SIMsKultur: Herr Dr. Lakner, Sie haben sich entschieden, dem Lehár Festival Bad Ischl ab 2014 für weitere sechs Jahre treu zu bleiben. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Dr. Michael Lakner: Es gibt sowohl berufliche als auch private Gründe, die mich bewogen haben, die Zusammenarbeit mit der Stadt Bad Ischl fortzusetzen. Zum einen ist mir bewusst geworden, wie wichtig es im Augenblick ist, Kontinuität in die Theaterarbeit einfließen zu lassen. Es gab Zeiten, in denen die Intendanten alle fünf Jahre wechselten, was für einen Karriereplan interessant sein mag, doch für eine gründliche Aufbauarbeit ist das kontraproduktiv. Es hat auch in meinem konkreten Fall ein bis zwei Jahre gedauert, bis wir den neuen Weg und die neue Ästhetik einem breiten Publikum „schmackhaft“ gemacht haben. Da wir im Vorjahr mit 17 Prozent Besucherzuwachs eine breite Basis für einen enormen wirtschaftlichen Erfolg geschaffen haben, wäre es schade, die Zusammenarbeit mit der Stadt Bad Ischl zugunsten anderer Optionen zu opfern. Ich gebe zu, dass ich interessante Jobangebote hatte, aber sowohl vom Vorstand als auch vom Publikum wurde mir signalisiert, dass man mich gern in der Kaiserstadt behalten möchte. Und auch meine Liebe gehört Bad Ischl. Das ist der zweite, private Grund für meinen Verbleib. Ich besitze seit drei Jahren ein wunderschönes Haus hier, das mir den Alltag versüßt.
SIMsKultur: Sie stellen heuer bei der Programmgestaltung wieder ein sehr populäres Werk, Carl Zellers „Vogelhändler”, einer Rarität, der „Zigeunerliebe” von Franz Lehár gegenüber. Ist das Ihr Ziel, das Publikum mit Schmankerln zu verwöhnen und gleichzeitig das Interesse auf vergessene Kleinode zu lenken?
Dr. Michael Lakner: Es freut mich besonders, dass ich den Diskurs zwischen populären Stücken und Wiederentdeckungen weiter pflegen und ihn sogar um den Aspekt des klassischen Musicals erweitern kann: Ab der Saison 2013, in der wir „Hello, Dolly!” spielen werden, stehen neben den beliebten Operetten auch berühmte musikalische Komödien à la „My Fair Lady” und „Gigi” auf dem Spielplan. Aber auch dem immer stärker erodierenden Operettenrepertoire möchten wir durch eine Gegenbewegung wieder eine größere Perspektive einräumen. So werden wir in den kommenden Jahren Titel wie „Die Landstreicher” von Ziehrer, „Gasparone” von Millöcker und „Die Rose von Stambul” von Leo Fall in Neuinszenierungen zeigen.
SIMsKultur: Heuer im Sommer liegt die Leitung der „Zigeunerliebe” in den Händen des bewährten Teams Leonard Prinsloo und Marius Burkert. Als Leading-Team beim „Vogelhändler” präsentieren Sie zwei „neue Gesichter“.
Dr. Michael Lakner: Ich war immer der Meinung, dass Blutauffrischung guttut. Großteils halten sich ja altbewährte Ensembles und die neu hinzukommenden Dirigenten, Regisseur(innen) und Sänger(innen) die Waage. Seit mehreren Jahren wollte ich den Ersten Kapellmeister der Bühne Baden, Oliver Ostermann, dafür gewinnen, die Stabführung beim Vogelhändler zu übernehmen. Es war dispositionell nicht leicht, aber jetzt ist es geglückt, diesen hervorragenden Musiker nach Ischl zu locken. Im Vorjahr hat er mit seiner Kurzoperette „Zwist in Ischl” für Aufsehen gesorgt. Ganz neu in Ischl ist die von Lebensfreude und Temperament nur so sprühende Isabella Gregor, Tochter des großen Dirigenten Karl Österreicher, die unter anderem am Theater in der Josefstadt, am Opernhaus Zürich und am Tiroler Landestheater in Innsbruck inszeniert hat und es großartig versteht, auf der Bühne lebensnahe Charaktere zu zeichnen.
