leçons de Ténèbres; 1689 und 1714) sind in ihrer Schönheit ein besonderer Fall von Angstverdrängung in der Harmonie des Rituellen. Als Gegenbild bieten wir in unserer Einstimmung Luigi Nonos letzte Musik an (1989: Du weißt nicht den Weg - aber du mußt gehen. träumend.).
Le Poème Harmonique
Ltg: Vincent Dumestre
COUPERIN Leçons de Ténèbres (1714), LAMBERT Miserere (1689)
19.15 Uhr Einstimmung: Verlust, Klage
musik+:
»Das Geräusch, das denkt.«
La musique, c’est du bruit qui pense (Musik ist das Geräusch, das denkt), meinte einst der französische Poet und Romancier Victor Hugo. Für die Reihe musik+ wurde dieser feinsinnige Gedanke Hugos als Leitsatz in die Programmierung aufgenommen.
Entstanden ist musik+ aus dem Wunsch, dieses denkende Geräusch von den ihm anhaftenden Ketten der üblichen Gewohnheiten zu befreien und es in jene Verbindungen zu stellen, die Musik immer schon hatte.
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