Anlässlich der triumphalen Fledermaus-Uraufführung am Ostersonntag, dem 5. April 1874, im Theater an der Wien schrieb die Morgenpost: „Das klingt ans Ohr und rieselt durch das Blut hinab bis in die Beine, und der faulste Mensch im Zuschauerraum fängt unwillkürlich zu nicken an mit dem Kopfe und wiegt den Leib und strampelt mit den Füßen. Man kann jetzt in einer Loge des Theaters an der Wien die schönsten Seekrankheiten kriegen, so wogt es im Parterre unter den bezaubernden Tönen, die Johann Strauß mit seinem Stabe aus dem Orchester wirbelt.“
Der hintersinnige Witz dieser Geschichte gefiel Johann Strauß so gut, dass er die Partitur in nur 42 Tagen fertigstellte. Der folgende sensationelle und weltweite Durchbruch machte die Fledermaus zum Nonplusultra der Wiener Operette. Im Theater an der Wien wurde das Werk allein in den ersten 65 Tagen nach der Premiere 49-mal gespielt; bis zum heutigen Tag waren es insgesamt gar 445 Vorstellungen. Im Juli 2010 kehrt die nimmermüde, nachtschwärmerische Fledermaus ins Theater an der Wien und somit an den Ort ihrer Uraufführung zurück.
Unter der musikalischen Leitung seines designierten Chefdirigenten Cornelius Meister musiziert das ORF-Radio-Symphonieorchester Wien. Der deutsche Opernregisseur Philipp Himmelmann zeichnet für die Inszenierung dieser Neuproduktion am Uraufführungsort verantwortlich. Kurt Streit gibt den Gabriel von Eisenstein, als seine Frau Rosalinde ist Nicola Beller Carbone zu hören, Juanita Lascarro singt die Adele, und Florian Boesch gibt in Personalunion Dr. Falke und den Frosch. In den weiteren Rollen sind Jacek Laszczkowski als Prinz Orlofsky, Rainer Trost als Alfred, Markus Butter als Frank und Erik Årman als Dr. Blind zu sehen.
Orlando misterioso – eine inszenierte Liedreise
Der Einfrauabend verbindet die Dramatik der großen Oper mit der Intimität des Kammerspiels: Vehikel der inszenierten Liedreise der Sopranistin Nadja Michael ist die Figur des Orlando in Anlehnung an Virginia Woolfs’ gleichnamigen Roman.
Ein Abend, der grenzüberschreitend in vielerlei Hinsicht Formen aufbricht und unterschiedlichste Kunstrichtungen zusammenführt. So ist das Lied hier Urmaterial für eine komplette Bühneninszenierung, in der sich die Geschichte des Jahrhundertwanderers unbewertet und unkonventionell vollzieht. Text, Bild und Soundinstallationen dienen als assoziative Elemente, um die allem zugrunde liegenden Emotionen zu unterstützen.
Die Sängerin und Ausnahmekünstlerin Nadja Michael begibt sich gemeinsam mit dem Publikum auf eine emotionale musikalisch-visuelle Reise, die wie jene von „Orlando“ durch verschiedene Epochen und Seinszustände führt. Eine Reise, die zunächst mit dem staatstragenden Pomp einer Maria Stuart beginnt und sich mehr und mehr durch die verschiedenen Gestalten und Geschlechtlichkeiten hindurch nach innen wendet. Unabhängig von den Transformationen der äußeren Hülle, die Nadja Michael auch optisch vollzieht, sieht sich „Orlando“ immer wieder mit den gleichen Lebensfragen unter verschiedensten Blickwinkeln konfrontiert. Die Sängerin möchte ihr Publikum einladen, sich für diesen Abend vom üblichen Blick zu lösen und Hand in Hand mit „Orlando“ die vielfältigen Zusammenstöße mit dem Außen im Labyrinth der menschlichen Empfindungen zu durchleben.
Im Semper-Depot: Monteverdis L’Orfeo
L’Orfeo von Andreas Bode und Titus Engel beginnt nicht zwischen grünen Hügeln, um sich schließlich in das Abseitige der Welt zu wagen, sondern in einer Welt nach der hypothetischen Katastrophe, durch welche die Unterwelt längst ein Teil der oberen Welt geworden ist. Im Bühnenbild, einer Landschaft aus Sand, spiegelt sich dieser Gedanke. Das barocke Libretto wird durch moderne Prosatexte verdichtet, die Partitur auf ihren Kern reduziert, mit Mitteln der zeitgenössischen Musik klanglich bearbeitet und mit einem teilweise ungewöhnlichen Instrumentarium wie Cymbalon und elektrischer Gitarre interpretiert. Die Musiker sind zugleich Darsteller und nehmen direkt an der Bühnenhandlung teil. Wie in den vorangegangenen Produktionen von Andreas Bode, Der Freischütz und Don Giovanni, stehen die Sänger neben ihrer musikalischen vor allem mit ihrer darstellerischen Leistung im Vordergrund. Zu fünft interpretieren sie alle Figuren sowie die Chöre Monteverdis. Diese zeitgenössische Version von L’Orfeo bildet einen spannenden Kontrapunkt zu Interpretationen der historischen Aufführungspraxis. Doch auch in dieser Neubearbeitung muss Orpheus in die Unterwelt hinabsteigen, um seine Verlobte Eurydike aus dem Totenreich zurück ins Leben zu bringen.
Informationen
Johann Strauß: Die Fledermaus
Premiere: 15. Juli 2010, 19.30 Uhr
Aufführungen: 17., 20., 22., 25., 27., 29. Juli und 3., 5., 8. August 2010
Einführungsmatinee: So, 11. Juli 2010, 11 Uhr
Orlando misterioso – Nadja Michael
Aufführungen: 23. und 25. Juni 2010, 19.30 Uhr
Claudio Monteverdi: L’Orfeo
Michael Bode & Titus Engel
Premiere: 21. Juli 2010, 20.30 Uhr
Aufführungen: 23., 26. und 28. Juli 2010
Karten bei Wien-Ticket: Tel. (+43-1) 588 85
online: www.theater-wien.at
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