Eine süddeutsche Kleinstadt, 1935.
Während eines vormilitärischen Lagers, das der Lehrer mit seiner Schulklasse besucht, wird der Schüler Neumann ermordet, Sohn aus reaktionärem Elternhaus, der in einem Aufsatz rassistische Bemerkungen geschrieben hat. Der Verdacht fällt sofort auf den Schüler Ziegler, der kurz vorher mit Neumann handgreiflich wurde, weil er durch ihn sein Kästchen aufgebrochen glaubte, in dem er sein Tagebuch mit seinen „innersten Geheimnissen“ unter Verschluß hielt, unter anderem sein Liebeserlebnis mit einem Mädchen namens Eva, die zu einer jugendlichen Diebesbande gehört.
Erst während der Gerichtsverhandlung ringt sich der Lehrer zu dem Geständnis durch, dass er selber, um einem Lagerdiebstahl auf die Spur zu kommen, das Kästchen aufgebrochen hatte.
Durch dieses Wahrheitsbekenntnis ermutigt, eröffnet Eva dem Gericht, sie sei bei der Tat zugegen gewesen, aber weder Ziegler noch sie hätten Neumann ermordet, sondern ein plötzlich hinzukommender Junge habe ihn hinterrücks mit einem Stein erschlagen.
Das Gericht nimmt ihr diese unwahrscheinliche Version des Hergangs nicht ab und lastet ihr das Verbrechen an.
Als der Lehrer den einzigen Hinweis des Mädchens auf den „großen Unbekannten“ – er habe „helle, runde Augen. Wie ein Fisch“ – hört, beginnt er nach der Wahrheit zu suchen …
Horvaths Roman sollte ursprünglich unter dem Titel „Das Zeitalter der Fische“ erscheinen. Eine Anspielung auf die Mitläufer des nationalsozialistischen Regimes, emotionslos und kalt, nie aus dem schützenden Schwarm herausschwimmend, ohne eigenständiges Denken der allgemeinen Propaganda folgend.
„Es ist ein Buch gegen die geistigen Analphabeten … “ (Horvath).
Vordergründig ist „Jugend ohne Gott“ eine Kriminal- und Mordgeschichte im frühen Nazi-Deutschland, in einer Atmosphäre, die noch durch Inflation, Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit geprägt ist. Der Lehrer selbst hat als Jugendlicher den ersten Weltkrieg miterlebt und währenddessen seinen Glauben an einen Gott verloren. „Es war im Krieg, da habe ich Gott verlassen. … Gott ist schrecklich, aber ich will ihm einen Strich durch die Rechnung machen. Mit meinem freien Willen.“
Auf schmerzhafte Weise wird der Lehrer eines Besseren belehrt. Die Suche nach Wahrheit führt zu einer eigentümlichen Rückkehr zum Glauben und zu Gott.
Der Roman erweist sich als eine stark autobiographische Identitätssuche, die Versuchung, durch Anpassung die eigene Existenz zu sichern, weist aus der Geschichte in unsere Gegenwart.
„Aus den Schlacken und Dreck vergangener Generationen steigt eine neue Jugend empor. Der sei mein Buch geweiht!“
1937 geschrieben, in einem holländischen Exil-Verlag erschienen, wurde Horvaths Roman ein großer Erfolg und rasch in viele Sprachen übersetzt. In Deutschland wurde das Buch im Januar 1938 wegen „Pazifistischer Tendenzen“ auf die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ gesetzt.
Als dann auch in Österreich die Hakenkreuzfahnen aufgezogen wurden und Demonstrationen den „ Anschluß“ bejubelten, floh Horvath, nun ein Emigrant, in die Schweiz und begann, an einem neuen Roman zu arbeiten: „Adieu, Europa!“ . Eine Reise nach Paris wurde ihm zum Verhängnis: Horvath starb unter einem herabfallenden Ast während eines kurzen Gewitters auf den Champs-Elysées, nach Gesprächen über eine geplante Verfilmung seines erfolgreichsten Romans: „Jugend ohne Gott.“