Schon mit den ersten Akkorden seiner Oper setzt Richard Strauss seine ZuschauerInnen unter Strom und zieht sie in einen packenden Strudel aus lustvoller Verzweiflung, wollüstigem Hass und tiefschwarzer Glückseligkeit. Präzise analysiert der Komponist die dunklen Antriebe des menschlichen Handelns und schuf so mit Elektra ein in seiner Wahrhaftigkeit gewaltiges und unerreichtes Monument seelischer Abgründe.
Unter dem Eindruck der Lektüre von Nietzsches Geburt der Tragödie, der Studien über Hysterie von Josef Breuer und Sigmund Freud sowie Freuds Traumdeutung verfasste der junge österreichische Autor Hugo von Hofmannsthal im Jahre 1903 die einaktige Tragödie Elektra. Darin weicht das lichte Griechentum eines Winckelmann oder Goethe zugunsten der finsteren, brutalen, fast barbarischen Seite dieser Zivilisation. Dunkle Kräfte treiben die Figuren der Handlung an. Klytämnestra, die einst ihren aus dem Krieg heimgekehrten Gatten Agamemnon umbrachte, um mit dessen Cousin Aegisth zusammenleben zu können, wird von schlechtem Gewissen und Angst vor dem unbändigen Hass ihrer Tochter Elektra gequält. Für diese aber ist die Erwartung der blutigen und als rauschhaft imaginierten Rache an ihrer Mutter zum einzigen Lebensinhalt geworden.