Mosaik, sogenannte Dame von KarthagoSkulptur des Ganymed mit Adler

Die Vandalen stürmen das Karlsruher Schloss

Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2009: Bis 21. Februar 2010 präsentiert das Badische Landes­museum die Sonderausstellung Erben des Imperiums in Nordafrika – Das Königreich der Vandalen.
Schloss, D-76131 Karlsruhe

Die Ausstellung zeichnet ein neues Bild jener antiken Großmacht, die im ­Bewusstsein der Öffentlichkeit stets mit negativen Assoziationen verbunden ist. Ein Großteil der spektakulären Exponate aus nordafrikanischen Museen wird zum ersten Mal in Europa zu ­sehen sein.

Zu Beginn des 5. Jahrhunderts befand sich das krisengeschüttelte römische Weltreich im Umbruch. Zahlreiche germanische und reiternomadische Stämme wanderten auf der Suche nach einer neuen Heimat quer durch Europa. Zu diesen Völkerverbänden zählten auch die Vandalen, die den Rhein überschritten, in Gallien einfielen, weiter durch Spanien zogen und 429 ein unerhörtes Unterfangen realisierten: Mit 80000 Menschen wagten sie die Überfahrt nach Nordafrika, eroberten das fremde Territorium und gründeten schließlich ein mächtiges Königreich, das für kurze Zeit die Geschicke des Mittelmeerraums bestimmte.

Damit waren die Vandalen die ersten der völkerwanderungszeitlichen „Barbaren“, die für sich in Anspruch nahmen, die Erben der alten Großmacht zu sein. In den Augen Roms besaß ihr Staat keine Legitimation. Neuere Forschungen zeigen jedoch, dass die Vandalen ein wohlgeordnetes Staatswesen pflegten. So wird die Sonderaus­stellung dieses Bild der Vandalen relativieren, die zwar sprichwörtlich als zivilisationsfeindliche Zerstörer gelten, doch tatsächlich als Bewahrer römischer Kultur und Lebensart anzusehen sind.

Rund 500 hochkarätige Objekte aus nordafrikanischen und europäischen Museen geben Zeugnis von der Kunst und Kultur zur Zeit der Vandalen: Prachtvolle Mosaike, darunter die ­Dame von Karthago und der Vandalische Reiter, die kunstvolle Skulptur des göttlichen Mundschenks Ganymed und kostbarer Schmuck aus dem Grabfund von Koudiat Zâteur führen Reichtum und Kultiviertheit der romanisierten Oberschicht vor Augen. In der Inszenierung ­einer spätantiken Villa sind die Objekte in ihren ursprünglichen Kontext eingebettet.

Weitere Höhepunkte stellen die beiden einzigen existierenden Bauinschriften aus dem vandalischen Königshaus – die des Königs Thrasamund aus der Basilika von Henchir el-Gousset und die des Prinzen Gebamund, die den Bau von Thermen mit einem Gedicht rühmt – dar.

Dass die Vandalen Christen waren, belegen zahlreiche biblische Darstellungen auf Öllampen, Sarkophagen und Mosaiken. Die Entwicklung und Kontinuität des frühchristlichen Kirchenbaus in spätrömischer, vandalischer und ­byzantinischer Zeit veranschaulichen Modelle der Basilika Damous el-Karita in Karthago oder der Kirche im west­tunesischen Henchir el-Gousset.

Der ­begehbare Einbau eines mosaizierten Taufbeckens verrät, wie die Menschen sich damals zum Christentum bekannten. Erstmalig wird auch der Sarkophag von Lamta ausgestellt – er gilt als ein Zeugnis der Ausbreitung des frühen Christentums.

Zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter Katalog mit Beiträgen renom­mierter Vandalenforscher. Ein vielfältiges Begleitprogramm mit Fachvorträgen, Führungen und exklusiven Abendevents rundet das Angebot ab.

Informationen
bis 21. Februar 2010
Badisches Landesmuseum Karlsruhe
Schloss, D-76131 Karlsruhe
Di–So und Fei 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr
Info-Hotline: Tel. (+49-721) 926 28 28
[email protected]
www.vandalen2009.de

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