Charles Matton (1933–2008) ist bekannt als Maler, Zeichner und Plastiker, er drehte Filme und schrieb Drehbücher. Die von ihm geschaffenen Fotografien zeigen meist Räume oder bestimmte Sequenzen seiner Installationen, die in der fotografischen Umsetzung in besonderer Weise herausgehoben werden. Der erste Film, La pomme ou l’histoire d’une histoire, entstand 1967 und wurde mit dem Grand Prix des Festivals in Hyères ausgezeichnet. Bis in die späten 1990er-Jahre drehte Matton regelmäßig Filme. Von den Spielfilmen gehören L’italien des roses (1972), Spermula (1976) und Rembrandt (1998) – mit Klaus-Maria Brandauer als Rembrandt – zu den bekannteren und erfolgreichen. Die meisten seiner zahlreichen Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen fanden in Frankreich, den USA, Italien und Japan statt. In Deutschland wurden die Werke von Charles Matton bisher nicht gezeigt.
Charles Matton erforscht zunächst die bildnerischen Dimensionen von Porträts und Landschaften an der Grenzlinie zwischen Realität und Fiktion. Die originäre Interpretation des Gesehenen, dessen Abstraktion und eigene bildnerische Erfindungen verraten die Freude an der Erkundung verschiedener stilistischer Eigenarten, die von altmeisterlichen Faltenwürfen bis zu kubistischen Raumzergliederungen vielerlei Anleihen aufnehmen und verarbeiten.
Ab Mitte der 1980er-Jahre schuf Charles Matton zahlreiche jener „Boxen“, die wie Szenen aus einem Film – gebaut und inszeniert aus einer Vielzahl einzelner Werke – den Betrachter in eigenwillige, imaginäre Welten entführen. Man sieht das Arbeitszimmer von Sigmund Freud, die Bibliothek zu Babel, schaut in eine Kammer des Schreckens bei Sacher-Masoch, sieht die melancholische Tristesse eines Badezimmers oder blickt ins Atelier des Künstlers Arman. All diese und viele weitere Räume sind im Miniaturformat gebaut und von wirklich existierenden Räumen inspiriert oder entspringen der lebhaften Fantasie des Künstlers. Für Charles Matton sind diese Räume, wie er sagt, nicht nur Orte zur Aufbewahrung und Ablage seiner Erinnerungen, sondern sie dienen ihm zugleich zur Überprüfung derselben. Gleichzeitig ist jede dieser Arbeiten ein „Paradies der Fantasie“, in dem man sich eingeladen fühlen darf und das man mit seinen eigenen Geschichten ausstatten kann.
Einige „Boxen“ arbeiten mit ausgeklügelten optischen Illusionen, die den Blick des Betrachters in abgründige Tiefen lenken. Viele der Arbeiten beruhen jedoch auf realen Vorlagen; so dienten Fotos der Ateliers von Francis Bacon, Alberto Giacometti oder Arman als Grundlage für die Ausstattung verschiedener Boxen. Anders bei der Box Debussy-Poisson d’Or: Dort sitzt ein sehr lebendiger (Miniatur-)Pianist am Flügel und musiziert. Und so wie in das Foyer des Grand Hotel fühlt man sich in alle Räume Mattons eingeladen wie in Mikrokosmen der Fantasie. Der Philosoph Jean Baudrillard beschrieb sie anlässlich einer Vernissage in Paris als Orte einer fast zwanghaften Vertrautheit, die im Augenschein der vielen Dinge immer aufs Neue geweckt und belebt wird.
Informationen
12. Dezember 2009 bis 21. Februar 2010
Städtische Museen Jena, Kunstsammlung im Stadtmuseum, Markt 7, D-07743 Jena
Tel. (+49-36 41) 49 82-60, Di, Mi, Fr 10–17 Uhr, Do 14–22 Uhr, Sa, So 11–18 Uhr, Mo geschlossen
[email protected]
www.museen.jena.de
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