Es sind erzwungene oder freiwillig erbrachte Opfer, zu mythischer Zeit, als sich die Götter noch in irdische Angelegenheiten einmischten, und im 20. Jahrhundert, als es für göttliche Intervention zu spät war und das Schicksal der Opfer nur noch Reportagestoff lieferte.
(A)pollonia sieht Opferung im Kontext von Verantwortung, in einer Welt, die die Tragödie ironisiert und entmystifiziert und zu einer ausschließlich zwischenmenschlichen Angelegenheit werden lässt. Sie verdeutlicht, was sich wirklich ereignet hat, als Iphigenie, Alkestis und Apolonia, die während des 2. Weltkriegs Juden das Leben rettete, jede ihr leises „Ja“ sagten und bereit waren, ihr Leben zu opfern. Der Autor und Regisseur montiert Texte von Aischylos, Euripides, der polnischen Journalistin Hanna Krall, J. M. Coetzee, Jonathan Littell, Rabindranath Tagore und anderen. Er zeigt ein Defilée des Todes, an dem nicht nur Menschen, sondern auch Götter und Heroen, Opfer und Henker, Schauspieler und Zuschauer teilnehmen. Er zerstört unerschütterliche Überzeugungen zum Thema Opferung: Soll dieser feierliche Akt keine Zweifel hervorrufen? Was, wenn eine Opferung andere Opfer mit sich zieht? Kann diese Prozession überhaupt aufgehalten werden?
Eine Premiere im deutschsprachigen Raum in der Halle E im MuseumsQuartier!
Im Jahr 2008 wollte er mehr über das neue Russland erfahren und schlug dem Theater der Nationen vor, zehn dieser Meistererzählungen auf die Bühne zu bringen. Hermanis’ Theatersprache kennend kam diese Wahl für die Moskauer Schauspieler sehr überraschend. Der Bruch ist gewollt. Hermanis akzentuiert in seiner stimmungsvollen Inszenierung, die bei den Festwochen erstmals außerhalb von Russland zu sehen ist, den Zusammenprall zweier völlig verschiedener Welten: hier ein Staraufgebot hinreißender junger Schauspieler, allesamt Bewohner der aufstrebenden Megapolis Moskau, auf der anderen Seite die poetische Welt des einfachen, provinziellen Russland.
Und mittendrin Hermanis selbst. Seine Perspektive ist die eines Ausländers, obwohl zu gleicher Zeit im gleichen Land, der Sowjetunion, geboren. Gemeinsam mit der Fotografin Monika Pormale unternahm er eine Forschungsreise in den Geburts- und Arbeitsort Schukschins. In Srostki, gelegen im Altaigebirge nahe der kasachischen Grenze, fotografierte die Künstlerin Menschen an den Originalhandlungsorten der Erzählungen. Sie schuf daraus großformatige Bühnenprospekte, die das Spiel in eine Szenerie aus Sein und Schein versetzen.
Eine Premiere im deutschsprachigen Raum in der Halle G im Museumsquartier!
Wer betrügt hier wen? Wer weiß was? Wer zieht die Fäden? Die Frau, die ihren Mann mit dessen bestem Freund betrügt? Der beste Freund? Oder der scheinbar Betrogene? Meisterhaft spielt Jens Roselt die Mittel der Komödie aus und ironisiert sie zugleich. Scharfzüngige Dialoge, viel Witz und zynische Pointen sorgen für beste Unterhaltung.
Jens Roselt arbeitet als Dramatiker, Übersetzer, Kritiker und Theaterwissenschaftler. Seit 2008 ist er Professor für Theorie und Praxis des Theaters an der Universität Hildesheim. "Dreier" wurde seit seiner Uraufführung 2002 an vielen Theatern nachgespielt und als "tragikomischer Abgesang" (Die Welt) gefeiert. Die junge Regisseurin Anik Moussakhanian, die zuletzt von Tim Crouch "Mein Arm" inszenierte, bringt das Stück auf die Bühne des Vestibüls.
Von B, der darüber den Verstand verliert, dass er sich mit Verstand über die Grenzen seines Verstandenen hinausbewegt, über E, die in ihrer unbeGREIFflichen Schönheit nichts ist, als Projektionsfläche für andere, bis zu P, dem ziegenfickenden Altbauern, verdichtet Schwab Merkmale zu Figurenskizzen. Er reflektiert an seinem Menschenmaterial die Modalitäten des Humanen, um einen Buchstaben nach dem anderen wieder auszuscheiden, buchstäblich hinzurichten. In der KasinoBar schlachtet sich eine Autorenschaft von 3 Schauspielern an Schwab heran.
