Aus den 75 Projekten, die zur „Auszeichnung des Landes Tirol für Neues Bauen 2020“ eingereicht wurden, hat die Jury – Anne-Julchen Bernhardt (RWTH Aachen), Peter Haimerl (Architekt, Stadtplaner, München), Marta Schreieck (Henke Schreieck Architekten, Wien) – eine engere Auswahl an Bauwerken besichtigt und sich für 18 Nominierungen entschieden. Schlussendlich wurden drei Auszeichnungen und sechs Anerkennungen für Bauten vergeben, die dem Kriterium einer besonders vorbildlichen Auseinandersetzung mit den architektonischen Herausforderungen unserer Zeit sowohl in ästhetischer wie auch in innovatorischer Hinsicht entsprechen. Außerdem hat die Jury in diesem Jahr vier lobende Erwähnungen ausgesprochen.
landesrätin beate palfrader zur auszeichnung des landes tirol für neues bauen 2020
"Bauen in Tirol unterliegt besonderen Rahmenbedingungen, denn nur zwölf Prozent der Fläche in Tirol sind als Dauersiedlungsraum geeignet. Dabei ist nicht nur der eingeschränkte Raum eine Herausforderung, sondern auch die alpine Topographie sowie die Verbindung zwischen Altem und Neuem. All dies kann als limitierend gelten, kann aber auch als Impuls für kreative und zukunftsweisende Lösungen genutzt werden. Wenn wir uns die Objekte der Preisträgerinnen und Preisträger der diesjährigen „Auszeichnung des Landes Tirol für Neues Bauen 2020“ ansehen, dann wissen wir, dass Einfallsreichtum und Innovation die treibenden Kräfte für die Verwirklichung der Projekte waren.
Die Auszeichnung, die alle zwei Jahre vergeben wird, soll nicht nur herausragende Bauten in den Fokus rücken, sondern generell die Bedeutung der Baukultur im Bewusstsein der Öffentlichkeit stärken. Charakteristisch für eine qualitätsvolle Baukultur ist ein respektvoller Umgang mit dem Bestand und der Umgebung, eine sorgfältige Auswahl des Materials und ein hoher Standard in der Bauausführung. Die prämierten Projekte weisen diese Merkmale auf und belegen eindrucksvoll, wie vielfältig die Architekturszene in unserem Land ist." (Auszug aus dem Vorwort von Beate Palfrader, Landesrätin für Bildung, Kultur, Arbeit und Wohnen, erschienen in der Broschüre "Auszeichnung des Landes Tirol für Neues Bauen 2020")
statement der jurorInnen anne-julchen bernhardt, peter haimerl, marta schreieck
"Tirol ist heutzutage viel: Natur- und Kulturlandschaft, Sportarena, Gewerbegebiet und auch Einfamilienhausgegend. Tirol ist der Prototyp einer urbanen Landschaft. Und wie es sich für jede Metropole gehört, ist in Tirol in den letzten Jahren eine Reihe von herausragenden Architekturen entstanden. Und doch geht es jetzt darum, in die zweite Phase einzusteigen: Neben den kulturellen Highlights gilt es nun, in die Breite zu agieren. Viele der eingereichten Arbeiten beschäftigen sich daher mit Themen der sekundären Kulturmerkmale. Sehr wichtig, wenn es darum geht, dass ein Land langfristig Identifikation und Perspektiven finden soll.
Nach wie vor spielt die Erschließung der Naturlandschaft eine Rolle. So wurden Liftanlagen und Berghütten entweder im Rückgriff auf ortsgebundene Materialien oder traditionelles Handwerk neu interpretiert oder Orte durch starke Objekte neu gedeutet. Was sich dabei zeigt ist, dass auch kleine Interventionen, seien es Um- und Ausbauten von Gebäuden statt deren Abriss oder sensible Umgestaltung von Plätzen oder Innenräumen, den Geist eines Ortes mehr bereichern können als Neubauten. Auch jenseits von klassischen Architekturen hat sich vieles entwickelt: So wurden zum Beispiel Brücken eingereicht, die Dank des kongenialen Zusammenwirkens von Ingenieurskunst und architektonischem Gestaltungskönnen wieder an die Kunst der Symbiose von Technik und Landschaft anknüpfen.
Überraschend und sehr erfreulich für die Jury war, dass innovative Räume für Bildung, Kommunikation und neue Arbeitswelten entdeckt werden konnten. So sind die Schulen, ob Umbau oder Neubau, mit ihren völlig neuartigen durchlässigen Raumkonzepten und Freibereichen charakterisiert durch ihr komplexes Verschränken mit der Umgebung. Konsequent realisiert, sind diese Gebäude Vorreiter nicht nur für neue Bildungswelten, sondern auch für neue Raumwelten, die so noch nicht gedacht werden konnten, weil entsprechende Überlegungen bisher gefehlt haben. Diese neuen Raumwelten fanden wir auch bei Produktions- und Arbeitsstätten hiesiger Betriebe.
Die Jury dankt den Architektinnen und Architekten für ihre eingereichten Beiträge. Beim gemeinsamen Besuch einiger dieser Bauten konnten wir innovative Arbeits-, Kultur- und Wohnwelten kennenlernen, spannenden Umgang mit Materialien und Natur sowie wegweisende Raumkonzepte. Sollten sich die prämierten, in Tirol gebauten Beispiele bewähren, dann wird deren Wirkmacht das ganze Land in einigen Jahren architektonisch nochmals verändern können. Einen Blick in seine spannende Zukunft konnten wir gewinnen." (Auszug aus dem Vorwort der Jury, erschienen in der Broschüre "Auszeichnung des Landes Tirol für Neues Bauen 2020")