Sämtliche Werke der Ausstellung kommen aus einer wichtigen Privatsammlung, die eine Darstellung dieses so zentralen Themas ermöglicht. Auch die Tatsache, dass viele Arbeiten bislang überhaupt erst ein einziges Mal zu sehen waren, macht die Ausstellung besonders sehenswert. In Tulln sind alle Werke zum ersten Mal zu Gast.
Schiele lotet im Laufe seines Schaffens sehr unterschiedliche Dimensionen der Nacktheit aus. Nicht immer steht Sexualität im Zentrum, Nacktheit ist auch etwas Normales, befreit vom Anzüglichen. Zahlreiche neue Blickrichtungen, Perspektiven, Bildausschnitte, Bewegungen und formale Experimente bieten einen schier unerschöpflichen Reichtum des Themas.
Der Selbstakt nimmt in Schieles Schaffen einen besonderen Stellenwert ein. Er eignet sich für den Künstler vorzüglich, um an ihm die eigene Empfindsamkeit, aber auch die vielfältigen Erscheinungsformen des Ich in Rollenspielen und Seelenzuständen zu erfassen. Im Selbstakt verwischt er die Merkmale seines Aussehens oft so stark, dass der Übergang von Porträthaftigkeit zu überindividuellen, generellen Darstellungen ebenso fließend ist wie Gendergrenzen seiner Selbstsicht. Schiele ist getrieben von der Lust am Rollenspiel, dem ständigen Wechsel von Wahrhaftigkeit und theatralem Auftritt. Beide Aspekte greifen so stark ineinander, dass sie in großartigen Blättern zur Einheit werden.
Die Ausstellung in der Schatzkammer vertieft den Schwerpunkt des Egon Schiele Museums zu Erwin Osen, der den Künstlerfreundes im Teenageralter zur Nacktheit geführt hat. Schiele war fasziniert vom 18jährigen Osen, Hauptwerke der Kunst des 20. Jahrhunderts waren die Folge. Beispiele des Schaffens von Erwin Osen - mit teils noch nie gezeigten Werken – ergänzen die Ausstellung „Egon Schiele. Nackt!“ des Museums in einem eigenen Sonderaustellungsbereich im ersten Obergeschoß.
Empfohlene Besuchszeit: 20 Minuten