Im ersten Bild sieht man sie als 17-jährige Schülerin beichten. In einem sprudelnden Erzählfluss zieht sie eine erste Lebensbilanz und verteidigt ihre wilde Entschlossenheit, aus der Kirche auszutreten. Zehn Jahre später sieht man Susn, inzwischen hoffnungsfroh vom Land in die Stadt gezogen, in ihrem Studentenzimmer. Allein. In einer Gewitternacht. Mit den Mitteln der fortgesetzten Selbstbehauptung durch Sprache entsteht eine erotische Phantasmagorie. Weitere zehn Jahre später lebt Susn mit einem Schriftsteller, dem sein Schreiben längst zum alle anderen ignorierenden Selbstgespräch geworden ist. Im letzten Bild sitzt Susn schnapsbewehrt in einer Kirche. "Ja, oft mecht i koan Menschn mehr sehng und von koan Herrgott was wißn, aber wer solltn mir zuhörn, wenn net der Herrgott?". Achternbusch hat seine Susn mit einem Lebenshunger ausgestattet, für den es in der Welt, so wie sie sie vorfindet, nicht die entsprechende Nahrung gibt.
In München ein großer Publikumserfolg, ist Susn in der hochgelobten Inszenierung des künstlerischen Leiters der Schaubühne am Lehniner-Platz Thomas Ostermeier, mit der Ausnahmeschauspielerin Brigitte Hobmeier, als Gastspiel der Münchner Kammerspiele zu sehen.
"Thomas Ostermeiers klug konzentrierte Inszenierung ist frei von Gefühlskitsch und Opferromantik. Er tappt in keine Falle, vermeidet Dorffolklore ebenso wie Bayernkabarettnummern und Pfaffenkarikaturen. Er schafft es, den Staub von dem Stück zu pusten, das in eine Zeit zurückführt, als die Religion in Niederbayern ein Frauenleben regierte. Dass diese Passionsgeschichte nie in Peinlichkeiten abrutscht, ist natürlich vor allem auch Brigitte Hobmeier zu verdanken, die den emotionalen Hochseilakt mit atemberaubender Sicherheit bewältigt, einfach jeden Ton trifft, die Kindlichkeiten und Schroffheiten, den eigensinnigen Trotz, die Verlorenheit und das im Sprechen aufflackernde unbändige Verlangen berührt zu werden." Petra Hallmayer, nachtkritik.de
Mit:
Brigitte Hobmeier, Edmund Telgenkämper
Regie - Thomas Ostermeier
Bühne und Kostüme - Nina Wetzel
Musik - Nils Ostendorf
Video - Sebastien Dupouey