Weil er sich der Autorität des Vaters, der Überspanntheit der Mutter, der Korruption der Geschwister widersetzt, ist er auch nicht in der Lage, eine Reifeprüfung abzulegen; es reicht gerade einmal zu einer Unreife-Prüfung.
Die zugespitzten Familienverhältnisse erfahren ihre Steigerung durch Spiegelungen in historischen Figuren: Der Vater wird zum russischen Zaren und deutschen Kaiser, und Witold wähnt sich gar als Mörder des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajevo. Von biographischen Querbezügen geprägt sind Stoffwahl und Entstehung, denn der aus Polen nach Buenos Aires exilierte Autor Witold Gombrowicz – ein Freund von Strasnoys Vater – rückt in seinem Fragment gebliebenen Text sich selbst ins Zentrum, indem er dem Sohn dieser friktionsgeladenen Familiengeschichte seinen eigenen Vornamen gibt. Die Besonderheit der Familienverhältnisse findet in der rund einstündigen Operette ihren Niederschlag, denn um sich auf das Beziehungsgeflecht konzentrieren zu können, verzichtet Strasnoy auf jeglichen Orchesterklang.
Vielmehr fordert er die sechs Ausführenden auf, mit der ganzen Bandbreite der stimmlichen Möglichkeiten, mit musikalisiertem Sprechen, mit Lautzerlegungen, mit herausforderndem Koloraturgesang diese familiäre Phantasmagorie a cappella zu gestalten.
Oscar Strasnoy
Operette a cappella
Libretto von Galin Stoev und Oscar Strasnoy, nach Witold Gombrowicz
In deutscher Sprache