Offizieller Mittelpunkt der Feierlichkeiten wird der 3. Mai sein. Dieser Tag, an dem 850 Jahre zuvor die Stadtrechtsurkunde durch Konrad II. von Passau ausgestellt wurde, wird mit einer gemeinsam von den Bischöfen der Diözesen Passau und Sankt Pölten gefeierten Festmesse im Dom sowie mit einem offiziellen Festakt im Landestheater begangen werden. Umrahmt werden diese Festlichkeiten von einem dreitägigen historischen Markt auf dem Rathausplatz (2. bis 4. Mai), der einen authentischen Einblick in die Lebensweise des Mittelalters geben und mit entsprechenden Attraktionen aufwarten wird.
Am 3. Mai erwarten den Besucher Sankt Pöltens aber auch bereits drei weitere Highlights des Jubiläumsjahrs. Zum einen ein Mittelalterrundgang durch Sankt Pölten, der auf die reiche, dem Besucher durch die zahlreichen baulichen Veränderungen der Barockzeit und der nachfolgenden Jahrhunderte oft verborgene mittelalterliche Vergangenheit dieser Stadt verweisen wird. Im Mittelalter bereits vorhandene Straßenzüge werden wieder ihre ursprünglichen Namen erhalten. Außerdem werden dem Besucher in Form von etwa 40 „in situ“ aufgestellten Schautafeln abgekommene oder später veränderte Gebäude, wo möglich dokumentiert durch historische Ansichten, vor Augen geführt. Parallel dazu erscheint eine den Rundgang dokumentierende Begleitbroschüre.
Erstmals ihre Pforten öffnen wird am 3. Mai auch die Diözesanmuseums-Ausstellung Sant Y poelten – Kloster und Stadt im Mittelalter. Im Mittelpunkt der Schau steht jenes spätmittelalterliche Kopialbuch, der Codex Pataviensis aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv München, das die Abschrift der Stadturkunde von 1159 bewahrt.
Die Ausstellung Stadt im besten Alter – 850 Jahre Stadt Sankt Pölten im Stadtmuseum, die ebenso wie die Ausstellung im Diözesanmuseum und die einige Tage später in der Niederösterreichischen Landesbibliothek zu eröffnende Ausstellung Sankt Pölten in alten Ansichten durch einen Katalog dokumentiert ist, wird sich in vielen Facetten, mitunter auch mit etwas Augenzwinkern, der Geschichte Sankt Pöltens nähern, wobei auch ein kurzer visionärer Ausblick in die Zukunft gewagt werden soll.
Dabei wird die Ausstellung des Stadtmuseums, die sich einleitend auch mit der Außensicht auf Sankt Pölten in den letzten Jahrhunderten auseinandersetzt, zwar nicht auf die Darstellung der für die Geschichte der Stadt elementaren Ereignisse verzichten und im Abschnitt „Local Heroes“ auch für die Stadtgeschichte bedeutende Persönlichkeiten wie Jakob Prandtauer oder Julius Raab erneut vor den Vorhang bitten; in gleicher Weise wird sie auch den Blick auf kleinere, oft unterschätzte, jedoch ebenso wichtige Ereignisse lenken oder den einen oder anderen bislang noch nicht gewürdigten Sankt Pöltner in den Mittelpunkt des Interesses rücken.
Etwa Rosl Lustig, die erste Maturantin des Sankt Pöltner Bubengymnasiums, die es als erstes Mädchen an der Schule dabei keineswegs leicht hatte, musste sie doch in der letzten Bank sitzen und vor jeder Stunde auf dem Gang auf den Professor warten, ehe sie die Klasse betreten durfte. 1938 musste sie vor den Nazis in die USA fliehen, wo sie unter ihrem späteren Namen Kubin als Professorin an verschiedenen Akademien und Highschools Karriere gemacht hat.
