An ihrem fünfzehnten Geburtstag erfüllt sich der Fluch einer bösen Fee: Die Prinzessin sticht sich an einer Spindel und fällt in einen hundertjährigen Schlaf. Diesen Schlaf umgeben, im Überlieferungsprozess dieses Märchens durch die Jahrhunderte, viele Geheimnisse. Ganz sicher ist er der Weg ins Innere, zur Sammlung und zum Aufbau der Kräfte, die zum Erwachsenwerden nötig sind. In den frühen französischen Fassungen steht er sogar für die Schwangerschaft, für das Wachsen neuen Lebens also.
Aus der Spannung zwischen Außen- und Innenleben bezieht auch die Partitur Tschaikowskys ihre Kraft. Sie beschwört den Glanz der höfischen Feste zu den Geburtstagsfeierlichkeiten bei Hofe und daneben die Visionen der Reise ins Innere.
Bei der Erzählung dieses Märchens soll dem Stoff seine angeborene Vielfalt und Lebendigkeit zurückgegeben werden, die in gleichem Maße unterhalten und irritieren soll, denn nicht zuletzt darin besteht wohl auch ihre ungebrochene Überlebenskraft.
Tschaikowsky hat mit der Komposition von Dornröschen ein Nummernballett in der Form des barocken Balletts zu Zeiten König Ludwigs XIV. am französischen Hof geschaffen. Das Werk ist repräsentativ für die Blütezeit von Tschaikowskys kompositorischem Schaffen. Die Uraufführung fand am 16. Jänner 1890 am Mariinski-Theater in Sankt Petersburg statt. Marius Petipa war für das Libretto und die Choreographie verantwortlich.