In einer Widmung an den lieben Gott entschuldigte sich der Komponist vorsorglich damit, dass er ja eigentlich für die Opera Buffa geboren sei: „Du weißt es wohl! Ein bisschen Können, ein bisschen Herz, das ist alles. Sei also gepriesen und gewähre mir das Paradies.“ Wo aber wäre dieses christliche Utopia in der Gegenwart zu suchen? Wie kann man aus der säkularen Gesellschaft des Hier und Jetzt noch dorthin gelangen? Und wie trifft man jenen Ton, den Rossini als augenzwinkernde Abgrenzung vom Charakter der Missa solemnis einst als semi seria – halb ernst, halb heiter – beschrieben hat?
Mit Gesang, Tanz, Schauspiel, Slapstick und Tragikomik erforschen die Ganzkörperpoeten von Nico and the Navigators Rossinis Oratorium semi seria. Sie entführen in die Welt eines religiösen Agnostikers voller zarter Gefühle und ironisch funkelnden Humors. Die sparsame Instrumentierung der Originalfassung bietet ideale Voraussetzungen für ein Konzert der Körper, das nach der Erlösung in Fesseln fragt – also nach jener paradoxen Erfahrung, wie man sie auch in der fest gefügten und zugleich unendlich befreienden Musik Rossinis finden kann. Das Allerheiligste trifft das Allermenschlichste – musique sacrée oder sacrée musique. Nachdem sie sich in Bregenz bereits mit Schubert (Wo Du nicht bist, 2006), und Händel (Anaesthesia, 2009) beschäftigt haben, ist es diesmal Rossini, der den Berliner Künstlern Anlass für ihre poetische Recherche gibt.
Einführungsvortrag jeweils eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn.