Martin Schwab – Lesung
Christian Schacherreiter – Einführung
Les musiciens du cirque – musikalische Gestaltung
Das Stück Die Macht der Gewohnheit, das im gleichen Jahr wie die Jagdgesellschaft herauskam – wie schon Der Ignorant und der Wahnsinnige bei den Salzburger Festspielen –, ist Bernhards erste „Komödie“. Es ist abermals ein Text über die Kunst und ihre Ausübenden. In ihrem Mittelpunkt steht der Zirkusdirektor Caribaldi, der seit 22 Jahren mit seinen vier Mitspielern, dem Dompteur, dem Spaßmacher, dem Jongleur und seiner eigenen Enkelin, vergeblich versucht, einmal Schuberts Forellenquintett vollständig und als „perfekte Musik“ aufzuführen.
Dass diese Proben regelmäßig mit einer vollständigen Katastrophe enden, macht den Text nicht nur zu einer bitteren Verhöhnung aller Vorstellungen von künstlerischer Perfektion, sondern es stellt von Neuem den parodistischen Bezug zu seinem Uraufführungsort her. Insgesamt ist Bernhards zweites Festspielstück eine besonders gelungene Variante eines seiner wichtigsten literarischen Themen: des Scheiterns des Künstlers, wenn er versucht, vollkommene Kunst zu schaffen. Es ist aber auch ein Stück über Herrschaft und Macht: Um sein künstlerisches Ziel womöglich doch zu erreichen, hat sich Caribaldi seine Mitspieler bedingungslos unterworfen: „Durch diese Tür / kommen Ihre Opfer herein“, sagt der Jongleur zu ihm. „Nicht Menschen / Instrumente“.
Außerdem formuliert Bernhard immer wieder zentrale Sätze seiner Existenzkonzeption: „Alles nur widerwärtig / alles was geschieht / geschieht widerwärtig / Das Leben die Existenz“, gesteht Caribaldi. „Wir wollen das Leben nicht / aber es muß gelebt werden / Wir hassen das Forellenquintett / aber es muß gespielt werden“.
Der 1937 geborene Schauspieler Martin Schwab ist seit 1987 Ensemblemitglied, seit 2009 Ehrenmitglied des Wiener Burgtheaters und begleitete zahlreiche Uraufführungen, unter anderem von Thomas Bernhard, Peter Handke und Elfriede Jelinek. Schwab wurde mit der Kainz-Medaille und mit dem Nestroy-Theaterpreis ausgezeichnet. 2013 Franz Josef Altenburg Preis der Salzkammergut Festwochen Gmunden.