SIMsKultur: Apropos neue Gesichter: Sie stellen dem Publikum wieder zwei persönliche Neuentdeckungen vor …
Dr. Michael Lakner: … wobei bei diesen Gesichtern auch wunderschöne Stimmen im Paket sind: Eva-Maria Kumpfmüller, die 2010 beim Wiener MusikSeminar in meiner Interpretationsklasse studiert und in der Folge beim Dichler-Wettbewerb den ersten Preis gewonnen hat. Eine junge, frische Stimme, die über hervorragende Legatokultur verfügt. Ganz baff war ich auch von der Leistung des blutjungen Chinesen Kejia Xiong, der mich voriges Jahr beim Gesangswettbewerb der Stadt Passau beeindruckt hat. Sein Feeling für die leichte Muse und seine Aussprache sind makellos.
Publikumsliebling Kammersänger Sebastian Reinthaller, der bald mein Kollege sein wird – er übernimmt ab 2014 die Leitung der Bühne Baden –, ist ein Sänger, mit dem ich sehr lange gut befreundet bin. Als ich noch in einer Künstleragentur in Wien gearbeitet habe, hat er bei mir vorgesungen. In der Folge hat er in meiner Zeit als Betriebsdirektor in Graz ohne Bühnenorchesterprobe seinen ersten Tamino gesungen – eine kolossale Leistung, die ein unglaubliches Nervenkostüm erfordert.
Unter den Schauspielstars möchte ich die wunderbare Volksschauspielerin Gabriele Schuchter erwähnen, die nach langer Absenz wieder in Ischl zu sehen sein wird, und Christoph Wagner-Trenkwitz, der nach einem fulminanten Operetteneinstand in Ischl nun offensichtlich Blut geleckt hat.
Für die Kaiser-Gala haben wir auch zwei „Kapazunder“ gewonnen, nämlich Kammersängerin Sona Ghazarian, die noch immer über eine wunderbar junge und frische Stimme verfügt und eine Ausnahmeerscheinung im heutigen Opernbetrieb ist: Sie feiert heuer ihr 40. Bühnenjubiläum und wird gemeinsam mit Herbert Lippert am 16. August Arien und Duette zum Besten geben.
SIMsKultur: Wenn man die Besetzungsliste anschaut, gibt es in Bad Ischl heuer ein richtiges „Festival der Tenöre“.
Dr. Michael Lakner: Die Besonderheit bei „Zigeunerliebe”, einem opernhaften Monumentalwerk, ist die Tatsache, dass es in dem Stück drei Tenöre zu besetzen gilt, einen dramatischen, einen lyrischen und einen Buffotenor. Für den Józsi habe ich den vielversprechenden ukrainischen Tenor Jevgenij Taruntsov vom Stadttheater Saarbrücken engagiert, der bereits Partien wie Lenskij, Herman und Pinkerton gesungen hat. Den lyrischen Part Jonel verkörpert Matjaž Stopinšek, der bei unserer Csárdásfürstin anno 2010 das Publikum als Edwin erfreut hat. Und Thomas Malik wird als Kajetán dem Buffofach alle Ehre machen.
SIMsKultur: Voriges Jahr hat es zahlreiche Rahmenveranstaltungen gegeben. Welche Geheimtipps haben Sie heuer zu bieten?
Dr. Michael Lakner: Ulrike Beimpold kehrt mit einer Lesung wieder. Sie präsentiert Anekdoten aus dem kuriosen Leben einer Burgpflanze aus ihrem Buch „Eine Birne namens Beimpold”. Und Gerhard Balluch hat einen ganz besonderen Abend in petto, in dem er auf Zuruf Balladen vortragen wird. Die Veranstaltung ist open end. Wir werden das Publikum mit Brot, Wein und Wasser laben. Ein Erlebnis der besonderen Art. Ischl eben.
Das Gespräch führte Andrea Kranner.
Informationen
Lehár Festival Bad Ischl
Kurhausstraße 8, A-4820 Bad Ischl
Tel. +43 (0) 61 32/23 8 39
www.leharfestival.at
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