De Rore, geboren in Ronse, war die zentrale Figur bei der Entwicklung eines Kompositionsstils, der alles in den Dienst einer humanistischen Textausdeutung stellte – und das bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Kein Wunder, dass kein Geringerer als Claudio Monteverdi De Rore in seinen Briefen als sein Vorbild bezeichnet. Die ganz Großen der Spätrenaissance und des Frühbarock – Vecchi, Monteverdi, Zarlino, De Wert –, sie alle haben De Rore als Beispiel vor Augen. Komponisten wie Alessandro Romano (im Jahr 1565) und Barnaba Cerbo (1574) gaben ihren Madrigalsammlungen den Untertitel „Ad imitatione di Cipriano“.
Wenn ein Werkkatalog das Prädikat „Renaissance“ zur Gänze verdient, dann ist es sicher das Œuvre von Cipriano de Rore. Sowohl seine Kenntnis der antiken Kunst und Literatur als auch seine oftmals eigenwilligen, Aufsehen erregenden und bahnbrechenden Kompositionen sowie der zeremonielle Duktus vieler Werke machen De Rore zum musikalischen Erasmus des 16. Jahrhunderts. Cipriano gab den Sängern des 16. Jahrhunderts einen neuen Auftrag: ein tief greifendes Nachvollziehen und Sich-Einfühlen in die Texte – ob es nun es in lateinischer, italienischer oder französischer Sprache war.