Budapest, nachts. Menschen schlafen, Künstler arbeiten. Péter Eötvös legt letzte Hand an eine Komposition, die kommenden Monat uraufgeführt wird. Noch ein Stück, das fertig ist – Grund zum Entspannen? Eher nicht – ein Blick in Péter Eötvös’ Kalender zeigt, wie viele neue Werke für die nächsten sechs Jahre geplant sind. Doch er arbeitet nicht nur als Komponist, sondern zusätzlich noch als Dirigent, der als gern gesehener Gast durch die fünf Kontinente reist, im Gepäck eigene Musik und Werke vieler anderer Komponisten. Dirigieren und komponieren … ist Eötvös ein dirigierender Komponist oder ein komponierender Dirigent?
Péter Eötvös: „Der Beruf ist eigentlich derselbe, bloß setzt man von zwei verschiedenen Seiten aus an. Als Dirigent profitiert man von der Erfahrung des Komponisten, wird in der Interpretation stark von dem Wissen beeinflusst, das man als Komponist hat. Andererseits lernt der Komponist immer wieder aus der Praxiserfahrung, die er als Dirigent sammelt. Er lernt, wie die verschiedenen Gruppen im Orchester klingen und welche akustischen Möglichkeiten ihm das eröffnet. Das ist für einen Komponisten eine fantastische Erfahrung und ein wahres Geschenk.“
Péter Eötvös’ Œuvre umfasst viele Werke, man könnte sogar sagen: viele Stile. Welche Einflüsse waren wesentlich für ihn?
Péter Eötvös: „Ich sehe mich eigentlich nicht als Schüler eines bestimmten Komponisten. Viele haben mich beeinflusst, an erster Stelle Bartók, den ich seit meinen ersten Schritten in Sachen Musik kenne. Schon mit fünf, sechs Jahren habe ich seine Musik kennengelernt, was für mich eine großartige Erfahrung war. Dadurch habe ich seine Musik auch nicht als ‚neue‘ Musik verstanden, sondern einfach als die Musik beziehungsweise die musikalische Sprache, die ich damals schon sprach.
Als ich 16 war, studierte ich an der Budapester Akademie. Dort erfuhr ich, es gäbe in Deutschland eine ‚andere‘ Musik. Musik, die nicht so war wie die, die ich bis dahin kannte. Vor allem war man dort viel versierter in elektronischer Musik. Köln war ein Zentrum dieser neuen Musik, damals schon durch das Elektronische Studio des WDR bekannt. Ich hatte Stockhausens Gesang der Jünglinge und Studie I und II gehört und war von diesen mir
noch unbekannten Möglichkeiten tief beeindruckt. Ein anderes Zentrum war Paris, wo Pierre Henry und Pierre Schaeffer mit Musique concrète experimentierten. Auch das hat mich ungeheuer fasziniert. Ich bewarb mich also um ein Stipendium und beschloss, nach Köln zu gehen und dort zu studieren.
Bevor es so weit war, habe ich allerdings noch viel dadurch dazugelernt, dass ich Filmmusik für die ungarische Filmindustrie schrieb. Das muss man sich so vorstellen: Man bekommt einen Ausschnitt von 24 Sekunden Film und soll die Musik dazu bis zum nächsten Tag fertig haben. Dadurch habe ich jede Menge Übung darin bekommen, in kurzer Zeit genau die passende Musik zu etwas zu schreiben.
Eine andere Persönlichkeit, die enormen Einfluss auf mich hatte, war Pierre Boulez. Er holte mich nach Paris und bestellte mich zum musikalischen Leiter des von ihm gegründeten Ensemble intercontemporain, bei dem ich 13 Jahre lang blieb. Durch diese Verbindungen zu den größten Komponisten des 20. Jahrhunderts hatte ich immer wieder ein Leitbild, aber dies habe ich auch distanziert zu sehen gelernt. Ich musste aufpassen, durch ihren Einfluss nicht aufgesogen zu werden und gerade meine eigene Kreativität entwickeln.“ (Auszüge aus einem Gespräch zwischen Péter Eötvös und dem Intendanten der Kölner Philharmonie, Louwrens Langevoort)
Termine
Sonntag, 16. Februar 2014, 11 Uhr
Kölner Philharmonie
Sonntag, 16. Februar 2014, 15 Uhr
Filmforum
Sonntag, 16. Februar 2014, 18 Uhr
Kölner Philharmonie
Donnerstag, 20. Februar 2014, 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Samstag, 22. März 2014, 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Mittwoch, 2. April 2014, 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Informationen und Tickets
http://koelner-philharmonie.de
Leserkommentare
Zum Kommentieren kostenfrei registrieren oder anmelden.