Die erste Ausstellung des Jahresprogramms 2023 des Kunstraum Niederoesterreich taucht in die chaotischen Welten der sogenannten „Virosphäre“ ein. Zugegeben, damit liegt der Finger in eine tiefe, noch offene Wunde. Haben denn nicht alle erst schmerzlich die zerstörerischen Kräfte von Viren zu spüren bekommen? Tatsächlich haben diese Erreger gemeinhin keinen guten Ruf: Auf nahezu unbändige Weise mutieren und infizieren sie, nisten sich in Wirtszellen ein, um sich sodann rasant zu vermehren.
Und doch: Ohne Viren ist Leben auf diesem Planeten nicht denkbar, auch kein menschliches. Diese organischen Strukturen verhalten sich wie der „Klebstoff“ unserer Beziehungsgeflechte mit menschlichen und mehr-als-menschlichen Lebewesen. Durch sie gehen unsere Körper symbiotische Beziehungen mit Pilzen, Insekten, Bakterien und anderen Organismen ein, die uns untrennbar mit einem offenen System vereinen, das der Mensch nicht kontrollieren kann. Viren mit ihren disruptiven Eigenschaften lassen uns etablierte Lebensformen hinterfragen, queeren und erweitern sie. Damit eröffnen sie uns einen Vorstellungsraum, in dem emanzipatorische, hybride Lebensformen imaginiert werden können.
Die Gruppenausstellung Matrix Bodies ist ein Versuch, diesen Vorstellungsraum im Kunstraum Niederoesterreich temporär zu manifestieren. Matrix Bodies versammelt Arbeiten von den Künstler:innen Eglė Budvytytė, Seba Calfuqueo, Caterina Gobbi, Nona Inescu, Joséfa Ntjam und Sophie Utikal, die die Untrennbarkeit von Mensch und Natur beleuchten und von dort aus über transkorporeale, chimärische posthumane Lebensformen spekulieren. Sie schmieden emanzipatorische Strategien für nicht-binäre, großzügigere und vibrierende Zukünfte, beleuchten die multiplen Interdependenzen und fluiden Übergänge zwischen verschiedenen Organismen.
Eintritt frei
Die Ausstellung bildet den Auftakt von Sensing the Heat. Unter diesem Motto ist das diesjährige Jahresprogramm des Kunstraum Niederoesterreich verschiedenen sozialen und politischen Aspekten der ökologischen Krise gewidmet.