Die vier Dramen der "York-Tetralogie" (also die drei Heinrich VI.-Dramen und Richard III.) in einer Fassung für einen Abend - mit achtzehn Schauspielern in über sechzig Rollen und sieben Stunden Spieldauer. Im Mittelpunkt des Dramenkomplexes über die Ablösung und Ermordung Heinrichs VI. aus dem Hause Lancaster durch die Familie der Yorks, die Machtergreifung Richards III. und dessen Ende, das zur Beilegung des Bürgerkrieges unter der Herrschaft der Tudors führt, steht die Frage: "Wie regiert werden, durch wen, bis zu welchem Punkt, zu welchen Zwecken und mit welchen Methoden?" In der Literatur des sechzehnten Jahrhunderts wird ein Bild vom politischen Herrscher und selbstbewussten Individuum entworfen, das bis heute gilt: körperlich fit, geistig rege, nur sich selbst verantwortlich, kämpferisch, kreativ, kontrolliert. Diesem Bild entsprechen die beiden zentralen Figuren der Rosenkriege Heinrich und Richard auf unterschiedliche Weise nicht - sie sind Grenzgänger. Heinrich VI. wird als Nachfolger des früh verstorbenen und aufgrund seiner militärischen Erfolge heroisierten Heinrich V. bereits im Kleinkindalter gekrönt, während der spätere Richard III. als verkrüppelter jüngster Sohn einer Familien-Linie, die noch nie einen König gestellt hat, seine Karriere an einem hierarchisch denkbar machtfernen Punkt beginnt. Während der ins Zentrum der Macht geborene Heinrich zeit seines Lebens um Souveränität jenseits der gängigen Herrschaftsvorstellungen kämpft und politisch scheitert, ist Richard, der self-made man, der ohne Skrupel die Macht erobert, in dem Augenblick am Ende, in dem er sein Ziel erreicht hat. Beide Figuren und ihr Scheitern müssen als Kritik am männlichen Vollständigkeits-Ideal aufgefasst werden, an dem sie gemessen werden. Beide überschreiten dieses Ideal: Heinrich in der Verweigerung, Richard in der spielerischen Indienstnahme für die eigenen Zwecke. Im Bürgerkrieg, in dem die Väter und die Söhne einander gegenseitig erschlagen, ist die Perversion des männlich-hierarchischen Prinzips beständig präsent.
Die Heinrich-Dramen werden in der Neu-Übersetzung von Albert Ostermaier aufgeführt, Richard III. in der Übersetzung von Thomas Brasch.
Die Situation wird dadurch besonders prekär, dass er mit der Klage über seine Tochter mitten in die Hochzeitsvorbereitungen des Fürsten von Athen mit der besiegten Amazonenkönigin Hippolyta platzt und sich auf ein Gesetz berufen kann, das für ungehorsame Töchter die Todesstrafe oder wenigstens den Weg ins Kloster vorsieht.
Aber Hermia ist unbeugsam und beschließt, mit ihrem Geliebten Lysander aus dem Geltungsbereich des Gesetzes zu fliehen. Demetrius, der verschmähte Liebhaber, folgt ihnen, weil er von Helena, die in ihn verliebt ist, über den Fluchtplan in Kenntnis gesetzt wurde. Helena folgt ihrerseits Demetrius, weil sie hofft, dass er sich für ihren Verrat dankbar zeigen könnte.
Die Außerkraftsetzung der höfischen, zivilisierten Ordnung, die der Wald als Rückzugsort zu versprechen scheint, findet nicht statt. Die Gewalt, die in den Hierarchien, den Geschlechterbeziehungen, in der Mechanik von Anziehung, Abstoßung und Unterwerfung liegt, tritt in der "langen" Nacht im Wald nur
desto schroffer zutage. Der Zwist zwischen dem Elfenkönig Oberon und seiner Gattin Titania, in dessen Turbulenzen die durch den Wald irrende Athener Jugend hineingezogen wird, scheint sehr ähnlichen Gesetzen zu gehorchen wie die Konflikte zwischen Theseus und Hippolyta bei der Hochzeit, die in Athen geplant ist. Die wechselhaften Liebesbeziehungen zwischen den Athenern werden zwar von dem wunderbaren Liebeselixier ausgelöst, das der Waldgeist Puck entweder in die "richtigen" oder die "falschen"Augen träufelt - aber alsbald weiß nicht nur er nicht mehr zu sagen, welches nun die "wahre" Liebe sei, wenn Begehren und Liebeswunsch so schnell mit Hass und Abscheu zu wechseln vermögen.
