Vorspiel
Der reichste Mann von Wien, ein Mäzen ohne rechten Kunstverstand, in kulturellen Belangen mehr Gourmand als Gourmet, will die Gäste einer Soiree in seinem Palais durch ein besonders üppiges Angebot verwöhnen: zuerst ein opulentes Mahl, dann die Premiere der neuen Oper "Ariadne auf Naxos", darauf ein "Singspiel in der italienischen Buffo-Manier", schließlich punkt neun Uhr ein krönendes Feuerwerk. Der Haushofmeister läßt den beteiligten Künstlern diese Abfolge ausrichten. Die Vertreter der seriösen Gattung, vorab der Musiklehrer und der junge Komponist des Auftragswerkes, sind über das komische Nachspiel empört. Das Komödiantenquintett hingegen findet sich mit der Situation leicht ab, zumal der Tanzmeister ihnen den größeren Publikumserfolg voraussagt. Als man sich eben zum vorgesehenen Beginn anschickt, läßt der Hausherr über seinen arroganten Vertreter eine neuerliche Sinnesänderung bestellen: Die beiden gegensätzlichen Stücke sollen nicht hintereinander, sondern in geraffter Form gleichzeitig über die Bühne gehen. Denn der Geldprotz findet den mythischen Schauplatz einer wüsten Insel armselig und geschmacklos, daher soll das Personal aus der Posse diesen unerfreulichen Mangel vergessen machen. Der Musiklehrer ist ratlos, der labile Schöpfer der Oper verzweifelt an der Welt. Die Primadonna und der Tenor wollen gar nicht auftreten und beruhigen sich erst, als sie hören, daß bei der neuen Fassung nur die jeweils andere Rolle gekürzt wird. Der findige Tanzmeister erklärt seiner Truppe kurz die Handlung der Oper und empfiehlt einen improvisierten Einstieg bei passender Gelegenheit. Sogar den irritierten Komponisten kann er mit dem Hinweis auf die Laufbahn seiner Vorbilder vorübergehend beruhigen. Doch die trivial-frivolen Worte, mit denen Zerbinetta ihren Partnern den Ariadne-Stoff erklärt, erregen ihn neuerlich. Aber mit äußerster Raffinesse vermag ihn die hübsche Kokette zu umgarnen: Auch sie könne einem Mann treu bleiben, wenn ihr nur erst der richtige begegne . . . In leidenschaftlicher Euphorie bekennt sich der junge Künstler zu seiner "heiligen Musik" und sieht das Leben plötzlich in leuchtenden Farben, ehe ihn das grelle Auftreten der Komödianten in die Realität zurückholt. Die Ereignisse nehmen indessen ihren Lauf, und dem Komponisten bleibt nur der Vorwurf an seinen Lehrer: "Wer hieß Dich mich zerren . . . in diese Welt hinein? Laß mich erfrieren, verhungern, versteinen in der meinigenl"
Die Oper
Die von Theseus auf der Insel Naxos verlassene Königstochter Ariadne will in ihrer tiefen Trauer nur noch vergessen und erwartet sehnsüchtig den Tod. Die drei Naturgeister Najade, Dryade und Echo kommentieren ihren trostlosen Zustand. Da schalten sich Zerbinetta und ihre Verehrer ein. Doch das aufmunternde Lied des Harlekins verfehlt seine Wirkung. In einem großen Monolog nimmt der Todeswunsch Ariadnes visionäre Gestalt an. Wieder treten die Komödianten auf: "Es gilt, ob Scherzen, ob Singen tauge, von Tränen zu trocknen ein schönes Auge." Und Zerbinetta versucht in einer Bravourarie den Trost von Frau zu Frau ("Wer ist die Frau, die es nicht durchgelitten hätte? Verlassen! In Verzweiflung! Ausgesetzt!") und verkündet, als sich Ariadne in ihre Höhle zurückgezogen hat, ihr eigenes Lebensprinzip des ständigen Wandels: "Als ein Gott kam jeder gegangen, und sein Schritt schon machte mich stumm ... Dann spielt sie in einer Stegreifkomödie ihre Anbeter, den einfältigen Brighella, den verwegenen Scaramuccio und den täppischen Truffaldin, gegeneinander aus und schenkt Harlekin ihre Gunst.
Da verkünden die Naturgeister eine neue Wendung. Der junge Gott Bacchus hat sich aus den Armen der Zauberin Circe gelöst und naht auf seinem Schiff. Sein Anblick läßt Ariadne zuerst an ihren Geliebten Theseus, dann an den Todesboten Hermes denken. Doch Bacchus verheißt ihr an seiner Seite eine glückliche Zukunft: "Ich sage Dir, nun hebt sich erst das Leben an für Dich und mich!" Was den Künsten der Circe mißlungen war, erlebt er jetzt an sich als wunderbare Verwandlung im Gefühl erster Liebe: "Du! Alles Du! Ich bin ein anderer, als ich war! Der Sinn des Gottes ist wach in mir ..."
Und als Ariadne an seinem Arm ihrer Bestimmung folgt ("Laß meine Schmerzen nicht verloren, bei Dir laß Ariadne sein!"), macht sich Zerbinetta aus der Kulisse ihren zweideutigen Reim: "Kommt der neue Gott gegangen, hingegeben sind wir stumm!"