Die jahrhundertealte Volkssage vom Freischützen, 1810 aufgeschrieben von August Apel und veröffentlicht im Gespensterbuch, dort entdeckt von Carl Maria von Weber und in Form der Oper künstlerisch verarbeitet, bekam mit dem BLACK RIDER ein zeitgemäßes Update.
Robert Wilson, William S. Burroughs und Tom Waits schufen eine kongeniale Neuerzählung des Stoffes, die schon mit ihrer Erstaufführung 1990 bei Zuschauern einen umjubelten Erfolg feierte – und bei Kritikern zunächst für Misstrauen sorgte: Kann denn wirklich gut sein, was so viele Menschen so sehr begeistert? Von Gefallsucht war die Rede, von Getöse, Wilson laufe der Liebe des Publikums nach – und das sagt viel aus über die damalige Kluft zwischen Feuilleton und Theatergänger.
Dem Siegeszug von THE BLACK RIDER rund um die Welt tat die Skepsis der Kritik ohnehin keinen Abbruch: Der Text von Burroughs, der einst selbst einen Pakt mit dem Teufel Drogen eingegangen war und dafür büßen musste, als er schließlich im Rausch seine Frau Joan Vollmer erschoss. Die Musik von Tom Waits, die emotionale Tiefe und viel Vaudeville-Flair beisteuert. Die künstlerische Vision des Robert Wilson, der alle Disziplinen detailversessen zusammenführte: Das sind die Zutaten für ein Spektakel, das, bei aller mitreißenden Dynamik, auch für uns sehr relevante Lebensfragen berührt.
Hätte Wilhelm sich nicht seinem tragischen Schicksal entziehen können, wenn er sich nur gegen die Verhältnisse gestemmt hätte? Musste er sich den Regeln, den stumpf repetierten Riten der Forsthaustradition, so mut- und kampflos fügen? Und hätte nicht Widerstand seine Liebe und sein Leben retten können?