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Die Operette ist kein Museum

Bad Ischl, das Postkartenidyll im Herzen des Salzkammerguts.

In der charmanten Kaiserstadt, in der Franz Lehár seine unvergäng­lichen Werke schrieb, liegt heute noch Heiterkeit in der Luft.

Kurhausstraße 8, A-4820 Bad Ischl

In Bad Ischl ist die Operette lebendig wie nie zuvor: Seit 50 Jahren wird beim tradi­tionsreichen Lehár Festival Operette mit Qualität und Schwung gespielt. Seit 2004 hält Dr. Michael Lakner als Intendant, Geschäftsführer und Marketingleiter die Fäden des Festivals in der Hand. Künstlerisch gesehen, blickt Michael Lakner auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Als Korrepetitor hat der promovierte Jurist schon Größen wie Angelika Kirchschlager begleitet, als Fernsehmoderator Meister von morgen präsentiert und bei einer renommierten Wiener Künstleragentur Musiker aus aller Welt betreut. Sein Schauspieldebüt gab er in Houchang Alla­hyaris Film Borderline. Zwischen 1991 und 2001 war er künstlerischer Betriebsdirektor der Oper Graz, anschließend Opernchef in Basel. Beinahe hätte es ihn nach Dubai verschlagen, als Intendant des dort geplanten Opernhauses. Doch Michael Lakner wollte sich nicht „in die Wüste schicken lassen“ und entschied sich stattdessen für die „leichte Muse“ in Bad Ischl. Dort trat er mit der Devise an, auch Unkonventionelles aufzuführen – und stieß zunächst prompt auf Widerstand. Während das Feuilleton schwärmte, fühlte sich das Publikum brüskiert: zu modern, zu abstrakt. Der missionarische Eifer war groß; zu groß, weiß Michael Lakner im Nach­hinein. Jetzt versucht er, die Balance zu halten – mit einer gekonnten Melange aus opulenter Nostalgie und einem Schuss Ironie. Der Erfolg gibt im Recht.

Mit SIMsKultur sprach der Intendant über die vermeintlich leichte Muse und erklärte, warum es die Operette auch in 100 Jahren noch ­geben wird.

SIMsKultur: Für das 50-Jahre-Jubiläum des Lehár Festivals steht Ralf Benatzkys Im Weißen Rössl auf dem Programm. Wollten Sie auf Nummer sicher gehen?

Lakner: Das Werk, mit dem Benatzky Weltruhm erlangte, wurde zu einem Meilenstein in der Operettengeschichte. Und nach 37 Jahren Absenz beim Lehár Festival war es dringend notwendig, das Werk wieder nach Ischl zu bringen, zurück an seinen Originalschauplatz. Viele wissen ja gar nicht mehr, dass das ursprüngliche Rössl-Wirtshaus nur drei Kilometer traun-aufwärts von Bad Ischl stand. Oskar Blumenthal und Gustav Kadelburg haben die Geschichte von der Josepha Vogelhuber – eine wahre übrigens – um 1896 in der Villa Blumenthal bei Bad Ischl niedergeschrieben.

Sie versprechen ein Who’s who der Operettenszene – vor und hinter der Bühne …

Als fesche Rössl-Wirtin wird Schauspielerin Ulrike Beimpold zu sehen sein. Ihren Verehrer wird Boris Pfeifer geben. Ehefrau Caroline Vasicek wird das Klärchen spielen. Für Überraschungen wird der schöne Sigismund sorgen: Ich habe Christoph Wagner-Trenkwitz für die komische Rolle nach Ischl holen können. Regie führt Gernot Kranner, berühmt als Professor Abronsius aus Tanz der Vampire. Es wird eine historisch-traditionelle Inszenierung sein, mit prächtigen Kostümen, die das Salzburger Trachtenhaus Gössl extra für uns anfertigt.

