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Liszten!

Geburtstagsständchen für einen europäischen Künstler: Vor 200 Jahren kam Franz Liszt zur Welt. Weimar und das Thüringer Musikland gratulieren – mit 200 Veranstaltungen rund um Leben und Werk des ersten internationalen Stars am Piano.

Ist das jetzt Regenprasseln? Oder Meeresrauschen? Eins geht ins andere über, und jedes Mal verpasst das Ohr den Moment der Metamorphose. Kann gut sein, dass die jungen Leute hier beim Abschlusskonzert des Studios für elektroakustische Musik an der Hochschule für Musik Franz Liszt ihrer Zeit voraus sind – wie auch der Namensgeber ihrer Uni es war.

Dieses Jahr feiert Thüringen den 200. Geburtstag von Franz Liszt mit Konzerten, Festivals und einer großen Landesausstellung in Weimar. Wer war dieser Mann, dessen Musik weitgehend in Vergessenheit geriet und der das Musikleben der Stadt doch bis heute prägt?

Franz Liszt ging mit mehreren Flügeln und einem großen Kruzifix mit der Kutsche auf Tournee. Er war gläubig, schrieb nicht nur Klaviermusik, sondern auch große sakrale Werke. Und er war ein Musik­star – vielleicht der erste internationale überhaupt. Die Frauen liebten ihn. Franz Liszt war Kosmopolit und Bildungsbürger, er kam aus Ungarn. Manchmal fühlte er sich wie ein dressierter Pudel. „Stilistisch gesehen war Liszt eher ein Chamäleon“, sagt Prof. Dr. Wolfram Huschke, Liszt-Experte und ehemaliger Rektor der Hochschule für Musik. Und fast schon post­modern: „Der Mann hat seine eigenen Werke immer wieder neu gestaltet.“ Eine Persönlichkeit, die ihrer Zeit voraus war? Auch das kann man nicht wirklich sagen, denn so aktuell Liszt uns heute in vielem erscheint – er sehnte sich auch nach der sakralen Welt zurück, wie sie Johann Sebastian Bach noch in Thüringen vorfand.

Im Jahr 1848 kam der Klaviermusiker und Komponist Franz Liszt in Weimar an. Hier, an der Ilm, suchte man einen würdigen Ersatz für Schiller und Goethe und fand ihn in Liszt. Der lebte mit Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein in der Altenburg, einer Villa am Rand der Altstadt. Da war er, der kulturelle Input der Extraklasse. Weimar war glücklich. Und Liszt auch. Er genoss die Anerkennung – und schuf einen Großteil seiner Werke in Weimar.

Bis heute ist die Stadt nicht nur von der Klassik und dem Bauhaus, sondern auch von der Musik geprägt. Neben der Hochschule für Musik, an der derzeit 900 junge Menschen studieren und die das Liszt-Jahr mitorga­nisiert hat, gibt es in Weimar auch ein Musikgymnasium. Und in Thüringen wirkten auch Komponisten wie Johann Sebastian Bach, Heinrich Schütz und Max Reger.

Damals war die Konkurrenz unter den Musikern und Komponisten aber bestimmt nicht kleiner als heute: Johannes Brahms, Anton Bruckner, Richard Wagner – alle waren sie Zeitgenossen von Liszt. Die Landesausstellung, die am 24. Juni 2011 in Weimar eröffnet wird, setzt sich ausführlich mit seinem Leben auseinander. Im Schillermuseum wird die Biografie des 1811 in Raiding geborenen Künstlers auch mit Hörbeispielen und Videoinstallationen lebendig gemacht. Der zweite Teil, im Schlossmuseum, widmet sich dem Arbeitsgerät. Hier sind historische Tasten­inst­rumente – auch aus der Privatsammlung des Musikprofessors und Violinisten Prof. Ulrich Beetz – zu sehen. Und der Reiseflügel Liszts, der erst vor einigen Jahren wiedergefunden worden ist.

