An diesem Feiertag wird die SS-Uniform aus dem Schrank geholt und der Sekt geöffnet. Beim Betrachten der alten Fotoalben aus dem Lager erinnert man sich vergangenheitsselig an das private Glück von damals. Vera und Rudolf verbindet eine inzestuöse Notgemeinschaft, sie begreifen sich verschwörerisch als unzerstörbares Bollwerk des Nationalsozialismus. Clara, seit einem amerikanischen Bombenangriff an den Rollstuhl gefesselt, hinterfragt zwar das faschistoide Gedankengut der ewig Gestrigen, ist aber den Ritualen und Phantasien ihrer Geschwister wehrlos ausgeliefert…
Anlässlich der Diskussionen in Deutschland um die Kriegsverbrechen des SS-Marinerichters und späteren Ministerpräsidenten Hans Karl Filbinger, verfasste Thomas Bernhard 1979 Vor dem Ruhestand mit dem Untertitel Eine Komödie von deutscher Seele. Das Stück vergegenwärtigt auch, wie skandalös der Autor die damalige politische Normalität in Österreich empfand. Schonungslos legt er die tiefliegenden Gründe für das Fortbestehen des Faschismus frei und analysiert die psychologischen Konstellationen innerhalb eines Familiengefüges, die derart menschenverachtende Ideologien ermöglichen. Bernhards poetisch verdichtete Abrechnung ist angesichts der neonazistischen Bewegung im heutigen Europa von erschreckender Aktualität.