Barbara Loftus, Lieder ohne Worte (Triptychron), 2012/13 © Barbara LoftusBarbara Loftus, Öffnen, 1995 © Barbara Loftus, Foto: Barbara LoftusBarbara Loftus, Das Zimmer danach, 2011, © Barbara Loftus | Foto: Michael Setzpfandt

Barbara Loftus

Lieder ohne Worte – Bilder der Erinnerung.

Die in Brighton lebende Malerin Barbara Loftus entführt uns in die behagliche Welt ihrer jüdischen Großeltern in Berlin-Schöneberg. Während auf dem Klavier Mendelssohn Bartholdys Lieder ohne Worte verklingen, dringt in das Idyll schon bald das Böse in Gestalt von Braunhemden ein. Möbelpacker schaffen das Instrument weg – ein Verweis auf die bevorstehende Deportation seiner Besitzer. Heute erinnern drei Stolpersteine vor dem Haus Keith­straße 14 an Sigismund und Herta Basch sowie ihren Sohn Heinz Hermann Basch, die hier bis zu ihrer Verschleppung und Ermordung in Auschwitz im Jahr 1942 wohnten.
Nur die Tochter Hildegard, Barbara Loftus’ Mutter, überlebte in England den Holocaust. Die Hoffnung, ihre Verwandten wiederzusehen, zerschlug sich mit Kriegsende. Dieses Leid verschloss sie in sich. Wie die meisten Emigranten negierte sie ihre deutsche Herkunft, auch gegenüber der nachfolgenden Generation. Erst im Alter öffnete sie sich, ausgelöst durch einen zufälligen Blick auf eine Vitrine mit Porzellan, der das im Unterbewusstsein gespeicherte Erlebnis der Beschlagnahmung des elterlichen Hausrats im Zuge der „Reichskristallnacht“ freisetzte.
Barbara Loftus brachte ihre Mutter dazu, ihre Erinnerungen in einem immer noch berlinisch gefärbten, mit deutschen Einsprengseln versehenen Englisch auf Tonband zu sprechen. In einem eigens für die jetzige Ausstellung produzierten Film wird diese Aufnahme so verwendet, dass sich die Stimme der inzwischen Verstorbenen mehrfach aus der Stille heraus erhebt und wieder abebbt – so, wie Barbara Loftus’ Kompositionen langsam aus dem Grund der Leinwand erwachsen, dann durch Untermalung zu verschwinden drohen und schließlich mit finalem Farbauftrag wieder aufscheinen. So verschmilzt der Film die verbalen Erinnerungen der Mutter mit den gemalten Imaginationen der Tochter. Barbara Loftus vermag über die Rekonstruktion des Schicksals ihrer Angehörigen hinaus dem Geschehenen eine emotionale Aura zu verleihen, der sich der Betrachter kaum zu entziehen vermag.
Die Ausstellung im Rahmen des Themenjahrs 2013 „Zerstörte Vielfalt“ wird ermöglicht durch die Ilse-Augustin-Stiftung zur Förderung bildender Künstler.
bis 19. Januar 2014

Informationen

Ephraim-Palais | Stadtmuseum Berlin

Poststraße 16, D-10178 Berlin

Di, Do–So 10–18 Uhr, Mi 12–20 Uhr

Tel. +49 (0) 30/24 0 02-162

http://www.stadtmuseum.de

http://www.facebook.com/stadtmuseumberlin


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