Das Verschwinden des alten „Normal“ in „Social Distancing“ und beschleunigtem Strukturwandel macht den Blick frei für neue Chancen. Wir können entscheiden, in welcher Haltung wir nun der Zukunft begegnen wollen: Passiv-unterwürfig oder aktiv-entwerfend?
Die Festivalausstellung Die Stadt als Datenfeld. Wie wir in Zukunft leben wollen ist eines der größeren Projekte des verlängerten Kulturjahres 2020 und gehört zum Themenschwerpunkt „Digitale Lebenswelten“. Sie stellt die Frage, wie es dem/der Einzelnen und der Gesellschaft mit globaler Vernetzung, „Big Data“ und dem „Navigieren durch Daten“ geht. „Zuerst machen wir Daten, dann machen sie uns“ – welche Möglichkeiten zur „Menschwerdung“ (Flusser) werden durch Technik eröffnet, worauf gilt es zu achten?
Die Erzählung von Die Stadt als Datenfeld. Wie wir in Zukunft leben wollen folgt Bildern des Technikphilosophen Vilém Flusser und seinem Plädoyer für ein Zugehen auf das „Entwerfen von Schicksal“ und das Wagen von Utopie als spielerisches Prüfen alternativer Möglichkeiten eines „aufrechten“ Lebens als Antwort auf die Krise. Das neu zu gestaltende „Wir“ könnte nach Flusser „nicht länger Werten unterworfen, sondern sie komponierend“ sein.
Flussers visionärer Hintergrund bietet die Bühne für die Thematisierung des Konfliktes zwischen Effizienz und Optimierung versus persönlicher und kollektiver Freiheit der Entscheidung. Die Stadt als Datenfeld. Wie wir in Zukunft leben wollen handelt vom Vordringen datengetriebener automatischer Steuerungen in immer intimere persönliche Lebensbereiche. Ob „Smart City“, „Smart Home“, Partnerwahl und Familienplanung, Körperimplantat oder Kindererziehung – die Allgegenwärtigkeit von Datensteuerungen in öffentlichen und privaten Produkten und Dienstleistungen im postdigitalen Zeitalter der Industrialisierung 4.0 verlangt eine Besinnung auf die Ziele, die uns leiten.
Diese Geschichte unserer Geschichte begegnet dem Publikum in drei performativen und zur wiederholten aktiven Teilnahme einladenden Formaten:
1. Festival- und Erlebnisausstellung in zehn Themenräumen im Erdgeschoss und 2. Stock des Graz Museum – mit hochrangigen internationalen Kunstwerken und Themeninstallationen
2. Zehnwöchiges Diskursfestival zu den Themen der Ausstellungsräume, teilweise im Graz Museum und Graz Museum Schlossberg sowie an prägnanten Kulturorten mit Vorträgen zu den einzelnen Themen und Mitwirkung von Grazer Initiativen
3. Themenführungen zu wechselnden Schwerpunkten wie z.B. Datenökonomie, Privatsphäre, Sicherheit u.v.m.
4. Begleitendes und vertiefendes diskursives Webformat, das auch die Funktion eines die Ausstellung überdauernden Kataloges übernimmt.
Die Festivalausstellung „Die Stadt als Datenfeld. Wie wir in Zukunft leben wollen.“ ist
• beweglich, nicht statisch; sie reagiert auf Besucher*innen und wandelt sich im Lauf der Zeit. Eine performative Ausstellung, bei der in die Widersprüchlichkeit der gestaltenden Kräfte und die Ergebnisoffenheit der Technikentwicklung hineingeführt wird (sie nicht aufgelöst wird).
• metaphorisch, ein „Bühnenstück in zehn Bildern“; sie beginnt mit Peter Weibels und Christian Lölkes titelgebender Arbeit „Die Welt als Datenfeld“, in der nicht mehr nach Sternen, sondern nach Daten navigiert wird, und endet dort, wo man wie nirgendwo sonst in Graz den Sternen so nah ist: auf dem Schlossberg, in der Nähe von Richard Kriesches ARTSAT-Scheibe mir einem Workshop zur Verabschiedung eines Manifestes: „Wie wir in Zukunft leben wollen“.
• widersprüchlich; sie führt uns in Widersprüche und Erfahrungen, in Weltgefühle, aber sie strahlt nie Ohnmacht oder Dystopie aus, sondern Zuversicht; sie handelt vom aufrechten Leben, ohne konkrete Handlungsanleitungen zu geben. Gefragt wird nicht, wie ich leben will, sondern wie wir leben wollen.
• partizipativ; das Festivalformat lädt zur aktiven Beteiligung ein.
Kuratoren: Peter Rantaša, Otto Hochreiter
Ausstellungsgestaltung und -grafik: BUERO41A
Ausstellungsgestaltung Erdgeschoss: studio-itzo
Projektsteuerung: Sibylle Dienesch
Projektleitung: Johanna Fiedler, Angela Rossmann, Franziska Schurig