„Ich trieb auch Traumanatomie“, so beschrieb der Dichter, Maler und Bildhauer Hans Arp (1886–1966) bildhaft und humorvoll seine Arbeit als Künstler. Arp war einer der bedeutendsten Vertreter der künstlerischen Avantgarde, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts binnen kurzer Zeit die Kunst für immer revolutionierte. So war er Mitbegründer der Dada-Bewegung und stand in den 1920er-Jahren in engem künstlerischem Austausch mit den Surrealisten in Paris. Er gilt als der Pionier der organisch-abstrakten Formensprache, die sich an den stetigen Wachstums- und Wandlungsprozessen der Natur orientiert. Fasziniert vom natürlichen Werden und Vergehen, entwickelt Arp sein unverwechselbares Formenrepertoire.
So bildet die Auseinandersetzung mit der menschlichen Gestalt einen Schwerpunkt in Arps Werken. Die zynisch-kritische Sicht auf den Menschen in seinen Gedichten deckt sich dabei kaum mit den humorvollen, später eher sehnsuchtsvollen Darstellungen in Zeichnungen, Ölbildern und Plastiken. Zahlreiche Skulpturen laden darüber hinaus ein, die Metamorphose als elementares Gestaltungsprinzip Hans Arps zu erfahren. Der kontinuierliche Wandel der Formen in der Natur führt ihn erst in der Zeichnung, später auch in Reliefs und raumgreifenden Vollplastiken zu bewegten Konturen sowie einer Vielzahl möglicher Ansichten und Interpretationen.
In den 1930er-Jahren setzte Arp sich besonders mit dem Prinzip des Anordnens formal gleicher Elemente zu unterschiedlichen Konstellationen auseinander. In sogenannten Konfigurationsgedichten schuf er mit einer beschränkten Anzahl von Wörtern immer wieder neue Texte. Von der Natur in Form von Gestirnen, Wolkenformationen oder Steinen inspiriert, übertrug er dieses poetische Verfahren in Papierarbeiten und Reliefs. Das „bewegte Oval“ wurde in dieser Zeit für ihn zu einer elementaren Grundform.
Den Zufall erklärt Arp bereits in der Dada-Zeit zu einem Leitgedanken seines Schaffens und bezeichnet ihn als ein „Geschenk der Musen“. So sind zufällig ausgewählte Wörter oder Sätze aus Tageszeitungen Grundlage für die „Arpaden“, frühe Gedichte des Künstlers. Eine Fortsetzung dieses künstlerischen Prinzips finden wir in seinen Papiers déchirés (zerrissene Papiere), in denen er zunächst einfarbige Papiere, später auch eigene Zeichnungen zerreißt, auf einen neutralen Untergrund fallen lässt und sie dort fixiert. In der Folge entstanden auch zahlreiche Reliefs aus Karton, Gips oder Bronze.
Zeitlebens konnte Arp sich trotz kritischer Auseinandersetzung mit dem Zeitgeschehen die Sichtweise eines kindlichen Träumers bewahren. So entführen uns Gnome und Nymphen in die geheimnisvolle Märchenwelt des Künstlers. Bereits in frühen Gedichten erscheinen märchenhafte Figuren und Szenen, die später als Motive von Reliefs oder als Skulptur, wie zum Beispiel dem Rosenfresser, wiederkehren.
Ein Exkurs in der Ausstellung widmet sich Arps Weggefährten Hugo Ball, dem Gründer des Cabaret Voltaire, der legendären Künstlerkneipe in Zürich, in der Dada 1916 seinen Anfang nahm. Mit einer Auswahl von schriftlichen und fotografischen Dokumenten würdigt die Präsentation in Kooperation mit der Hugo-Ball-Sammlung Pirmasens den Schriftsteller und Pionier des Lautgedichts zu seinem 125. Geburtstag.
19. November 2010 bis 1. Mai 2011
Informationen
Arp-Museum Bahnhof Rolandseck
Hans-Arp-Allee 1, D-53424 Remagen
Tel. (+49-22 28) 94 25-0
Di–So und Fei 11–18 Uhr
www.arpmuseum.org
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