Die junge Blanche leidet seit ihrer Kindheit unter Angstzuständen. Durch den Eintritt ins Kloster der Karmeliterinnen hofft sie, Ruhe vor den Revolutionswirren und ihren Panikattacken zu finden. Doch die Revolution macht auch vor dem geschützten Ordensleben nicht halt: Um sich gegen das Verbot der Religionsausübung zu stellen, beschließen die Schwestern den Märtyrertod. Von neuer Angst gepackt flieht Blanche, doch die Kompromisslosigkeit, mit der ihre Mitschwestern in den Tod gehen, gibt ihr Kraft, die eigene Angst zu überwinden. Sie folgt ihnen aufs Schafott.
Francis Poulenc, der Sohn einer Pianistin, gehörte der Groupe de Six an, einer Gruppe junger Komponisten in Paris, darunter Milhaud und Honegger, die sich gegen den in Frankreich immer mehr zunehmenden „Wagnérisme“ abgrenzte. In den dreißiger Jahren wandte er sich, tief getroffen vom Unfalltod seines Freundes, dem Katholizismus zu, und schrieb eine Reihe geistlich geprägter Werke. Die Musik Poulencs, den ein Kritiker einmal treffend als „eine Mischung zwischen Mönch und Lausbub“ bezeichnete, ist in dieser Oper ganz auf die Darstellung der inneren Vorgänge der Figuren gerichtet. Das Geschehen läuft nahezu ausschließlich in Gesprächen ab, wobei Poulenc, der sich selbst mit der Figur der Blanche identifizierte, weitgehend tonale, melodische Kantilenen, Jazzelemente und raffinierte Harmonik verwendet, die die Musik ungeheuer interessant, eingängig und unverwechselbar machen.
BLANCHE: JE SUIS NÉE DANS LA PEUR, / J’Y AI VÉCU, J’Y VIS ENCORE, / TOUT LE MONDE MÉPRISE LA PEUR, / IL EST DONC JUSTE QUE JE VIVE AUSSI DANS LE MÉPRIS. (ICH WURDE IN ANGST GEBOREN, / ICH LEBTE IN ANGST, UND LEBE NOCH IMMER DARIN, JEDER VERACHTET DIE ANGST, / ES IST ALSO RICHTIG, DASS ICH AUCH IN VERACHTUNG LEBE.)