In ihrem multimedialen Werk verarbeitet Shiota ihre eigene Geschichte, persönliche Erlebnisse und Emotionen, Traumata und Ängste, in denen sich die grundlegenden menschlichen Bedürfnisse nach Zugehörigkeit und Sicherheit zeigen, die sich in den Unsicherheiten des Daseins spiegeln. Das Eine gibt es nicht ohne das Andere. Der künstlerische Zugang zum Ausdruck der Widersprüchlichkeiten menschlicher Existenz wirkt reaktiv auf das Publikum: Shiotas Formsprache berührt Menschen intensiv, global und generationsübergreifend. Sie verbindet sich mit deren Geschichten und macht das Kollektive im Persönlichen erfahrbar. In ihren weltbekannten Installationen und Environments entwickelt die Künstlerin beispielsweise feinteilige gewebeartige Räume aus Fäden, verbunden mit gesammelten Gegenständen wie Schlüsseln, Briefen oder Koffern. Diese arbeitsintensiven Verspannungen scheinen wie eine Übersetzung der zeichnerischen Linie in den dreidimensionalen, physisch erfahrbaren Raum. Im Werk der Künstlerin ist schon früh eine Kompromisslosigkeit im Umgang mit ihrer Ausdrucksweise erkennbar: Sie emanzipierte sich von der anfänglich studierten Malerei durch eine Performance mit dem Titel „Becoming Painting“ (1994), in der sie sich selbst mit roter Emaillefarbe übergoss. Diese Farbe greift die Haut an – eine symbolisch und körperlich eindringliche Abkehr vom Malerischen und dessen Erbe hin zur Suche nach der eigenen Bestimmung als Künstlerin, damals mit offenem Ausgang.
Eröffnung der Ausstellung am 6. Juli, um 19:00 Uhr
Chiharu Shiota ist 1972 in der Präfektur Osaka, Japan, geboren und lebt seit 1998 in Berlin. 1992-1996 studierte sie an der Seika-Universität in Kyoto und besuchte 1996-1997 die Hochschule für Bildende Künste in Hamburg. Danach studierte sie bis 1999 an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig und anschließend bis 2003 an der Hochschule der Künste in Berlin. Ihr Werk wurde weltweit in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen präsentiert, unter anderem vertrat sie 2015 Japan auf der Biennale in Venedig.