Heinrich Nauen, Schwemmreiter vor blauem Grund, 1914Ferdinand Macketanz, Bildnis Walter Kaesbach, ohne Jahr,  Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz 

Moderne am Bodensee. Walter Kaesbach und sein Kreis

Im März 1933 wurde Walter Kaesbach, der Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie, von den Nationalsozialisten aus seinem Amt gejagt. Seit fast zehn Jahren hatte er diese Akademie reformiert und so bedeutende Künstler wie Paul Klee, Heinrich Campendonk, Ewald Mataré und Alexander Zschokke als Lehrer berufen. Sie alle verloren nach seiner Entlassung ihre Stellen.
Wessenbergstraße 43, D-78462 Konstanz

Auf Anraten des Malers Helmuth Macke zog sich Walter Kaesbach 1933 in die „innere Emigration“ auf die Bodenseehalbinsel Höri zurück. Er wurde dort aber nicht einfach zum Gärtner in idyllischer Landschaft. Von Hemmenhofen aus, wo bald auch Otto Dix lebte, hielt er Kontakt zu den als „entartet“ gebrandmarkten Künstlern, allen voran zu seinen langjährigen Freunden Christian Rohlfs, Heinrich Nauen und Erich Heckel. Gefördert und gesammelt hatte er die Expressionisten schon, als er Assistent von Ludwig Justi an den Museen in Berlin war, dann als Leiter des Erfurter Museums und schließlich in Düsseldorf. Seine umfangreiche private Kunstsammlung stiftete er noch in den 1920er-Jahren seiner Heimatstadt, Mönchengladbach.
Von 1933 bis 1947 scharte Walter Kaesbach auf der Höri zahlreiche Künstler um sich, darunter nicht wenige Maler aus dem Rheinland: Erich Heckel, Curth Georg Becker, Ferdinand Macketanz, Hans Kindermann, Walter Herzger, Jean Paul Schmitz und Rudolf Stuckert. Andere wie Heinrich Nauen, Werner Gilles, William Staube oder Hein Minkenberg besuchten ihn.
Nach dem Untergang der Hitlerdiktatur profitierte die Region von den weit gespannten Kontakten dieses Mentors der Moderne. Bereits im Herbst 1945 organisierte er zusammen mit dem Maler Werner Gothein die wegweisende Schau Deutsche Kunst unserer Zeit in Überlingen. 1946 wirkte er an den nicht weniger bedeutenden Konstanzer Kunstwochen mit. Den von Malerei faszinierten Obstbauern Paul Weber beriet er beim Aufbau einer hochkarätigen Sammlung zeitgenössischer Kunst. Bis an sein Lebensende war Kaesbach ein gefragter Sachverständiger für Museumsleute und Kunsthistoriker.
Mit rund 80 hochkarätigen Exponaten und zahlreichen Originaldokumenten zeichnet die Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz Kaesbachs Engagement als Mentor der Moderne nach. Einbezogen werden Kaesbachs Künstlerfreundschaften und seine Sammlungstätigkeit vor 1933, sodass der Besucher Einblick in die Zeit des Aufbruchs und der Verfolgung deutscher Avantgardekunst im 20. Jahrhundert gewinnt.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (120 Seiten, 95 Abbildungen) zum Preis von 15 Euro, der den neuesten Stand der Forschung zu Kaesbachs Wirken – nicht nur am Bodensee – zusammenfasst.

Informationen
Moderne am Bodensee. Walter Kaesbach und sein Kreis
bis 11. Januar 2009

Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz
im Kulturzentrum am Münster
Wessenbergstraße 43, D-78462 Konstanz
Tel. (+49-75 31) 900-921 oder -376 (Verwaltung)
Di–Fr 10–18 Uhr, Sa, So und Fei 10–17 Uhr;
Mo sowie am 24., 25. und 31. Dezember 2008 sowie am 1. Januar 2009 geschlossen
[email protected]
www.konstanz.de

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