Am Ende können sie von Glück sagen, wenn es ihnen gelungen sein wird, eine Realität zu schaffen, in der es sich wird leben lassen können. Gefeiert wird dieser Kompromiss mit einer Theateraufführung, in der eine Handwerkertruppe die Wirklichkeit des Spiels und der Liebe so ernst nimmt, dass beides grandiosscheitern muss.
In einer musikdurchwirkten biografischen Bilderfolge erzählt Autor Michael Korth vom ereignisreichen Aufstieg des berühmten Komponisten Joseph Haydn an den Hof von Esterházy. Er begegnet blasierten Baronen und schöngeistigen Gräfinnen, berechnenden Friseurtöchtern und schamlosen Schwiegereltern, souveränen Fürsten und aufreizenden Sängerinnen. Dazwischen mischen sich ein verrückter Schädelräuber und ein gewisser Herr Beethoven in die Geschichte. So gelingt eine verehrende wie humorvolle Verbeugung vor Herz, Seele, Kopf und Kunst des Joseph Haydn.
Günter Franzmeier verkörpert die Titelfigur, Intendant Wolfgang Böck ist in einer Doppelrolle als Haydns Schwiegervater und als Fürst Esterházy zu erleben.
Rose und Walsh sind einfach das perfekte Paar: Sie führen heftige Eifersuchtsdebatten, lieben und streiten sich, sind frech und verspielt wie am ersten Tag - nur dass Walsh tot ist, tot und begraben, und das seit fünf Jahren. Nur Rose erscheint er nach wie vor täglich...
Schwierig wird es erst, als Walsh beschließt, für immer zu gehen: Denn Rose ist pleite, sie kann ihr geliebtes Sommerhaus in Montauk nicht länger halten. Doch Walsh kann ihr helfen. Im Haus liegt gut versteckt sein letzter unvollendeter Roman. Aber wer schreibt ihn fertig? Walsh empfiehlt den jungen und zum Glück noch lebenden Autor Clancy. Mit ihm kommt Bewegung ins Haus...
In Schauspielworkshops, die mehrmals monatlich im Theater Phönix oder in Schulräumen stattfinden, erarbeiten die Theaterpädagogin, Regisseurin und Autorin Michaela Obertscheider, die Co-Trainerin Sina Heiss und Jugendliche aller Klassen des Europagymnasiums Auhof eine Performance, die Ende Mai öffentlich präsentiert wird. Die Arbeit ist prozessorientiert, d.h. der Text und das Stück entstehen im Laufe der Proben mit den SchülerInnen. Geplant ist eine multimediale, musikalische Installation, die mehrere Schulräume einbezieht und wie eine „Theater-Messe“ funktioniert, auf der unterschiedliche Aspekte des Themas und Herangehensweisen präsentiert werden.
Religionskriege, Wirtschaftskrise, Selbstmordattentate, Terror, Börsenkrach. Wo Recht zu Unrecht wird, ist Widerstand Pflicht! Ist Gewalt dabei tabu? Oder ist sie das einzige Mittel, das wirklich hilft? Gibt es einen Gott, der Gewalt ge- oder verbietet? Und wo sitzt eigentlich der Feind?
Die Schauspielerin Judith Richter lädt zu einem Gastmahl, um mit dem Publikum der Frage von Fressen und gefressen werden nachzuschmecken.
Die Tafel wird zum Schlachtfeld, auf dem Friedrich Schillers „Jungfrau von Orleans“ den Tod verbreitet, zum unbarmherzig umkämpften Fleischmarkt, auf dem Bertolt Brechts „Heilige Johanna der Schlachthöfe“ zu Vernunft und Menschlichkeit in einem System der Unmenschlichkeit aufruft. Und zum Gerichtsstand, in dem die historische Jeanne d´Arc berichtet, wie sie, ein Bauernmädchen, mit 17 Jahren auf Geheiß heiliger Stimmen auszog, Krieg zu führen gegen die Engländer. Übernimmt sie in diesem Prozess die Verantwortung für ihre Taten, lebt sie. Beharrt sie auf einem göttlichen Auftrag, muss sie brennen...