Stift Sankt Paul: Macht des Wortes – Mönchtum im Spiegel Europas
Wörter sind Meilensteine der Geschichte. Sie können vernichten und aufbauen, bewegen und verändern. Und in ihnen spiegelt sich das Wissen vieler Epochen. Wissen ist Macht. So ist es, und so war es.
In Umberto Ecos Roman Der Name der Rose steht diese Welt des Wissens und der Bücher im Mittelpunkt einer Geschichte, die „unter die Haut“ geht.
Die Europaausstellung im Benediktinerstift Sankt Paul beleuchtet dieses Ringen um Wissen und Macht neu und versucht, alle Facetten aufzuzeigen – vom ältesten Buch Österreichs (Anfang 5. Jahrhundert) bis hin zu den verbotenen Manuskripten, die einer strengen Zensur unterlagen. Heute wird gezeigt, was im „finsteren“ Mittelalter verboten war.
Die Merseburger Zaubersprüche, zwei Zauberformeln, welche die einzigen erhaltenen Zeugen germanisch-heidnischer Religiosität in althochdeutscher Sprache sind, Die Geschichte des Lachens von Aristoteles oder alte irische Zauberformeln sind ebenso zu betrachten wie Prachtkodizes aus dem Vatikan. So bekommt der Besucher zu sehen, was vielen Generationen zuvor verwehrt war, und begibt sich auf die Spuren des Mönchtums im Spiegel Europas. Vieles, was unsere Geschichte prägte, hat seinen Ursprung im Mönchtum.
Viele beeindruckende Bauwerke entstanden, die heute noch das Mühen der Gottsuche als steingewordenes Credo darstellen. Neben herausragenden Werken der europäischen Buchkunst sind Kostbarkeiten des Kunsthandwerks und der Malerei zu sehen.
Namen wie Albrecht Dürer, Peter Paul Rubens, Tilman Riemenschneider und Anthonis van Dyck sind ebenso vertreten wie Ribera, Lucas Cranach oder Kremser Schmidt.
Eine atemberaubende Welt öffnet sich den Sinnen. Gewaltige Gewölbe, geheime Gänge und prachtvolle Säle bilden die Kulisse einer einmaligen Schau. Was in Ecos Roman als Fantasiegebilde entstand, ist in Sankt Paul durch die bauliche Adaptierung verschütteter Räume Wirklichkeit geworden. Ein Eldorado für den Bücherfan ist die neue Bibliothek in den uralten Gewölben unter den bisher bekannten Räumen des Klosters.
Kostbarkeiten der Gold- und Silberschmiede runden das Angebot für den Betrachter ab und sind Teil der über 1000 Exponate aus ganz Europa, die es auf einer riesigen Ausstellungsfläche zu bestaunen gibt.
Kristalldom
Die Inszenierung der Schöpfungstage und des Lebens des heiligen Benedikt durch Peter Hans Felzmann in einer atemberaubenden Kellerwelt versetzt den Besucher in Staunen und entführt ihn in eine andere Zeit. Der Kristalldom stellt sich als eines der Highlights der Europaausstellung dar und lädt im Planetarium zum Träumen ein und gebietet Ehrfurcht vor der Virtuosität der Architektur des Mittelalters.
Barockgarten und Kräutergarten
Wer jedoch dem Stress des Alltags entfliehen möchte, kann sich im historischen Barockgarten bei einer Tasse Kaffee im Gartenschlössl Belvedere erholen und den Ausblick und die Ruhe im „Paradies Kärntens“ genießen. Bestimmt ist gegen die Hektik dieser Zeit auch ein Kraut gewachsen, vielleicht findet man dieses sogar im neu angelegten Kräutergarten oder in einem der Tees, die in der eigenen Kräuterapotheke zum Verkauf angeboten werden.
Kinderprogramm
Nicht vergessen hat man im Stift Sankt Paul auf die kleinen Gäste. So begeben sich die Kinder gemeinsam mit dem Klosterkobold Muki auf Entdeckungsreise und können nach erfolgreicher Rätselrallye eine kleine Überraschung im Museumsshop abholen. Und während die Erwachsenen durch die spannende Ausstellung spazieren oder bei einem guten Gläschen Stiftswein im Restaurant entspannen, können sich die ganz Kleinen in der Kinderbetreuungsstätte vergnügen.
Macht des Bildes
Der „Macht des Wortes“ wird im Werner-Berg-Museum in Bleiburg die „Macht des Bildes“, die Fähigkeit der Bilder in der Erscheinung Sinn und Bedeutung zu schaffen, gegenübergestellt.
Der Besucher erfährt, wie große österreichische Künstler des
20. Jahrhunderts Visionen von Transzendenz und Göttlichkeit in ihren Bildern zu zeigen vermochten. Der Bogen der über 50 ausgewählten Künstler reicht von Albin Egger-Lienz, Alfred Kubin, Egon Schiele und Oskar Kokoschka über Anton Kolig, Herbert Boeckl, Max Weiler, und Arnulf Rainer bis zu Hermann Nitsch und Hubert Schmalix. Dabei erstaunt die enorme Vielfalt der Positionen, ist doch ebendiese Vielfalt einzelner Stimmen auch eine besondere Eigenschaft des vereinten Europa, in dem die Ausschließlichkeit eines Gottesbildes im Aufeinanderprallen der Religionen kaum mehr zu fordern ist. Die Fülle der ausgewählten Werke in den verschiedensten Techniken ergibt gleichzeitig einen eindrucksvollen Überblick über die Geschichte der österreichischen Moderne, deren Besonderheit und Eigenart im Kontext der Entwicklung der europäischen Kunst des 20. Jahrhunderts zur Darstellung kommt. Dabei zeigt sich in verblüffender Weise, wie sich alle Künstler – sei es im Zentrum, sei es am Rande ihres Werks – dem Thema des Göttlichen gestellt haben. Die vertretenen Positionen reichen von vielfältigen, keineswegs nur christlichen Zeichen des persönlichen Glaubens über das fantastisch Visionäre bis zum ketzerischen Sichwundreiben an einer alten, überbordenden barock-katholischen Bild- und Anschauungstradition. Wie haben die Künstler, jeder Einzelne von ihnen, Göttlichkeit erlebt? Dies wird zur zentralen Frage der Ausstellung.
Besondere Berücksichtigung erfährt dabei das im Museum sonst beheimatete Werk Werner Bergs. Erstmals zeigt der neue Skulpturengarten Meisterwerke zeitgenössischer Bildhauerkunst.
Tanzfestival
Beim Tanzfestival, in dem ein eigens für diesen Zweck geschaffenes Werk von Johann Kresnik und Karlheinz Miklin zur Uraufführung kommt, wird Bleiburg zum Zentrum aktuellster performativer Kunst.
Europafeste sowie kulinarische Kostbarkeiten veredeln das Angebot der Europaausstellung, die auf diesem Weg zwei Regionen miteinander verbindet und den Begriff Europa neu interpretiert.
26. April bis 8. November 2009
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