Die Produktionen der vergangenen Jahre ­haben stets einen dramaturgischen Themenfaden aufgewiesen. Wie haben Sie die Programmgestaltung in diesem Jahr angelegt?

Heuer wollte ich ganz bewusst einen Kontrapunkt setzen. Dem Weißen Rössl als wahrscheinlich erstem deutschem Musical stellen wir Paganini von Franz Lehár gegenüber. Das Werk hat einen Wendepunkt in Lehárs kompositorischem Schaffen markiert: die Hinwendung zum lyrischen Drama. Er verzichtete auf das obligatorische Happy End und setzte stattdessen auf opernhaftes Sentiment. Im Gegensatz zum Rössl wird Paganini modern inszeniert, mit einer poppig-trashigen Ausstattung. Die riesengroßen Projek­tionen haben schon fast etwas von einer Musicalshow. Das kommt gerade beim jungen Publikum sehr gut an.

Was will Ihr Publikum denn hören?

Zwei Drittel unserer Besucher kommen aus dem oberösterreichischen Raum – ein Publikum mit einer gewissen Erwartungshaltung. Bei einer Fledermaus von Hans Neuenfels würden die Türen knallen und die Besucher davonlaufen. Man muss auf das Publikum eingehen, und ich habe kein Prob­lem damit. Eine gut gemachte konventionelle Operette finde ich genauso gut wie eine poppig-trashige. Aber: Die Operette ist kein Museum! Wenn es uns nicht gelingt, das junge Publikum für die Operette zu begeistern, haben wir irgendwann keine Zuhörer mehr.

 

Was ist das Geheimnis einer gelungenen Vorstellung?

Die oberste Maxime lautet Qualität. Der Orchesterklang und die perfekte Einstudierung der Sänger, eine virtuose Choreografie und eine durchdachte Regie, in der Tempo und Timing stimmen, sind die Grundlagen für einen fulminanten Operettenabend. Ich versuche, mit den Stücken gute und gehobene Unterhaltung im besten und erhabensten Sinn des Worts auf die Bühne zu bringen. Beim Lehár Festival haben wir wunderbare Darsteller, welche die Operette im Blut haben, und ein tolles, sehr professionelles Team.

 

Was hat es denn mit der vermeintlich „leichten Muse“ auf sich?

Von wegen leicht – Operette gut zu singen ist sauschwer! Hier werden nicht nur Musiknummern gespielt. Die Operette lebt ebenso von den Dialogen, die sind nicht einfach nur Füllmaterial. Die Darsteller müssen Gesang, Schauspiel und Tanz gleichermaßen beherrschen.

 

Woher kommt Ihre Liebe zur Operette?

Wahrscheinlich aus meinem ursprünglichen Bedürfnis heraus, Menschen zu unterhalten. Das liebe ich! 

 

Seit 50 Jahren wird in Bad Ischl Operettengeschichte geschrieben. Worauf gründet dieser Erfolg?

Es gibt heute mehr Operettenfestivals denn je: Schönbrunn, Bad Ischl, Baden, Mörbisch, Langenlois, sogar Kufstein hat ein eigenes Operettenfestival. Die Operette ist ein Ort, wo man für drei Stunden seine Sorgen vergessen kann und in eine Fantasiewelt abtaucht. Das wird auch in 100 Jahren noch so sein. Die gezeigte Operettenwelt mag manchmal absurd erscheinen; sie be­inhaltet aber für jeden nachvollziehbare, ehrliche Gefühle. Und Gefühlen, ganz generell, sollte man sich immer mit der größtmöglichen Ehrlichkeit nähern. In diesem Sinn soll, ja muss man an die Operettenwelt glauben, und das tun wir. 

Das Gespräch führte Miriam Damev.

Informationen

16. Juli bis 4. September 2011

Lehár Festival Bad Ischl

Kurhausstraße 8, A-4820 Bad Ischl

Tel. +43 (0) 61 32/23 8 39

[email protected]

www.leharfestival.at

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