Die Recherche zur Ausstellung förderte dabei ein ambivalentes, oft utopisches und mitunter risikoreiches Spektrum zutage: Es reicht von den Barrikadenkämpfen während der Julirevolution 1830 in Paris bis zum Körpereinsatz der Protestierenden in den zahlreichen Protestcamps, die sich heute in fast allen Regionen der Erde finden.
Detailreiche Modelle, gebaut an der Technischen Universität München und der Hochschule für Technik Stuttgart (Prof. Andreas Kretzer), zeigen ausgewählte Protestcamps von der Resurrection City in Washington DC von 1968 bis zur Wiener „LobauBleibt!“-Bewegung von 2021/2022. Vierzig „Bodenstrukturen“ aus Lützerath, zumeist Pfahlbauten, wurden von Rokas Wille (Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe) mit Fotopapiermodellen dokumentiert. Der Regisseur Oliver Hardt entwickelte speziell für die Ausstellung eine Filminstallation. Gemeinsam mit Aktivist*innen konnte eine Hängebrücke aus dem Hambacher Wald übernommen werden. Auch ein 1:10-Hängemodell des Barrios Beechtown, eine Leihgabe des Künstlers Stephan Mörsch, zeigt diese Waldbesetzung. Die „Lobau-Bleibt!“-Proteste werden zusätzlich durch zwei Filme der Künstler Oliver Ressler und Christoph Schwarz dokumentiert und die österreichische Gruppe von Extinction Rebellion stellte eine ihrer Tensegrity-Strukturen zur Verfügung. Die Ausstellungsarchitektur wurde von Something Fantastic entwickelt.
Die Publikation zur Ausstellung macht in Form eines Lexikons ein weitverzweigtes Feld an Bezügen und Verweisen auf, von 1830 bis 2023, von A wie Abschütten bis Z wie Zwentendorf.
Eine Ausstellung des DAM – Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt am Main, und des MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien
Kuratorisches Team
Projektleitung, Kurator DAM: Oliver Elser
Kurator MAK: Sebastian Hackenschmidt
Kuratorische Assistenz, Recherche DAM: Anna-Maria Mayerhofer
Wissenschaftliche Volontärin DAM: Jennifer Dyck
Assistenz MAK: Judith Huemer
Programm
Die Ausstellung wird begleitet von einem rebellischen Rahmen- und Diskursprogramm. Workshops für Kinder und Erwachsene bieten die Möglichkeit, gemeinsam mit Aktivist*innen in Strategien, Denkweisen und kreative Methoden des zivilen Widerstands einzutauchen. Wir sticken zum Protest, machen so richtig (Sieb-)Druck und nutzen das Museum als Spielfeld für Widerstandstraining. Das MAK spricht mit dem Gegenwartsanalytiker Friedrich von Borries über die Aufgaben zukunftsfähiger Architektur und mit Aktivist*innen der Letzten Generation über Protestmethoden und den widerständigen Kampf um Demokratie am Rand der Kriminalisierung. Kurator*innenführungen, Dialogführungen, eine MAK on Tour in die Lobau und nicht zuletzt das regelmäßiges Führungsprogramm bieten besondere Einblicke in eine außergewöhnliche Ausstellung. Beim spielerischen Protesttraining speziell für Schulklassen gibt es einiges an Befreiendem, Rebellischem und Kreativem zu tun.