In Erinnerung gerufen werden aber auch unbekannte Sankt Pöltner Pioniere und Erfinder, wie etwa der Pionier des Radiowesens Dr. Karl Unger, der 1907 einen Apparat für drahtlose Telegrafie konstruierte und damit die erste ständige nicht militärische Sende- und Empfangsanlage auf dem Gebiet der österreichischen Monarchie schuf, oder der Sankt Pöltner Chefmechaniker Karl Cerny, der 1933 einen mit flüssigem Betriebsstoff angetriebenen Raketenwagen konstruierte.
Neben einer kurz gefassten einleitenden Stadtgeschichte mit umfassender Chronik und einem Überblick über die Stadtentwicklung, die auch durch eine Reihe historischer Beschreibungen, beginnend mit Braun-Hogenberg 1617 über die niederösterreichische Landaufnahme von 1791 und Schweickhardt bis hin zur kirchlichen Topografie von 1828 dokumentiert werden wird, werden in den Kapiteln „Katastrophen“ und „Sternstunden“ epochale Ereignisse der Stadtgeschichte, im Kapitel „Alltag und Festtag“ aber auch kleinere, fast unbedeutend scheinende Geschehnisse aus der reichen Geschichte in entsprechender Form präsentiert werden.
Im Kapitel „Absonderliches, Wissenswertes, Kurioses“ werden unter anderem Persönlichkeiten wie der Pottenbrunner Teufelsbündler Christoph Haitzmann oder der Sankt Pöltner Erfinder einer vereinfachten Rechtschreibung gewürdigt, der durch diese Maßnahme 80 Millionen Deutschen mindestens 36 Milliarden Kronen im Jahr ersparen wollte. Man wird in diesem Kapitel der Schau aber auch vom „Krieg mit Krems“, einem Manöver aus dem Jahr 1877, erfahren, bei dem das Regiment Hess bei Statzendorf gegen die Kremser Garnison kämpfte und bei dem von 1000 ausgerückten Soldaten am Abend nur noch 90 halbwegs unversehrt zurückkehrten, eine große Anzahl von ihnen aber überhaupt nicht mehr …
Kaum jemandem bekannt sein wird das Projekt eines Wiener Ingenieurs aus dem Jahr 1862, die Traisen nach Wien umzuleiten, oder dass Kaiser Wilhelm gemeinsam mit Otto von Bismarck 1873 von Kaiser Franz Joseph in Sankt Pölten willkommen geheißen wurde. Zum Schmunzeln anregen werden sicherlich Episoden wie jene über die erste Führerscheinprüfung in Sankt Pölten im Jahr 1906, die von über 30 Prüflingen in einem Wagen mit defektem Motor absolviert wurde, sodass dieser von Passanten angeschoben werden musste!
Ein eigenes Kapitel wird sich auch den bedeutenden Frauen der Stadtgeschich-
te, von Maria Antonia Montecuccoli, der Gründerin des Karmeliterinnenklosters, bis hin zu Maria Emhart, einer der Schlüsselfiguren im Februar 1934, widmen.
Einige der bedeutenden Frauen, die als Schülerinnen in Sankt Plöten weilten, wie etwa Enrica von Handel-Mazzetti, Paula von Preradovic´ oder die selige Maria Teresia Ledóchowska, werden im Kapitel „Schülerinnen und Schüler“ in den Mittelpunkt gerückt, zu denen unter anderem auch Persönlichkeiten wie Rainer Maria Rilke, Karl Seitz, Leopold Figl, aber auch Bernhard Paul und Manfred Deix zählen.
Ein Special wird auch den zahlreichen Gästen unserer Stadt, von Don Emanuel von Portugal über Napoleon, Mozart und Schubert bis hin zu Juri Gagarin, gewidmet. Ein weiterer Schwerpunkt befasst sich schließlich mit der reichen kulturellen Vergangenheit dieser Stadt, ehe die Sankt Pöltner Designuniversität ihre Zukunftsvisionen von Sankt Pölten präsentiert.
Stadt im besten Alter – 850 Jahre
Stadt Sankt Pölten
bis 1. November 2009 , Mi–So 10–17 Uhr
Stadtmuseum Sankt Pölten, Prandtauerstraße 2,
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