Die Klavierwelt von damals sah übrigens ganz anders aus als unsere. Kennen Sie einen Flügelbauer außer Steinway? Eben. Damals gab es Érard, Boisselot, Broadwood & Sons. Jeder Hersteller erzeugte Instrumente mit unverkennbarem Klang. Die Musik des Ungarn veränderte sich mit der Entwicklung der Klavierbautechnik. Vom Handyknochen mit Antenne zum iPhone in ein paar Jahren – Ähnliches muss Franz Liszt in der Mitte des 19. Jahrhunderts erlebt haben.

Zum Gelingen des Liszt-Jahrs wird übrigens auch eine Verwandte des Komponisten beitragen: Nike Wagner, Ururenkelin von Franz Liszt und Leiterin des Kunstfests pèlerinages in Weimar. Im Rahmen des diesjährigen Programms werden auch Uraufführungen von Werken zu hören sein, die Komponisten aus den Liszt-Ländern zum Jubiläum geschrieben haben – Geburtstagsständchen für einen europäischen Künstler, den es erst noch zu entdecken gilt.

Er spielt Orgel: Michael von Hintzenstern hat wie Franz Liszt ein inniges Verhältnis zur kleinen Kirche in Denstedt, die dieses Jahr auch Konzertort im Rahmen der Festivitäten sein wird. Er spielt die Consolations in E- und F-Dur. Er ist für einen Moment Mr. Liszt. Und plötzlich türmt sich die Musik im Raum auf. Füllt ihn mit Klang. Die Töne scheinen jetzt von überall her zu kommen. Verspielt, schwierig, voller Kraft sind diese Stücke. Viele Zitate. Keine einfache Musik. Nicht einfach so Musik. Liszt eben.

Liszt-Jahr 2011 – die Programm-Highlights

Sonderausstellung Musik die ans Gebet grenzt – Elisabeth und die Wartburg bei Franz Liszt

Bis 31. März 2012

Thüringen Festival Überlistztet?

Mit einer Fülle von Veranstaltungen in Weimar, Sondershausen, Meiningen, Eisenach und Erfurt.

Don Sanche oder Das Liebesschloss in Sondershausen. 18. Juni

Valery Afanassiev spielt Liszt in Weimar

21. Juni

Eine ungarische Nacht (Open Air) in Meiningen. 23. Juni

Musik der Unbehausten: Eröffnungs­konzert des MDR-Musiksommers 2011 im Schlosshof Weimar. 25. Juni

356. Wartburg-Konzert von Deutschland-

radio Kultur mit Boris Berezovsky auf der Wartburg in Eisenach. 2. Juli

Orgelkonzert mit Guy Bovet in der ­Kirche Denstedt. 2. Juli

Wagner-Woche II im Deutschen ­Nationaltheater Weimar. 6. bis 10. Juli

Die Legende von der heiligen Elisabeth in Erfurt. 9. Juli

Sonderausstellung Musik und Architektur: Liszt und Scheppig in Sondershausen im Schloss Sondershausen

18. Juni bis 23. Oktober

Dauerausstellung Meiningen – Musenhof zwischen Weimar und Bayreuth im Schloss Elisabethenburg Meiningen. Ab 23. Juni

Landesausstellung Franz Liszt – Ein Europäer in Weimar im Schillermuseum und im Schlossmuseum Weimar

24. Juni bis 31. Oktober

Kunstfest pèlerinages, „Vision“ in Weimar – mit sieben Werken von sieben Komponisten aus sieben Liszt-Ländern und einem Schwerpunkt zum Verhältnis Liszt–Wagner. 19. August bis 11. September

Franz Liszt: Oratorium Christus im Dom Sankt Marien Erfurt. 17. September

Klaviersoiree mit Henry Sigfridsson im Schloss Sondershausen. 8. Oktober

Europäische Liszt-Nacht 2011 mit Preisträgern der großen europäischen Liszt-Wettbewerbe zum Abschluss ihrer Tournee in Weimar. 26. Oktober

L’n’B Jazz Night, Nachtkonzert mit

Liszt- und Bach-Jazz in Weimar

29. Oktober

FinaLiszt: Finalkonzert mit Preis-

trägern und der Staatskapelle

Weimar. 30. Oktober

Informationen

Bestellen Sie jetzt gleich das kostenfreie ­Programmbuch Liszt 2011!

Tourist-Information Thüringen

Tel. +49 (0) 361/37 42-0

[email protected]

www.liszt-2011.de

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