Giacomo Puccini kannte Paris nicht, als er sich mit der Komposition seiner 1896 in Turin uraufgeführten Oper »La Bohème« beschäftigte, dennoch konnte der Schauplatz authentischer nicht sein. Lag es an der Vorlage, dem Genrebild »Scènes de la Vie de Boheme« Henri Murgers, oder an seinem untrüglichen Gespür für Atmosphärisches, Puccini gewahrt mit dieser Oper einen zeitlosen Blick auf das, was man sich unter »französischer Bohème« vorstellt. Die ergreifende Geschichte der Stickerin Mimi und des Schriftstellers Rodolfo, die dem Zuschauer von Anbeginn signalisiert, nicht glücklich zu enden, spielt mit dem Anspruch des Schriftstellers Murger, man müsse arm gelebt haben, um sich zu einem veritablen Künstler entwickeln zu können.
Dietmar Pflegerls Inszenierung modelliert Puccinis Figuren liebevoll und mit feinem Gespür für alle Zwischentöne und folgt damit genau dem konzeptionellen Plan des Autorentrios, des Komponisten Puccini und seiner beiden Librettisten Giuseppe Giacosa und Luigi Illica. Denn diesen ging es nicht darum, eine stringente Handlung darzustellen, sondern unzusammenhängende Szenen aus dem Leben der Figuren atmosphärisch dicht zu beleuchten.