Keine urbane Gesellschaft ist denkbar ohne Spiele, die Räume der Stadt waren stets Orte des Spiels – für Kinder wie für Erwachsene. Die Topografie dieser Spielräume reicht von öffentlichen Plätzen wie Parks oder Straßen über halb öffentliche Orte wie Kaffeehaus, Wirtshaus oder Lottokollektur bis zum privaten Raum. Die Ausstellung begibt sich auf die Suche nach den Spielräumen Wiens, von den Salons des 18. Jahrhunderts bis zu den heutigen Automatenhallen. Welche Spiele werden wo und von wem gespielt? Wie verändern sich die Spiele, und wie verändert sich der öffentliche Raum, der spielerisch genutzt wird?
Von Gesellschaftsspielen wie Tarock oder Schach erzählt die Ausstellung ebenso wie von der Rummy-Mode der 20er-Jahre (Die Emmy spielt Rummy) oder von vergessenen Spielen wie Glocke und Hammer. Groß ist das Spektrum von Brett- und Kartenspielen in der Museumssammlung: Straßenbahn-Spiel, Gigerl-Tarock, alte Conversations-Spiele, Erziehungsspiele für Knaben und Mädchen und politische Propagandaspiele gehören dazu. Auch Raritäten sind zu sehen: die Tarockschatulle von Johann Strauß, ein Stadtbaukasten von Dagobert Peche oder eine frühe Variante des DKT (Monopoly), die Wien zum Thema hat.
Billard für das Bürgertum
Spiele galten immer schon als Statussymbole. Billard kam dem aufgeklärten Bürgertum entgegen, beruht es doch auf mechanischen Gesetzen und verlangt nach Können, Konzentration und Übung. Aus dem aristokratischen Modespiel wurde im 18. Jahrhundert ein bürgerliches Vergnügen. Auch eigene Frauengruppen – „Billardärinnen“ – trafen sich zum regelmäßigen Spiel. Kartenspiele eroberten ab dem 14. Jahrhundert die Massen. Die gängigsten Kartenspiele zu beherrschen wurde zu einer Frage der Geselligkeit, im Adelspalais wie im Wirtshaus. In Letzterem wurde lange Zeit nur „geschnapst“, während Adelige und Bürgerliche zumeist Tarock spielten.
Schachmetropole Wien
Die große Schachtradition Wiens ist geprägt vom Kaffeehaus, das sich als idealer Ort für das Zusammentreffen von Amateuren und Profis, Bürgerlichen und Intellektuellen erwies. Mäzene wie die Rothschilds und die jüdische Immigration aus Osteuropa hoben das Schachspiel auf internationales Niveau. Zum erfolgreichsten öffentlichen Glücksspiel avancierte das 1752 eingeführte italienische Zahlenlotto „5 aus 90“. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gehörten Lottoannahmestellen bereits zum Stadtbild. Ein weiteres Kapitel der Ausstellung widmet sich jenen erfolgreichen Spielen, die in Wien erfunden wurden, so etwa Typ-Dom, einem Vorläufer von Scrabble, und Johann Korbulys Matador.
Spielplatz Stadt
Ob Ballspiele, Reifentreiben oder Tempelhüpfen – lange Zeit nutzten Kinder viele Freiräume in der Stadt, das unverbaute Glacis galt als „Tummelplatz der Kinder“. Erst ab den 1860er-Jahren gab es eigene Spielplätze, wenn auch lange Zeit ohne geeignete kindergerechte Einrichtung. Mit der Motorisierung wurden Kinder immer stärker zurückgedrängt, das Spiel von der Straße vertrieben. Weitere Themen der Ausstellung sind das Falschspiel, wobei ein besonderes Augenmerk dem „Stoßspiel“ gilt, mit dem die Wiener Unterwelt bis in die 1970er-Jahre ungeheure Summen umsetzte, und das Automatenspiel, das in den vergangenen Jahren Wien eroberte.
bis 2. April 2013
Informationen
www.wienmuseum.at
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