„Schenkt man sich Rosen in Tirol“, das berühmte Duett aus der Operette Der Vogelhändler, führt beim Ort der Handlung in die Irre. Carl Zellers Operette aus dem Jahr 1891 spielt in der deutschen Rheinpfalz – etwas später im Text heißt es dann auch: „Wir sind am Rhein, bedenk: am Rhein.“ Hierher kommt der Vogelhändler Adam aus Tirol, um seine gefiederte Ware unter die Leute zu bringen – und seine Verlobte, die Christl von der Post, wiederzusehen. Wie die beiden trotz amouröser Verwicklungen und adeliger Verwechslungen doch zueinanderfinden, kann man heuer beim Lehár Festival Bad Ischl erleben.
„Grüß enk Gott, alle miteinander“ heißt es zur Premiere am 14. Juli in der Kaiserstadt. Der beliebte Volksopernstar Sebastian Reinthaller ist in der Titelrolle als Vogelhändler Adam zu sehen und zu hören, als seine Verlobte kehrt die erfolgreiche Soubrette Theresa Grabner nach Bad Ischl zurück: „Ich bin die Christl von der Post.“ Zwei Entdeckungen des Intendanten Michael Lakner machen neugierig: Eva-Maria Kumpfmüller gibt ihr Debüt als Kurfürstin Marie, sie hat beim Wiener Musikseminar 2010 in Lakners Klasse Gesangsinterpretation studiert und im abschließenden Wettbewerb den ersten Preis ersungen. Als Graf Stanislaus debütiert der junge Chinese Kejia Xiong, der gesangliches Können mit schauspielerischer Ausdruckskraft und europäischem Operetten-Feeling verbindet. Er hat beim renommierten Gesangswettbewerb der Festspielstadt Passau 2011 nicht nur einen Hauptpreis, sondern auch den von Michael Lakner gestifteten Sonderpreis des Lehár Festivals gewonnen.
Bewährte Publikumslieblinge komplettieren das Ensemble: Die Vielfachbegabung als Dramaturg, Schauspieler, Kabarettist und Kommentator Christoph Wagner-Trenkwitz übernimmt die amüsante Rolle des Professor Süffle: „Ich bin der Prodekan.“ Sein Gegenpart als Professor Würmchen ist die von Bühne und Fernsehen bekann-
te Schauspielerin Gabriele Schuchter, die außerdem die Rolle der Baronin Adelaide übernimmt. Seinen prallen Bassbariton und seine üppige Komik verleiht Rupert Bergmann dem Baron Weps. Erstmals in Bad Ischl inszeniert die arrivierte Schauspielerin und Regisseurin Isabella Gregor.
„Sing nur, sing, Nachtigall!“ – das Lied mit dem eingängigen „No amol“-Refrain gehört zu den bekanntesten Melodien des Komponisten Carl Zeller. Vogelhändler Adam schildert hier die Biografie seines Großvaters: „Wie mein Ahnl zwanzig Jahr.“ Der war schon im jugendlichen Alter ein „g’sunder Wildschütz“ – ein Wilderer also, wie sie Baron Weps noch immer das Leben schwer machen. So tollpatschig, wie Carl Zeller den Adligen darstellt, liegen seine Sympathien eindeutig aufseiten der gesetzlosen Volkshelden. Kaum zu glauben, dass Zeller promovierter Jurist und im Hauptberuf k. u. k. Ministerialrat und Leiter des Kunstreferats im Unterrichtsministerium war!
Vollzeitkomponist war dagegen Franz Lehár, der Namenspatron des Lehár Festivals Bad Ischl und Schöpfer der zweiten heurigen Produktion, Zigeunerliebe. Fünf Jahre nach seinem Welterfolg Die lustige Witwe ist Lehár 1910 neue musikalische Wege gegangen, erstmals öffnete er der Operette die große dramatische Form der Oper, kombinierte sie mit schwungvollen Wiener Walzern und rassiger ungarischer Folklore. „Hör ich Cymbalklänge“ steht also als Motto über der Premiere am 21. Juli – die Ischler Kombination aus bewährtem Meisterstück und wiederentdeckter Kostbarkeit verspricht einen melodienseligen Operettensommer.
Text: Kai-Uwe Garrels
14. Juli bis 2. September 2012
Informationen
Lehár Festival Bad Ischl
Kurhausstraße 8, A-4820 Bad Ischl
Tel. +43 (0) 61 32/23 8 39
[email protected]
Leserkommentare
Zum Kommentieren kostenfrei registrieren oder anmelden.