„Sie ist meines Wissens die erste Fabrik, deren Betrieb einzig auf die Fabrikation von Gegenständen im „modernen Stil“ gerichtet ist“, urteilte im Dezember 1902 Henry van de Velde, der künstlerische Berater des Großherzogs Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar-Eisenach, in seinem Spezialbericht über die Porzellanfabriken im Großherzogtum.
Modern und preiswert – so lässt sich auch heute rückblickend mit zwei Schlagworten das Produktionsprogramm der „Manufaktur Burgau a.d. Saale Ferdinand Selle“ beschreiben. Sie stellte in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts eine Vielzahl von Haushaltsgeschirr, Zierporzellan, Mokkatassen und Gastronomiegeschirr her.
Der Fabrikgründer Ferdinand Selle besaß als Mitglied im „Deutschen Werkbund“ gute Kontakte zu zeitgenössischen Künstlern und konnte für einige Services namhafte Entwerfer gewinnen, mit denen er Erfolge in der Fachwelt und auf Messen erzielt. Henry van de Velde, Albin Müller, Albert Gessner, Franz Seeck, Fia und Rudolf Wille, Else Wenz-Viëtor sowie Erich Kuithan wurden für Selles Manufaktur tätig.
Die Ausstellung präsentiert Manufakturgeschichte, Formen und Dekore, Zierporzellane und Mokkatassen. An Hand von Einzelstücken, Musterblättern, Anzeigen und Preistabellen werden erstmals auch die in den 1920er Jahren produzierten Service vorgestellt.
Nach dem Erlöschen der Firma übernahm die Rudolstädter Manufaktur Albert Stahl & Co. die Formen und produzierte weiter bis in die Fünfziger Jahre. Bislang unbekannte Formen aus dem Firmenbestand ergänzen die Ausstellung.