Bis dass der Tag euch scheidet:
Eine Antwort auf "Das letzte Band" von Beckett? Eher ein Echo.
Ein Echo jetzt fern, im Raum und auch in der Zeit, jetzt ganz nah an Herrn Krapp,
dem einsamen Helden des Stücks von Samuel B.
Ein Echo jetzt schwach und widersprüchlich, verzerrt, jetzt stark, verstärkt, vergrößert. Deshalb wage ich es diesen Echo-Monolog ein Drama zu nennen, ein sehr kleines Drama - so wie "Das letzte Band" ein Drama ist, ein großes.
Kann es sein, daß nach Beckett nur noch unsere sekundären Stücke gekommen sind, wie zum Beispiel, als Beispiel, eben "Bis daß der Tag euch scheidet"? Keine Reduktion mehr möglich, kein Null-Raum mehr möglich -
nur noch Spuren der Verirrten - hier der I Verirrten? Aber man mußte sich, wir mußten uns vielleicht verirren, im Interesse der Szene, im Interesse des Theaters?
>>Echo<<, wenn ich mich recht erinnere, bezeichnet in der griechischen Mythologie auch eine Person, eine kleine Göttin oder eine Nymphe - auf jeden Fall aber eine Frau, die Stimme einer Frau.
Peter Handke
MARIE COLBIN
Geboren in Gmunden am Traunsee. Schauspielerin und Regisseurin, Fotografin und Autorin. Studium am Mozarteum in Salzburg (Schauspiel und Regie). Viele Jahre Theater- und Filmarbeit im In-und Ausland. Zahlreiche Preise, u.a. Deutscher Filmpreis in Gold für die Hauptrolle in Der Fall Bachmeier – Keine Zeit für Tränen. Zuletzt sorgte Marie Colbin mit Lesungen aus den Werken Ingeborg Bachmanns, Paul Celans, Peter Handkes und Georg Trakls für Aufsehen – u.a. beim Fest zur Eröffnung der Salzburger Festspiele.
2009 las Marie Colbin bei den Salzkammergut Festwochen in einer außergewöhnlichen 7 stündigen Lesung den ganzen "Siddhartha" von Hermann Hesse in Eigenregie im Toscanapark.