Im 19. Jahrhundert war es üblich, die gewaltigen Partituren der beliebten Opern sozusagen „für den häuslichen Gebrauch“ einzurichten. Solche Bearbeitungen, in denen das Klavier an Stelle eines großen Orchesters steht, trugen ganz wesentlich dazu bei, Werke wie Fidelio bekannt zu machen. Auf diese Weise hat sich auch mit der Musik von Beethovens Oper die Hymne auf die eheliche Treue in den Hauskonzerten des Biedermeier verbreitet.
In dieser Situation nimmt Jochen Ulrichs Ballett seinen Ausgang. Von hier aus bricht Leonore auf, um als Mann verkleidet ihren Gatten aus dem Gefängnis der Jakobiner zu befreien. Mit ihrem Weg kippt die Wohnzimmeridylle in die Ausweglosigkeit eines Staatsgefängnisses im Spanien des 18. Jahrhunderts. Hier entwickelt die Choreographie innere Bilder vom Aufleuchten einer Sehnsucht nach Freiheit und Glück, die ständig stärker werden. Durch die Klavierfassung bleiben dabei die Gefühlsausbrüche zurückhaltender und ereignen sich umso mehr im Körper der Tänzer.