Nach einem Besuch in Weimar 1856 bei Franz Liszt und Fürstin Carolyne von Sayn-Wittgenstein notierte Berlioz: „Ich kam auf meine Bewunderung für Vergil zu sprechen und auf meine Idee, eine Grand opéra in Shakespeareschem Stil zu schreiben, deren Sujet das zweite und vierte Buch der Aeneis sein sollte… Nach Paris zurückgekehrt, begann ich, die Verse zu der dramatischen Dichtung Les Troyens niederzuschreiben.“ Die Einnahme von Troja, der erste Teil des monumentalen Werkes, das oft als der „Fran¬zösische Ring“ bezeichnet wird, erzählt, wie die Trojaner unter der Führung des Aeneas aus ihrer Stadt fliehen, nachdem sie gegen die Warnung Kassandras das berühmte Holzpferd in die Stadt hineingezogen haben und so von den Griechen besiegt wurden. Im zweiten Teil, Die Trojaner in Karthago, erreicht Aeneas auf seiner Irrfahrt Karthago. Er und die Königin Dido verfallen einander in rasender Leidenschaft. Doch Aeneas muss Dido verlassen. Als er heimlich sein Schiff besteigen will, erscheint die von schlimmen Ahnungen Getriebene, doch Aeneas hört nicht auf ihre verzweifelten Beschwörungen, woraufhin Dido sich tötet.
Anders als bei Vergil steht hier nicht nur der trojanische Feldherr Aeneas im Mittelpunkt, sondern die Seherin Kassandra mit ihren ungehörten Warnungen und ihr Gegenentwurf, die karthagische Königin Dido. Les Troyens war eine Herzensangelegenheit des französischen Komponisten. Umso schmerzlicher musste es daher für ihn sein, dass bei der Uraufführung in Paris am 3. November 1863 nur der verballhornte 2. Teil gebracht wurde. Die Erstaufführung des gesamten Werkes erfolgte erst 1930 mit großem Erfolg in der Berliner Staatsoper.