Vorrangig wird bei einem Besuch im Museum der Sehsinn gefordert. Dass das nicht so sein muss, zeigen die Tiroler Landesmuseen in diesem Sommer. Neben dem „Schauen“ ist hier auch das „Hören“ groß angesagt.
Landschaft zwischen Bedrohung und Idylle
Höhepunkt im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum ist die Schau Blickwechsel. Die Ausstellung zeigt Landschaftsbilder, ausgehend von den Niederländern bis heute, und geht den Veränderungen in ihrer Wahrnehmung nach. Mit Franz Radziwill, Rudolf Wacker und Franz Sedlacek werden drei der herausragenden internationalen Positionen aus der Periode der Neuen Sachlichkeit präsentiert. Ausgestellt werden Bilder, welche die brüchig gewordene Sicht der Realität zum Ausdruck bringen. Nach 1945 findet die bei Radziwill, Wacker und Sedlacek zwischen magisch-fantastisch und sachlich-kritisch angelegte Sicht der Welt ihre Fortsetzung bei den Österreichern Anton Lehmden und Max Peintner. Die Hinterfragung der Realität zeigt sich auch in der aktuellen Gegenwartskunst, so unter anderem bei den Malern der „Leipziger Schule“, deren Werke oftmals von einer Stimmung der Irrealität getragen sind. In der länder- und epochenübergreifenden Ausstellung wird dieses international angelegte „Kunstwollen“ erstmals umfassend bearbeitet und mit rund 90 Werken dargestellt.
Musik aus der Dose
Wie ohne Strom und Batterien im 19. Jahrhundert Melodien durch Geräte wiedergegeben werden konnten, zeigt die sozialhistorische Schau Musik aus der Dose im Museum im Zeughaus. 2010 erwarb der Verein Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum eine umfassende Sammlung von Musikwiedergabegeräten aus dem Besitz des Osttiroler Film- und Musikproduzenten Louis Holzer. Die Objekte wurden restauriert und zum größten Teil in einen funktionstüchtigen Zustand gebracht. Ausgestellt werden zirka 40 Objekte unterschiedlichster Größe, von der Drehorgel über Lochplattenspieldose und Trichtergrammofon bis zum Wurlitzer. Musik im eigenen Heim genießen zu können war einst ein Luxus und lange dem Adel vorbehalten. Für die breite Bevölkerung wurde die automatische Musik erst mit der Erzeugung von Tischdrehorgeln und Lochplattenspieldosen im Zuge der Industrialisierung erschwinglich. Die Erfindung von Schallplatte und Grammofon in den 1880er-Jahren setzte der Ära der mechanischen Musikinstrumente ein Ende. Die Ausstellung dokumentiert anschaulich die Entwicklungsgeschichte der „Musik aus der Dose“ vom 19. Jahrhundert bis heute. Eine Präsentation nicht nur zum Schauen, sondern auch zum Hören!
Ton um Ton
Signaltöne begleiten unseren Alltag: Sirenen warnen vor einer Gefahr, der Glockenschlag verkündet die Uhrzeit oder ruft Gläubige in die Kirche. Technische, vom Menschen erzeugte Töne mischten sich vor allem seit dem 18. Jahrhundert unter die Geräusche der Natur und wurden zunehmend dominanter. Mit der Ausbreitung des Lärms erhöhte sich die Lautstärke. Form und Art der Töne änderten sich. Pfeifen-, Trompeten- und Trommelsignale wurden immer weniger wahrgenommen. Die Ausstellung Ton um Ton im Tiroler Volkskunstmuseum lotet die kulturgeschichtliche Dimension von Signaltönen aus. Sie spannt einen Bogen vom Waldtuter, der einst die Holzarbeiter zum Essen rief, bis hin zum Klingelton des Handys, durch den Töne individueller Teil der Privatsphäre geworden sind. Die ausgestellten Objekte sollen einerseits verdeutlichen, wie Tirol klingt beziehungsweise klang, andererseits soll ihr akustischer Kontext hergestellt werden. Zu sehen und zu hören sind höchst unterschiedliche Gegenstände wie Schallinstrumente oder Glocken, Amulettanhänger oder ein Morseapparat. Manche werden erstmals der Öffentlichkeit gezeigt.
Informationen
Blickwechsel.
Landschaft zwischen Bedrohung und Idylle
bis 28. Oktober 2012
Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Museumstraße 15, A-6020 Innsbruck
Di–So 9–17 Uhr
Musik aus der Dose –
Die Sammlung Louis Holzer
bis 27. Januar 2013
Museum im Zeughaus
Zeughausgasse, A-6020 Innsbruck
Di–So 9–17 Uhr
Ton um Ton
bis 7. Oktober 2012
Tiroler Volkskunstmuseum
Universitätsstraße 2, A-6020 Innsbruck
Mo–So 9–17 Uhr
Mit dem Kombiticket zu € 10,– (ermäßigt € 6,–) können Sie bis zum Jahresende jedes Haus der Tiroler Landesmuseen samt Sonderausstellungen besuchen. Kinder unter 6 Jahren und Schulklassen haben freien Eintritt.
Tel. +43 (0) 512/594 89-9
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