In mikroskopischer Nahsicht beobachtet er Bewegungen und Formen, die sich durch den Kontakt ergeben, den Objekte mit ihrer Umwelt eingehen. Aber auch die Auseinandersetzung mit natürlichen Elementen sowie den Parametern Zeit, Raum und Wahrnehmung stellen wiederkehrende Themen in seinem Werk dar. Guðjónssons Art der Untersuchung erfolgt neben einer visuellen Ebene stets auch auf einer akustischen. Er nutzt das Potenzial des filmischen Mediums, ein Zusammenspiel von Bild und Ton wiederzugeben, dazu, eine maximale Symbiose beider Sinneseindrücke zu erzeugen. Komplexe Klanglandschaften und rhythmisierte Bilder verwickeln die Betrachter:innen in eine synästhetische Erfahrung, die das eigene Wahrnehmungsfeld erweitert und eine neuartige Art des Empfindens generiert.
Mit seiner Installation "Perpetual Motion" (kuratiert von Mónica Bello, CERN Genf), mit der er Island auf der 59. Biennale in Venedig 2022 vertrat, erreichte Guðjónsson internationale Bekanntheit. Benannt nach einem uralten Traum der Menschheit, dem "perpetuum mobile", der Maschine, die sich ohne Energiezufuhr und zeitlicher Beschränkung in Bewegung hält, zeigt die Arbeit Nahaufnahmen von magnetisch angezogenem Metallstaub in einem sechs Meter hochragenden Split-Screen. Die Soundebene, die in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Valgeir Sigurðsson entstand, widmet sich ebenfalls der Erforschung der Materialität der über die Bildschirme pulsierenden Materie. In "Scopes of Inner Transit", der ersten monografische Ausstellung des Künstlers in Österreich, wird "Perpetual Motion" zusammen mit weiteren drei rezenten Arbeiten Guðjónssons gezeigt.
Kuratiert von Susanne Watzenboeck