John Cage, Komponist, Pilzexperte, (Musik-)Schriftsteller, Hörspielmacher, 1912 in Los Angeles geboren, kurz vor seinem 80. Geburtstag in New York gestorben, war ein Visionär. Im Blick hatte er eine bessere Welt und eine veränderte Musikgesellschaft. Ideale, für die Cage, der unter anderem bei Arnold Schönberg in Kalifornien studierte, alles um ihn herum sich Ereignende ganz genau beobachtete. Seine Konsequenzen daraus – künstlerisch wie auch privat: loslassen, weglassen, produktiv umformulieren. So schuf er den Dirigenten ab, ebenso die Partitur und das absichtsvolle Tun. „Wo immer wir sind, hören wir Geräusche. Wenn wir sie ignorieren, gehen sie uns auf die Nerven. Wenn wir genau hinhören, sind sie faszinierend.“ Dieses Bekenntnis von John Cage, notiert im Jahr 1937, lässt sich auch als Alltagstipp lesen, um Störendem Sinnvolles abzugewinnen. Er funktioniert.
John Cage, der zeitlebens viel reiste, rege zwischen den Kontinenten pendelte, besuchte 1958 erstmals Köln, um einem Konzert mit seiner Musik beizuwohnen. Seither weilte er oft in der Domstadt. Hier realisierte er Hörspiele und (Ur-)Aufführungen seiner Werke. Und im Kölnischen Kunstverein gab es eine erste Schau seiner Kunstarbeiten. Nicht nur, aber auch deswegen stellt das Festival ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln in seiner zweiten Ausgabe John Cage ins Zentrum eines überaus schillernden Programms: zahlreiche, teils inszenierte Konzerte mit vielen Uraufführungen junger Komponistinnen und Komponisten, Vorträge, Filme, eine Ausstellung, spezielle Kinderveranstaltungen, Jazz-Acts und vieles mehr. Das ästhetische Denken von Cage, dem epochalen Ideengenerator, ist der Grundpfeiler des Festivals. Ihn stützen herausragende Werke der amerikanischen Moderne: von Ives, Gershwin, Barber und Bernstein über die Minimalisten Glass, Adams und Reich bis zu James Tenney und anderen Avantgardisten. Erstklassige Klangkörper wie das WDR-Sinfonieorchester Köln, das SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, die Münchner Philharmoniker und das Mahler Chamber Orchestra sorgen für großformatige Referenzaufführungen. Und für die Klein- und Mittelformate, für die experimentellen und funkelnden Edelsteine nicht nur von Cage allein gastieren bei ACHT BRÜCKEN die besten Formationen Neuer Musik, etwa Ensemble Modern, International Contemporary Ensemble, Klangforum Wien, Ensemble musikFabrik, Ensemble Mosaik, Schlagquartett Köln, Thürmchen-Ensemble.
Überdies sind renommierte Solisten zu Gast, etwa der Pianist Markus Hinterhäuser, der Schlagzeuger Martin Grubinger, der Bariton Thomas Hampson. Schließlich ist Acht Brücken auch ein Festival der Interpreten, zudem eines der Entdeckungen und Überraschungen, der Zufallsfunde. Der beste Navigator durch das dicht und wohlfeil bestückte Acht-Tage-Programm ist die Neugierde, die Lust auf Neues. Hier kann es jede(r) John Cage gleichtun: unvoreingenommen dem lauschen, was in uns eindringt.
1931, auf seiner ersten Europareise, machte Cage eine wichtige Erfahrung: „An einer Straßenecke in Sevilla bemerkte ich die Vielfalt visueller und hörbarer Ereignisse, die im eigenen Erleben alle zusammenliefen und Lust und Freude hervorriefen. Das war für mich der Beginn von Theater und Zirkus.“ Und von einem veränderten Musikverständnis. ACHT BRÜCKEN 2012 öffnet in und für Köln einen einzigartigen Sound-„Cage“, entlässt die Klänge aus dem Käfig. Eine schöne Freiheit für Augen und Ohren.
Text: Stefan Fricke
Informationen
ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln
Ticket-Hotline: Tel. +49 (0) 221/280 281
www.achtbruecken.de
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