„Da er Rath hieß, nannte die ganze Schule ihn Unrat.“ - Der tyrannische und verknöcherte Gymnasiallehrer Professor Rath, der sein bisheriges Leben der Mission der Bildung untergeordnet hatte, gerät auf der fanatischen Jagd seiner ihn peinigenden Schüler in die Fänge eines verwirrend-fremdartigen Dunstkreises, der erotischen Halbwelt. Sie, das ist Lola, eine „ Barfußtänzerin“ im Tingeltangel Variéte „Der blaue Engel“. Für Unrat bleibt sie die „Künstlerin“; auch dann noch, als er sich um Ruf und Stellung sorgen muss und diese schließlich verliert.
Der blaue Engel - Eine Satire über eine ungleiche Liebe? Auf alle Fälle ist diese Geschichte das Psychogramm einer exotischen Beziehung, die sich ihr Recht erwirkt, wenn die gesellschaftlichen und politischen Mechanismen durchschaut sind. „Unrat, dieses lächerliche Scheusal ... hat doch einige Ähnlichkeit mit mir“, so der Autor Heinrich Mann in einem wenig beachteten Zitat über eine Gestalt, die seinen Weltruhm als Autor begründen und ihn für den amerikanischen Film interessant machen sollte. Ein viertel Jahrhundert nach Erscheinen des Buches lernte er Ende der Zwanziger Jahre im berüchtigten Westberliner Amüsierviertel Nelly Kröger kennen; ein Mädchen mit der „Seele der Halbwelt“. Kurz darauf wurde nach der Romanvorlage der erste deutsche Tonfilm gedreht: „Der blaue Engel". Marlene Dietrich war mit einem Schlag berühmt, und mit ihr trat Heinrich Mann endlich aus dem Schatten seines Bruders, des Nobelpreisträgers. Die verpönte Nelly Kröger sollte seine Begleiterin ins Exil werden. Leben und Literatur - einmal mehr im Leben der Manns erwies sich das eigene literarische Werk für Heinrich als self-fulfilling prophecy.